Prof. Dr. Andreas Herlinghaus
Leitsatz
1. Hat sich der Schenker eines mit einem Nießbrauch zu seinen Gunsten belasteten Gegenstands in der Schenkungsabrede für den Fall der Veräußerung den Nießbrauch am Erlös vorbehalten, endet die Stundung der Steuer nicht bereits mit der Veräußerung des Gegenstands, sondern in verfassungskonformer Auslegung des § 25 Abs. 1 S. 2 ErbStG a.F. erst mit dem Erlöschen des Nießbrauchs am Erlös.
2. Die Auflage, einen Gegenstand in eine Personengesellschaft einzubringen, kommt dem an der Gesellschaft beteiligten Bedachten allein zugute und ist daher nach § 10 Abs. 9 ErbStG nicht abziehbar, wenn der Gegenstand seinem Darlehenskonto in der Gesellschaft gutgeschrieben wird.
Normenkette
§ 10 Abs. 9 ErbStG, § 25 ErbStG a.F.
Sachverhalt
Der Kläger erhielt am 29.12.1998 von seinem damals 56 Jahre alten Vater mit "Schenkungs- und Abtretungsvertrag" 23 000 Aktien mit einem gemeinen Wert von je 275 DM. Der Vater behielt sich den Nießbrauch an den Aktien vor. Für den Fall, dass der Kläger die Aktien veräußerte, sollte sich der Nießbrauch "auch auf alle Erträgnisse der Vermögenswerte" erstrecken, die an die Stelle der jeweils veräußerten Aktien treten. Der Kläger war verpflichtet, den Veräußerungserlös abzüglich der durch den Verkauf veranlassten Steuern in eine noch zu gründende gemeinsame Personengesellschaft einzubringen.
Bereits am 24.03.1999 veräußerte der Kläger die Aktien für 3,1 Mio. DM (nach Abzug der durch die Veräußerung angefallenen Steuern). Diesen Betrag legte er zunächst auf einem Bankkonto an; er wurde aufgrund „Einbringungsvertrags vom 29.12.1999 nahezu vollständig dem Darlehenskonto des Klägers bei der am selben Tag gegründeten GbR gutgeschrieben, an der der Vater zu 52 % sowie der Kläger und seine Schwester zu je 24 % beteiligt waren. Mit "Schenkungs- und Verzichtsvertrag" vom gleichen Tag räumte der Vater dem Kläger einen "Gewinnvorab" aus dem Gewinn der GbR i.H.v. 75 000 DM ein und verzichtete insoweit auf seinen Nießbrauch am Veräußerungserlös. Zugleich wurde der sich an dem Guthaben auf dem Darlehenskonto fortsetzende Nießbrauch bestätigt.
Das FA setzte gegen den Kläger zuletzt für den Erwerb der Aktien 575 586 EUR (1 125 750 DM) Schenkungsteuer fest, wobei es weder einen bereicherungsmindernden Abzug der Auflage noch eine Stundung der Steuer zuließ.
Das FG (FG Münster, Urteil vom 14.06.2007, 3 K 2319/04 Erb, Haufe-Index 1784811, EFG 2007, 1619) wies die dagegen gerichtete Klage ab. Die Stundung der Schenkungsteuer sei mit der Veräußerung der Aktien beendet. Daran ändere die vereinbarte Fortsetzung des Nießbrauchs am Veräußerungserlös nichts. Das gelte im Streitfall schon deshalb, weil die Parteien nicht entsprechend der vereinbarten Auflage verfahren seien. Der Vater habe nämlich teilweise auf seinen Nießbrauch verzichtet.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil der Vorinstanz jetzt auf und änderte die Schenkungsteuerfestsetzung dahin, dass Schenkungsteuer i.H.v. 102 469 EUR weiter gestundet wurde. Die (aufschiebend bedingte) Auflage, den Veräußerungserlös in eine GbR einzubringen, ist danach zwar zu Recht nicht abgezogen worden, da sie dem Kläger selbst zugute kommt. Zu Unrecht habe das FG aber der vereinbarten Fortsetzung des Nießbrauchs am Erlös keine die Stundung nach § 25 Abs. 1 S. 2 ErbStG verlängernde Wirkung beigemessen.
Hinweis
1. Gegenstand der Zuwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG waren im Besprechungsfall Aktien und insoweit steht die Verbindung der Zuwendung mit einer Auflage der Steuerbarkeit nicht entgegen (§ 7 Abs. 4 ErbStG). Die Bereicherung des Zuwendungsempfängers bestimmt sich nach dem durch die Auflage nicht geminderten Wert der Aktien. Zwar sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG von dem steuerpflichtigen Erwerb u.a. Verbindlichkeiten aus Auflagen abzuziehen und reicht es insoweit aus, dass die Auflage aus dem "Wert der Zuwendung" erbracht wird. Der Abzug der Auflage war aber im Besprechungsfall gem. § 10 Abs. 9 ErbStG ausgeschlossen, da der Veräußerungserlös dem Darlehenskonto des an der Personengesellschaft beteiligten Klägers gutgeschrieben wurde. § 10 Abs. 9 ErbStG geht insoweit als Ausnahmevorschrift derjenigen des § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG vor.
2. Für Erwerbe bis einschließlich 31.12.2008 wird nach § 25 Abs. 1 S. 1 ErbStG der Erwerb von Vermögen, dessen Nutzungen dem Schenker oder seinem Ehegatten zustehen, ohne Berücksichtigung dieser Belastung besteuert. Mit diesem Abzugsverbot greift S. 1 der Vorschrift in die Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nach § 10 ErbStG ein. Allerdings wird nach § 25 Abs. 1 S. 2 ErbStG das Abzugsverbot dadurch abgemildert, dass die Steuer, die auf den Kapitalwert der nicht abziehbaren Belastung entfällt, d.h. soweit sie infolge des Abzugsverbots entsteht, bis zu ihrem Erlöschen zinslos zu stunden ist. Diese Stundung endet nach § 25 Abs. 2 ErbStG, wenn der Erwerber das belastete Vermögen vor dem Erlöschen der Belastung veräußert.
a) Bezogen auf § 25 Abs. 2 ErbStG stellt sich die spannende Frage, was passiert, wenn sich der Schenker für den Fall der Veräußer...