Leitsatz
1. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG ist auch dann erfüllt, wenn die Gesellschafterstellung einer zu 100 % am Vermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligten GmbH aufgrund Abspaltung auf eine andere Personengesellschaft übergeht, an deren Vermögen der Alleingesellschafter der GmbH zu 100 % beteiligt ist.
2. Die Voraussetzungen für eine Nichterhebung der Steuer nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG sind in einem solchen Fall nicht erfüllt.
Normenkette
§ 1 Abs. 2a Satz 1, § 6 Abs. 3 GrEStG
Sachverhalt
Die Klägerin (eine GmbH & Co. KG) war Eigentümerin mehrerer Grundstücke. An ihrem Vermögen war im Innenverhältnis allein ihre einzige Kommanditistin (GmbH 1) beteiligt. Das Stammkapital ihrer Komplementär-GmbH (GmbH 2) wurde ebenfalls von der GmbH 1 gehalten. Alleiniger Gesellschafter der GmbH 1 war A. Durch Vertrag vom 23.8.2005 übertrug die GmbH 1 einen Teilbetrieb als Gesamtheit durch Abspaltung auf die dadurch neu entstandene GmbH & Co. KG (KG 2). Übertragen wurden insbesondere die Beteiligungen der GmbH 1 an der Klägerin und an der GmbH 2. A wurde der einzige Kommanditist der KG 2. Die GmbH 2 wurde die persönlich haftende Gesellschafterin der KG 2 ohne Beteiligung an deren Vermögen im Innenverhältnis. Die Abspaltung wurde am 15.12.2005 in das Handelsregister eingetragen.
Das FA nahm an, dass durch die Abspaltung der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG verwirklicht worden sei und stellte gegenüber der Klägerin die Besteuerungsgrundlagen für die GrESt gesondert fest. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG sah die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 GrEStG als nicht erfüllt an, weil die an der Klägerin ursprünglich als Gesellschafterin beteiligte GmbH 1 im Hinblick auf § 6 Abs. 3 GrEStG nicht transparent sei (FG Münster, Urteil vom 28.11.2012, 8 K 2285/09 F, Haufe-Index 3570700, EFG 2013, 315).
Entscheidung
Der BFH ist dem FG im Ergebnis gefolgt und hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
Veränderungen in den Beteiligungsverhältnissen einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft verlangen im Hinblick auf etwaige grunderwerbsteuerbare Vorgänge sorgfältiger Vorbereitung. § 1 Abs. 2a GrEStG ist erfüllt, wenn sich der Gesellschafterbestand einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. In diesem Fall kann eine Minderung der Steuerlast u.a. aufgrund der Vergünstigungsregelung des § 6 Abs. 3 GrEStG eintreten.
1. Die Voraussetzungen einer unmittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands sind klar umrissen. Sie liegt vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an der Gesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht. Ein solcher Übergang kann auch im Zuge einer Umwandlung kraft Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung (nicht aber durch Formwechsel eines an der Personengesellschaft beteiligten Rechtsträgers!) erfolgen. Im Streitfall war aufgrund einer Abspaltung die Beteiligung der GmbH an der grundbesitzenden Klägerin (Personengesellschaft) auf eine andere Personengesellschaft, eine unmittelbare Änderung im Gesellschafterbestand der Klägerin eingetreten.
2. Damit ist die Frage nach einer etwaigen Begünstigung aus § 6 Abs. 3 GrEStG aufgeworfen. Nach dieser Vorschrift wird die Steuer beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand nicht erhoben, soweit Anteile der Gesellschafter am Vermögen der erwerbenden Gesamthand den jeweiligen Anteilen dieser Gesellschafter am Vermögen der übertragenden Gesamthand entsprechen. Die Vorschrift setzt also eine Gesellschafteridentität zwischen der – fiktiv ‐ übertragenden Personengesellschaft (Klägerin vor der Abspaltung) an der – fiktiv ‐ aufnehmenden Personengesellschaft (Klägerin nach der Abspaltung) voraus. Dabei verträgt die Systematik des GrEStG jedenfalls auf der Ebene der Vergünstigung aus § 6 Abs. 3 GrEStG keine "Aufweichung" der rechtlich unterschiedlichen Grundstrukturen von Personen- und Kapitalgesellschaften. § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG setzt zwingend voraus, dass ein Gesellschafter dinglich an dem zum Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft gehörenden Grundstück mitberechtigt ist. Dies ist bei dem Gesellschafter einer Personengesellschaft der Fall. Der Gesellschafter einer an der grundstücksbesitzenden Kapitalgesellschaft erfüllt diese Voraussetzungen jedoch nicht. Die beteiligte Kapitalgesellschaft ist also, weil als Gesellschafterin einer Personengesellschaft selbst dinglich berechtigt, nicht "transparent". Für Zwecke des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG kann daher nicht durch die unmittelbar an der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft "durchgeschaut" werden. Damit muss eine Vergünstigung des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG auch dann versagt werden, wenn über die mehreren Beteiligungsebenen von Personen- bzw. Kapitalgesells...