Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsätze nach Ablegung der staatlichen Podologen-Prüfung, aber vor Erteilung der Erlaubnis zur Führung des Titels "Podologe"
Leitsatz (amtlich)
1. Nach st. Rspr. des BFH, der der Senat folgt, kann sich der Nachweis der erforderlichen Berufsqualifikation für die nicht unter die Katalogberufe fallenden Unternehmer insbesondere aus berufsrechtlichen Regelungen ergeben.
2. Die Berufsqualifikation ist bereits mit Ablegung der Staatlichen Prüfung zum Podologen (§ 4 Satz 2 PodG) gegeben. Die Erlaubniserteilung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PodG) ist für die Anwendung des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG nicht maßgeblich.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1; PodG § 1 ff.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung von Umsätzen eines staatlich geprüften Podologen vor Erteilung der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Podologe nach dem Podologengesetz (PodG).
Klägerin ist die am 1. Januar 2010 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Sitz in ..., an der Herr A. B. und Frau H. S. zu je ½ Anteil beteiligt sind. Gegenstand der Gesellschaft ist eine mobile podologische Praxis. Nach § 7 des Gesellschaftsvertrages ist Herr B verantwortlicher Leiter und gegenüber Frau S weisungsbefugt. Herr B ist ausgebildeter Podologe, Frau S medizinische Fußpflegerin. Im Prüfungszeitraum wurden von der Klägerin ausschließlich steuerfreie Umsätze angemeldet, da sie der Meinung war, dass die podologische Berufsausbildung von Herrn B dazu berechtige, im Rahmen der GbR auch die von Frau S durchgeführten Behandlungen als podologische und somit steuerfreie Leistungen zu klassifizieren.
Am 7. September 2010 wurde eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung angeordnet für die Voranmeldungszeiträume Januar bis Juni 2010. Im Rahmen der Prüfung am 21. September 2010 kam der Prüfer in seinem Bericht vom 24. März 2011 (Bl. 73 ff. BP-Akte) zu dem Ergebnis, dass im Prüfungszeitraum alle Einnahmen steuerpflichtig zu behandeln seien, da es bei Frau S als medizinische Fußpflegerin an der entsprechenden beruflichen Qualifikation fehle und bei Herrn B an einer zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigenden Erlaubnis. Die nachträglich beantragte Erlaubnis datiere – insoweit zwischen den Beteiligten nicht streitig - vom 10. Januar 2011 (Bl. 58 USt- und RB-Akte) und habe somit für den streitgegenständlichen Zeitraum keine Gültigkeit. Über die Feststellungen im Prüfungsbericht wurde keine Einigkeit erzielt.
Der Beklagte wertete in dem berichtigten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für 2010 (darin wurden alle Umsätze des 1. Halbjahres zusammengefasst) die Prüfungsfeststellungen aus und erließ darüber hinaus für die folgenden Zeiträume Juli bis Dezember 2010 jeweils unter dem 14. April 2011 ebenfalls berichtigte Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide; es wurden dabei vom Beklagten insgesamt steuerpflichtige Umsätze angenommen.
Gegen die Bescheide vom 14. April 2011 wurde mit Schriftsätzen vom 04.05.2011 form- und fristgerecht Einspruch eingelegt mit dem Antrag, die Umsätze von Herrn B gem. § 4 Nr. 14 a UStG steuerfrei zu belassen. Diese wurden einvernehmlich mit 75 % der Gesamtumsätze angenommen. Nach den Ausführungen der Klägerin übe der Podologe eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit im Sinne von § 4 Nr. 14 UStG aus. Herr B habe am 2. November 2009 (Bl. 53 USt- und RB-Akte) die Prüfung nach § 4 des Podologen-Gesetzes (PodG) bestanden und sonstige gegen die Erteilung der Erlaubnis nach § 1 PodG führende Gründe lägen nicht vor. Die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Podologe" sei zwar erst am 10. Januar 2011 erteilt worden, aber für die umsatzsteuerliche Beurteilung unbeachtlich. Entscheidend sei der Nachweis der Qualifikation durch das Bestehen der Prüfung, was auch in der BFH Entscheidung vom 12.08.2004 V R 18/02 zum Ausdruck komme.
Mit Schriftsatz vom 26. Juni 2011 nahm die Klägerin "aus verfahrensökonomischen Gründen" – unter Beibehaltung ihrer Rechtsauffassung – die Einsprüche für die Voranmeldungszeiträume Juni 2011 bis November 2011 zurück.
Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2011 wies der Beklagte den verbleibenden Einspruch gegen den USt-Vorauszahlungsbescheid für Dezember 2010 als unbegründet zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass erst ab dem Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis am 10. Januar 2011 die im Gesetz und den die Verwaltung bindenden Ausführungsbestimmungen (Abschn. 4.15.4. Abs. 11 UStAE) genannten Voraussetzungen vollständig erfüllt seien. Bei der Überprüfung, ob eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit vorliege, sei nicht nur die Ausbildung zu vergleichen, sondern auch ein Vergleich hinsichtlich der staatlichen Anerkennung, Erlaubnis und Überwachung vorzunehmen. Die Erlaubnis habe damit nicht nur deklaratorischen Charakter.
Das von der Klägerin zitierte BFH-Urteil vom 12. August 2004 (V R 18/02, BStBl. II 2005, 227) bestätige die vom Beklagten vertretene Rechtsauffassung. Der BFH habe dort geurteilt, dass es grundsä...