Entscheidungsstichwort (Thema)
Häusliches Arbeitszimmer einer Arbeitsmedizinerin kein Mittelpunkt der gesamten betrieblichen/beruflichen Betätigung
Leitsatz (amtlich)
Ob das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung bildet, bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH danach, ob der Steuerpflichtige dort diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind (qualitativer Mittelpunkt).
Der konkrete Aufgabenbereich der Klägerin als Arbeitsmedizinerin ist so vielfältig und gestreut, dass ihre Betätigung keinem konkreten Mittelpunkt zugeordnet werden kann. Ihre Tätigkeit findet qualitativ nicht nur im häuslichen Arbeitszimmer, sondern auch “vor Ort” in den Kasernen und Betrieben statt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit die Berücksichtigung von Aufwendungen für das von der Klägerin betriebliche genutzte Arbeitszimmer im Privathaus der Kläger sowie die AfA für die dortige Systemwand in Höhe von 182,00 €.
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie erzielen als Ärzte Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, daneben aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung.
Die Klägerin übt eine arbeitsmedizinische Tätigkeit an verschiedenen Standorten (Kasernen und Betrieben) aus, wo ihr jeweils ein Raum zur Verfügung gestellt wird. Sie nutzt im Rahmen dieser freiberuflichen Tätigkeit im privaten Wohnhaus der Eheleute ein Zimmer, wo sie am PC Berichte verfasst, betriebsärztliche Empfehlungen und Gutachten ausarbeitet sowie Literaturstudium betreibt und wo sie per Telefon, Fax und E-Mail-Adresse erreichbar ist. Für das Arbeitszimmer macht sie im Streitjahr noch Kosten in Höhe von 8.929,25 € geltend (vgl. Aufstellung Bl. 54 PA), nachdem im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG noch Raumkosten in Höhe von 10.624,64 € und Vorsteuer in Höhe von 2.924,83 € als Betriebsausgaben angesetzt worden waren.
Im Streitjahr hat sich die Klägerin eine Systemeinbauwand für das Arbeitszimmer zum Nettopreis von 3.650 € anfertigen lassen. Für das Streitjahr begehrt die Klägerin im Klageverfahren bei einer angenommenen Nutzungsdauer von 10 Jahren eine Halbjahres-AfA in Höhe von 182 €.
Die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2002 ging dem Beklagten am 15.03.2004 zu. Mit Schreiben vom 11.05.2004 forderte der Beklagte den steuerlichen Berater den Klägern auf, Nachweise zu einigen der im Rahmen der Gewinnermittlung aus freiberuflicher Tätigkeit der Ehefrau erklärten Kosten einzureichen. Da trotz Fristverlängerung bis zum 01.07.2004 keine inhaltliche Antwort erfolgt war, führte der Beklagte die Veranlagung nach Aktenlage durch und erläuterte den Bescheid entsprechend. Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer sind wurden lediglich mit einem Betrag von 1.250 € in Ansatz gebracht.
Gegen diesen mit einfachem Brief am 15.07.2004 zur Post gegebenen Einkommensteuerbescheid erhoben die Kläger form- und fristgerecht Einspruch. Im Verlauf des umfangreichen Schriftwechsels bis Ende 2006 begründeten sie den Einspruch - soweit im vorliegenden Klageverfahren noch streitig, im Einzelnen wie folgt: Die Kosten des häuslichen Arbeitszimmers der Ehefrau (§ 18 EStG) seien nicht auf einen Höchstbetrag von 1.250 € zu beschränken, da sie über kein eigenes Arbeitszimmer an den jeweiligen Stellen verfüge. Sie sei als Fachärztin für Arbeitsmedizin kurativ tätig. Das Arbeitszimmer sei zur sicheren dienstlichen Erreichbarkeit bei den wechselnden Arbeitsstätten erforderlich. Sie berate den Arbeitgeber sowie sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortliche Personen, medizinische Behandlungen würden nicht vorgenommen. Die arbeitsmedizinischen Tätigkeiten würden an verschiedenen Standorten (Kasernen) ausgeführt, wo sie (jeweils) für ihre Besuche und Beratungen einen Raum nutze. Berichte und Gutachten würden am heimischen PC abgearbeitet. Hierzu seien umfangreiche Literaturrecherchen und Kenntnisse der gesetzlichen Grundlagen sowie der gesetzlichen Eckwerte, die durch die Berufsgenossenschaften gegeben würden, zu beachten. Selbst einem Ingenieur oder einem Verkaufsleiter mit Außendiensttätigkeit würde vom BFH der qualitative Schwerpunkt seiner Tätigkeit am Ort des jeweiligen Arbeitszimmers zugestanden.
Es sei nach ständiger höchst- richterlicher Rechtsprechung darauf abzustellen, wo der Steuerpflichtige die für seine Berufsausübung wesentliche Kerntätigkeit erbringe. Dies sei bei der Mandantin das Arbeitszimmer, insoweit könne sie nicht mit der üblichen Ärztin verglichen werden. Zwar seien Besuche vor Ort nötig, um sich von den betr. Arbeitsstellen ein Bild machen zu können, aber diese Termine seien nicht prägend. Naturgemäß müssten hierzu auch Daten erfa...