Entscheidungsstichwort (Thema)
"Spin-off" als Gewinnausschüttung oder Kapitalrückzahlung
Leitsatz (amtlich)
Das US-amerikanische Handels- und Gesellschaftsrecht ist grundsätzlich durch die US-Bundesstaaten geregelt. Sind in diesen für "Spin-off"-Vorgänge keine Regelungen enthalten, greifen nach US-amerikanischer Rechtsanwendungssystematik die bundesrechtlichen Vorschriften, die diese Fälle regeln. Dies sind die §§ 355, 368 Internal Revenue Code (I.R.C.), die nicht nur steuerrechtliche, sondern auch handels- und gesellschaftsrechtliche Fragestellungen klären, zumal das US-amerikanische Recht die Aufteilung in Rechtsgebiete nicht kennt. Hat die US-amerikanische Steuerbehörde - der Internal Revenue Service (I.R.S.) - einen "Spin-off" als steuerneutral (nontaxable) eingestuft, liegt keine Gewinnausschüttung, sondern eine Kapitalrückzahlung vor.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob es sich bei den aufgrund des Spin-Off der F Company (F) dem Kläger am 7. April 1998 zugeteilten Aktien der A Corporation (A) um eine Sachausschüttung oder um eine Kapitalrückzahlung gehandelt hat.
I.
Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang. Mit Urteil vom 20. Oktober 2010 hat der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (FG) vom 24. September 2007 aufgehoben und zurückverwiesen. Der BFH hat dem FG insbesondere aufgegeben festzustellen, ob die am 7. April 1998 von F an den Kläger - neben der ausgeschütteten (Quartals)-Bardividende - aufgrund eines "spin-off" erfolgte Übertragung von 393 Aktien der A nach Maßgabe des einschlägigen US-amerikanischen Handels- und Gesellschaftsrechts als Kapitalrückzahlung oder als Gewinnausschüttung zu beurteilen ist.
II.
Die Kläger wurden im Streitjahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Vermietung und Verpachtung sowie die im Streit befindlichen Einkünfte aus Kapitalvermögen. Nach der der Einkommensteuererklärung 1998 beiliegenden Anlage KSO erzielte der Kläger im Jahr 1.622.313,- DM inländische und ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Am 25. Februar 1998 erwarb der Kläger 1500 Aktien von F. Der Kaufpreis betrug nach dem Tageskurs 55,25 US-Dollar (USD) je Anteil und belief sich auf insgesamt 82.875,- USD. Zu diesem Zeitpunkt hielt F 80,7 % des Nominalkapitals an der A bzw. 279,5 Millionen Aktien. Am 2. März 1998 legte die Geschäftsleitung von F – der "board of directors" – den "Spin-off" der Unternehmensteile der A, der bereits am 8. Oktober 1997 bekannt gegeben worden war, für den 7. April 1998 fest. Neben der quartalsweise gezahlten Bardividende wurden den Aktionären von F je F-Aktie jeweils 0,262085 Aktien an der A zugeteilt. Entsprechend seinen 1500 F-Aktien erhielt der Kläger 393,12 Aktien an der A. Die an der Börse notierten F-Aktien minderten sich bei unverändertem Nominalkapital nach dem Spin-Off um rund 28.500,- USD. Während die F-Aktie zum 31. März 1998 mit einem Kurs von 97,219 USD notiert war, belief sich ihr Kurs zum 30. April 1998 auf 68,719 USD und der der A auf 29,377 USD.
Mit Einkommensteuerbescheid ... setzte der Beklagte die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen zunächst wie erklärt an. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Nach einer Außenprüfung hielt der Prüfer in seinem Bericht vom 25. Juni 2001 fest, dass der Kläger am 7. April 1998 Inhaber von 1500 F-Aktien gewesen sei. Neben einer Bardividende sei dem Kläger zum 7. April 1998 eine sog. Spin-Off-Dividende zugeteilt worden. Hierbei seien 0,262085 Aktien der A (Tochtergesellschaft) je F-Aktie an die Anteilseigner ausgeschüttet worden. Der Kläger sei der Auffassung, dass insoweit die Abspaltung eines Teilbetriebes vorgelegen habe, die nicht zu einem steuerpflichtigen Ertrag geführt habe. Das in den bisherigen Aktien repräsentierte Betriebsvermögen sei lediglich auf 2 Aktien verteilt worden. Der Aktionär sei durch den Vorgang nicht bereichert gewesen.
Der Vorgang sei mit einer Abspaltung zur Neugründung im Sinne des § 123 Abs. 2 Nr. 2 UmwG vergleichbar. Hierdurch seien die ursprünglichen Anschaffungskosten der F Aktien auf diese und auf die neuen Anteile aufzuteilen.
Nach seiner Auffassung handele es sich bei dem Vorgang nicht um eine Abspaltung, sondern um eine Verteilung von bereits vorhandenen Anteilen an die Aktionäre von F. Dies ergebe sich unter anderem aus der Tatsache, dass die nicht von F gehaltenen Anteile an der A (19,3%) bereits 1996 fremden Aktionären am Markt angeboten worden seien. Auch habe die A in den Jahren 1996 und 1997 bereits 16,8% bzw. 12% zum konsolidierten Gewinn des Konzerns beigetragen. Wenn also eine Abspaltung stattgefunden habe, dann sei diese in früheren Jahren und nicht erst in 1998 erfolgt.
Nach seiner Auffassung sei die Gewährung dieser Anteile nicht anders zu behandeln als eine Bardividende. Die Gesellschafter erhielten auf Grund ihrer Gesellschafterstellung Vermögenswerte von der Gesells...