Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeit einer Prüfungsanordnung an eine durch Verschmelzung erloschene Gesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Eine Prüfungsanordnung, die nach Verschmelzung einer GmbH auf eine bis auf die Gesellschaftsbezeichnung gleichnamige GmbH & Co KG versehentlich an die GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer (beider Gesellschaften) gerichtet wurde, kann nicht in eine an die GmbH & Co KG gerichtete Prüfungsanordnung umgedeutet werden.
Lässt sich der Steuerpflichtige gleichwohl rügelos auf die Außenprüfung ein, so führt dies nicht zu einer Ablaufhemmung der Festsetzungsverjährung.
Die Beteiligten haben keinen Anspruch darauf, dass das Gericht in der mündlichen Verhandlung zu ihren Rechtsauffassungen inhaltlich Stellung nimmt.
Normenkette
AO § 171 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Änderung bestandskräftiger Umsatzsteuerfestsetzungen aufgrund des EuGH-Urteils vom 17.02.2005 Rs. C-435/02 Linneweber.
Die Klägerin ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen der Firma B Automaten GmbH & Co. KG (früher: R Automaten GmbH & Co. KG). Diese wiederum war infolge einer im Jahr 1998 vorgenommenen Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der Firma R Automaten GmbH.
Die R Automaten GmbH - R GmbH - hatte Geldspielautomaten betrieben. Ihre daraus erzielten Umsätze hatte sie zum Regelsteuersatz versteuert. Der Beklagte hatte der in 1997 eingereichten Umsatzsteuererklärung für 1996 zugestimmt. Für das Streitjahr 1997 wurde die Umsatzsteuererklärung in 1998 eingereicht. Der Beklagte erließ am 07.12.1999 einen Umsatzsteuerbescheid für 1997, in dem die streitigen Umsätze aus den Geldspielautomaten versteuert wurden. Die als Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung geltende Umsatzsteuererklärung für 1996 und der ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Umsatzsteuerbescheid für 1997 wurden bestandskräftig.
Am 06.05.2005 wurde über das Vermögen der B Automaten GmbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin wurde zur Insolvenzverwalterin bestellt.
Am 28.06.2006 reichte die Klägerin für die Streitjahre berichtigte Umsatzsteuererklärungen ein, in denen sie die Umsätze aus den Geldspielautomaten unter Berufung auf das Urteil des EuGH vom 17.02.2005 Rs. C-435/02 Linneweber als steuerfrei behandelte. Daraus errechnete sie für 1996 eine Nachzahlung von 29.476,40 DM und für 1997 eine Erstattung von 213.052,80 DM.
Der Beklagte lehnte den Antrag auf Änderung mit Bescheid vom 20.04.2007 wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung ab.
Ihren dagegen gerichteten Einspruch begründete die Klägerin damit, dass vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen worden sei. Die Außenprüfung habe auch die Besteuerungsgrundlagen der durch die Verschmelzung untergegangenen R Automaten GmbH betroffen, was sich insbesondere darauf ergebe, dass in 1997 nur diese überhaupt Umsätze erzielt habe. Hinsichtlich der R Automaten GmbH habe weder eine Schlussbesprechung stattgefunden, noch sei ein Prüfungsbericht erstellt worden. Auch wenn eine Prüfungsanordnung gegenüber der R Automaten GmbH nicht ergangen sei, so habe doch tatsächlich eine Prüfung stattgefunden, denn die Unterlagen der GmbH seien angefordert worden.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 20.12.2007 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Prüfungsanordnung vom 29.11.2001 für das Jahr 1997 sei an die R Automaten GmbH gerichtet worden, die aber zu diesem Zeitpunkt bereits untergegangen sei. Einen Zusatz, dass sie sich gegen den Rechtsnachfolger richte, habe die Prüfungsanordnung nicht enthalten. Sie sei damit unwirksam gewesen. Für 1996 sei weder eine Prüfungsanordnung ergangen, noch habe eine Außenprüfung stattgefunden.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die Festsetzungsfrist sei für die Streitjahre im Zeitpunkt des Antrags auf Änderung der Festsetzungen noch nicht abgelaufen gewesen, da vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Außenprüfung stattgefunden habe, die sowohl die B Automaten GmbH & Co. KG, als auch die R Automaten GmbH betroffen habe.
Für das Jahr 1997 sei am 29.11.2001 eine Prüfungsanordnung ergangen die adressiert gewesen sei an "R Automaten GmbH z. Hd. Herrn M" (Geschäftsführer beider Gesellschaften). Aufgrund dieser Prüfungsanordnung sei am 17.12.2001 mit der Außenprüfung begonnen worden; diese sei sowohl bei der B Automaten GmbH & Co. KG, als auch bei der R Automaten GmbH durchgeführt worden. Die Außenprüfung bei der R Automaten GmbH sei weder durch eine Schlussbesprechung noch durch einen Prüfungsbericht oder eine Mitteilung gemäß § 202 Abs. 1 Satz 3 AO beendet worden.
Ein Prüfungsbericht betreffend die B Automaten GmbH & Co. KG (früher: R Automaten GmbH & Co. KG) sei am 16.12.2002 erstellt worden. Daher sei davon auszugehen, dass im Jahr 2002 auch hinsichtlich der R Automaten GmbH die letzten Prüfungshandlungen stattgefunden hätten. Am 17.03.2005 habe die ...