Dr. Hubertus Gschwendtner
Leitsatz
1. Im Klageverfahren einer Personengesellschaft gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid sind die Gesellschafter nicht Dritte i.S.d. § 174 Abs. 5 AO.
2. Wird ein Gewinnfeststellungsbescheid durch ein finanzgerichtliches Urteil geändert, beginnt die Jahresfrist des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO für die steuerlichen Folgerungen erst mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils.
3. Zum gewerblichen Grundstückshandel einer Personengesellschaft bei Verkauf von insgesamt 17 Objekten nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist i.S.d. Drei-Objekt-Grenze.
Normenkette
§ 174 Abs. 4 Satz 3 AO , § 174 Abs. 5 Satz 1 AO , § 15 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin und ihr Ehemann waren die alleinigen Gesellschafter der V-KG, die sich als Grundstücksmaklerin betätigte. Sie hatten 1972 als Miteigentümer ein Mietwohnhaus und ein unbebautes Grundstück erworben. 1972 renovierten sie das Gebäude und bebauten das Grundstück.
1975 teilten sie die Gebäude in Wohnungseigentum (insgesamt 26 Wohneinheiten) auf. Sie veräußerten aus beiden Objekten 1978 insgesamt 12 Wohnungen und 1980 bis 1984 fünf Wohnungen. Die Wohnungen hatten sie 1978 in die V-KG zu ihrem Teilwert eingelegt, die in diesem Jahr nicht veräußerten Wohnungen aber anschließend mit ihrem Teilwert wieder entnommen.
Die Ehegatten erklärten für die Streitjahre 1979 bis 1988 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, das FA war der Ansicht, mit den 1980 bis 1984 veräußerten Wohnungen habe die V-KG Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel erzielt. Das FG hob die Feststellungsbescheide auf die Klage der V-KG hin auf, weil die Wohnungen weder zu deren Betriebsvermögen noch zum Sonderbetriebsvermögen der Ehegatten gehört hätten. Es hat die Ehegatten erst nach Ablauf der normalen Feststellungsfrist zum Verfahren beigeladen. Das Urteil wurde am 6.12. 1995 rechtskräftig.
Das FA erfasste daraufhin in den Feststellungsbescheiden vom 30.10.1996 die Einkünfte aus dem gewerblichen Grundstückshandel bei der "Grundstücksgemeinschaft der Ehegatten". Den Einwand der dagegen klagenden Ehegatten, es sei inzwischen Feststellungsverjährung eingetreten, wies es zurück. Die Klage hatte nur der Höhe nach teilweise Erfolg.
Entscheidung
Der BFH hielt die Revision nur zu einem geringen Teil der Höhe nach für begründet. Die Feststellungsverjährungsfrist sei bei Erlass der Feststellungsbescheide am 30.10.1996 noch nicht abgelaufen gewesen. Bei Änderung eines Feststellungsbescheids nach § 174 Abs. 4 AO trete Feststellungsverjährung dann, wenn der Erstbescheid durch das FG im Klageverfahren der Personengesellschaft aufgehoben worden sei, bei den Gesellschaften nicht nach der für nichtbeteiligte Dritte geltenden normalen Feststellungsfrist ein, sondern erst nach Ablauf der für die Gesellschaft geltenden Jahresfrist nach § 174 Abs. 4 Satz 3 AO. Die Jahresfrist beginne mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils (6.12.1995) und ende deshalb am 6.12.1996.
Das FG habe auch zutreffend einen gewerblichen Grundstückshandel der Ehegatten – einer mit der V-KG personenidentischen GbR – angenommen. Die zwischenzeitlichen "Einlagen" und "Entnahmen" in das Betriebsvermögen der V-KG seien nicht zu Teilwerten, sondern zu Buchwerten anzusetzen (Überführung von Betriebsvermögen der GbR in Sonderbetriebsvermögen bei der V-KG und entsprechende Rücküberführung der nicht veräußerten Wohnungen). Es komme nicht darauf an, in welcher Rechtsform die Ehegatten die Grundstücke veräußert hätten; entscheidend sei, dass aus dieser Veräußerung der Schluss gezogen werden könne, die Ehegatten hätten von vornherein – zumindest bedingt – eine Veräußerung beabsichtigt. Das habe das FG zutreffend bejaht.
Die Revision sei lediglich insoweit teilweise begründet, als das FG eine auf die Wohnungen entfallende AfA berücksichtigt habe; da die Wohnungen zum Umlaufvermögen gehörten, könnten AfA nicht vorgenommen werden.
Hinweis
1. Das Urteil ist vor allem wegen seiner verfahrensrechtlichen Ausführungen von Bedeutung. Hat das FG einen Steuerbescheid aufgehoben oder geändert, kann das FA nachträglich durch Erlass eines neuen Steuerbescheids aus einem unzutreffend beurteilten Sachverhalt die richtigen Folgerungen ziehen; der Ablauf der Festsetzungsfrist ist dabei unbeachtlich, wenn die steuerrechtlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden (§ 174 Abs. 4 AO). Das gilt für Feststellungsbescheide und für die Feststellungsfrist entsprechend (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO).
2. Ungeklärt war aber bisher die Frage, was gelten soll, wenn ein Feststellungsbescheid auf eine ausschließlich von der Personengesellschaft erhobenen Klage hin aufgehoben oder geändert wird und das FA nunmehr Feststellungsbescheide gegen die Gesellschafter erlassen will. Da diese nicht als Kläger am Klageverfahren i.S.v. § 57 FGO beteiligt waren, wird vielfach angenommen (vgl. u.a. Frotscher in Schwarz, Kommentar zur AO, 10. Aufl., § 174 RZ 77; von Wedelstädt in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, Kommentar, § 174 AO 1977 RZ 124), dass für sie...