Kommentar
Der Kläger und Frau O gründeten durch notariellen Vertrag vom 15. 2. 1993 die O-GmbH. Deren Stammkapital betrug 50.000 DM. Der Kläger übernahm eine Stammeinlage von 13.000 DM, Frau O eine solche von 37.000 DM. Frau O wurde zur alleinigen Geschäftsführerin bestellt. Nach einer auf den 30. 1. 1993 zurückdatierten privatschriftlichen Abrede sollte der Kläger als Gesellschafter nur auftreten, um die Gewerbezulassung zu ermöglichen. Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag sollten für den Kläger im übrigen nicht begründet werden.
Im Februar 1993 nahm die GmbH i.G. (in Gründung) ihre Geschäfte auf. Zur Eintragung der GmbH in das Handelsregister kam es jedoch nicht mehr. Ende 1993 meldete Frau O das Gewerbe ab und stellte Konkursantrag, der allerdings mangels Masse abgelehnt wurde.
Das Finanzamt nahm den Kläger für rückständige Umsatz- und Lohnsteuer der Vor-GmbH in Haftung. Dagegen wandte der Kläger vor allem ein, er sei nie Gesellschafter der GmbH geworden. Der GmbH-Vertrag sei nur zum Schein geschlossen worden. Das Finanzgericht wies die Klage im wesentlichen ab. Auf die dagegen erhobene Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.
Der BFH wies zunächst darauf hin, daß der Kläger entgegen seiner eigenen Behauptung Gesellschafter der Vor-GmbH geworden sei. Der Gesellschaftsvertrag sei wirksam geschlossen worden. Ein Scheingeschäft liege nicht vor. Daran ändere auch die auf den 30. 1. 1993 datierte Zusatzvereinbarung nichts.
Zu Recht habe das Finanzgericht die Haftung des Klägers als Handelnder i. S. des § 11 Abs. 2 GmbHG verneint. Der Kläger sei vereinbarungsgemäß nicht nach außen für die Gesellschaft aufgetreten. Doch hafte der Kläger nach den Grundsätzen einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an einer Vorgesellschaft. Der Umfang der Haftung ist dabei davon abhängig, ob eine echte oder unechte Vorgesellschaft vorliegt.
Dies habe das Finanzgericht nicht abschließend aufgeklärt. Die Sache müsse daher zwecks Nachholung entsprechender Feststellungen an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 07.04.1998, VII R 82/97
Anmerkung:
Hinsichtlich der Haftung der Gesellschafter für Schulden der Vor-GmbH ist nach der Rechtsprechung der Obersten Bundesgerichte danach zu unterscheiden, ob eine echte oder eine unechte Vorgesellschaft gegeben ist. Eine „echte” Vor-GmbH liegt vor, wenn und solange die Gesellschafter der Vorgesellschaft die Geschäftstätigkeit einverständlich aufgenommen haben und mit dem Ziel der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister betreiben.
Die Gesellschafter einer echten Vor-GmbH haften nach neuerer – auch für das Steuerrecht maßgebender – Zivilrechtsprechung für die Schulden der Vor-GmbH nicht gesamtschuldnerisch, sondern nur im Verhältnis ihrer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung . Auch können die Gläubiger der Vor-GmbH die Gesellschafter grundsätzlich nicht unmittelbar in Anspruch nehmen, sondern müssen sich an die Vor-GmbH halten (näher BGH, Urteil v. 27. 1. 1997, II ZR 123/94, NJW 1997 S. 1507; dort auch zu Ausnahmen vom Grundsatz der Innenhaftung, etwa bei Vermögenslosigkeit der echten Vor-GmbH). Dagegen führt die Beteiligung an einer unechten Vorgesellschaft zur unmittelbaren und unbeschränkten Haftung des Gesellschafters (vgl. z. B. Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., § 11 Rdnr. 28, m. w. N.).