Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG bei Belastung des Erwerbs mit einer ausländischen Steuer
Leitsatz (redaktionell)
- § 27 ErbStG sieht eine Steuerermäßigung nicht vor, wenn der Vorerwerb nicht mit deutscher sondern einer ausländischen Steuer unterworfen war.
- Die fehlende Einbeziehung ausländischer Steuern die Steuerermäßigung des § 27 ErbStG verstößt nicht gegen die europarechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit.
Normenkette
ErbStG § 27; EG-Vertrag Art. 56, 58
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist Alleinerbe seiner am…Januar 2007 verstorbenen Mutter M (Erblasserin). In seiner Erbschaftsteuererklärung vom…April 2008 erklärte der Kläger als hinterlassenen Vermögenswert unter anderem eine sonstige Forderung „Nachlass X” (Zeile 62 des Vordrucks), die er wie folgt erläuterte: Die Erblasserin habe bis zum Jahr 2004 in Österreich gewohnt. Nach dem Tod ihrer Tochter … (Tochter) sei sie nach H (Inland) gezogen, wo sie bis zu ihrem Tod gewohnt habe. Ihr Nachlass habe im Wesentlichen aus der Erbschaft ihrer vorverstorbenen Tochter in Österreich bestanden, die im Rahmen eines „Verlassenschaftsverfahrens” bzw. später als „Ausfolgerungsverfahren” extern verwaltet worden sei. Erst nach dem Tod der Erblasserin habe der nach österreichischem Recht eingesetzte Gerichtskommissär anhand eines „Realisierungskonzepts” den Nachlass in der Form verteilt, dass auf die Erblasserin, d.h. nunmehr auf den Kläger als Rechtsnachfolger, ein Betrag von insgesamt … € entfallen sei. Gleichzeitig machte der Kläger die mit bestandskräftigem Bescheid des Finanzamtes …(Österreich) vom…April 2007 betreffend den Erbfall der Tochter festgesetzte und von ihm als Rechtsnachfolger der Erblasserin gezahlte Erbschaftsteuer in Höhe von … € als Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 10 Abs. 5 ErbStG und als Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG geltend. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Steuererklärung nebst Erläuterungsschreiben und dem „Realisierungskonzept X” (Bl. 14 ff., 77 der Erbschaftsteuerakte) sowie die Kopie des österreichischen Steuerbescheides vom…April 2007 (Bl. 78 der Erbschaftsteuerakte) Bezug genommen.
Im Rahmen des Veranlagungsverfahrens berücksichtigte der Beklagte (das
Finanzamt - FA -) die Erbschaftsteuer für den Vorerwerb als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 ErbStG, aber nicht im Rahmen der Ermäßigung nach § 27 ErbStG. Das FA war der Ansicht, § 27 Abs. 1 ErbStG setze voraus, dass es sich bei der auf den Vorerwerb erhobenen Steuer um eine Steuer nach deutschem Erbschaftsteuerrecht handeln müsse. Mit Bescheid vom…Oktober 2009 setzte es gegenüber dem Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von …,-- € fest.
Mit seinem am…November 2009 eingelegten Einspruch machte der Kläger die Steuermäßigung nach § 27 ErbStG in Höhe von …,-- € weiter geltend. Zur Begründung trug er vor, für eine Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG sei es nicht erforderlich, dass der vorherige Erbfall dem deutschen Erbschaftsteuerrecht unterlegen habe. Eine andere Auslegung verstoße gegen geltendes Recht der Europäischen Gemeinschaften (EU-Recht), insbesondere gegen Art. 56 und 58 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EG-Vertrag -
(jetzt Art. 63 und Art. 65 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -). Insoweit verwies er auf die Urteile des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 6. März 2007 C-292/04 „Meilicke” (amtliche Sammlung - Slg. - 2007, I-1835) und vom 7. September 2004 C-319/02 „Manninen” (Slg. 2004, I-7477).
Mit seiner Entscheidung vom…Februar 2010 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Es vertrat die Auffassung, nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 1 ErbStG müsse beim erstmaligen Erwerb des Vermögens eine Erbschaftsteuer nach dem deutschen ErbStG erhoben worden sein, was im Streitfall nicht gegeben sei. Ob diese Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 27 ErbStG mit EU-Recht in Einklang stehe, könne nicht abschließend beurteilt werden. Die von der Klägerseite angeführten Urteile seien jedoch auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Hinsichtlich der Vereinbarkeit des ErbStG mit dem EU-Recht ergebe sich aus dem EuGH-Urteil vom
12. Dezember 2009 C-67/08 „Block”, Slg. 2009, I-883 vielmehr, dass Art. 56, 58 des EG-Vertrages dahingehend auszulegen seien, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der bei der Berechnung der Erbschaftsteuer, die von einem Erben mit Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat
auf Kapitalforderungen gegen ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Finanzinstitut geschuldet wird, die in dem anderen Mitgliedstaat entrichtete Erbschaftsteuer auf die im erstgenannten Mitgliedstaat geschuldete Erbschaftsteuer nicht angerechnet wird, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens seinen Wohnsitz im erstgenannten Mitgliedstaat hatte. Dies begründe der EuGH damit, dass die Mitgl...