rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kausalität zwischen Steuerbelastung und wirtschaftliche Notlage
Leitsatz (redaktionell)
Eine Kausalität zwischen Steuerfestsetzung und wirtschaftliche Notlage besteht nicht, wenn der Steuerpflichtige die steuerliche Belastung in seiner betrieblichen Kalkulation nicht einbezogen hat.
Normenkette
AO § 227
Streitjahr(e)
1996, 1997
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Erlass von Einkommensteuer 1996 und 1997 hat.
Der Kläger betreibt einen Großhandel für Befestigungstechnik und erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In der Einkommensteuererklärung 1996 erklärte er einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 46.067,-- DM und in der Einkommensteuererklärung 1997 einen Gewinn von 41.663,-- DM. Es ergingen entsprechende Steuerbescheide jeweils am 23.7.1999. Für 1996 wurde Einkommensteuer in Höhe von 6.707,-- DM sowie Zinsen zur Einkommensteuer in Höhe von 502,-- DM, Kirchensteuer in Höhe von 519,66 DM und Solidaritätszuschlag in Höhe von 433,05 DM festgesetzt. Für das Jahr 1997 wurde eine Einkommensteuer in Höhe von 4.524,-- DM festgesetzt, Zinsen zur Einkommensteuer in Höhe von 67,-- DM, Kirchensteuer in Höhe von 363,33 DM und Solidaritätszuschlag in Höhe von 302,77 DM.
Mit Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 17.8.1999 beantragte er den Erlass dieser Steuern.
Zur Begründung führte er aus, er habe seinen Betrieb in 1995 neu aufgebaut und dabei alle verfügbaren Geldmittel investiert, insbesondere in den Aufbau eines Warenlagers. Seine steuerlichen Verpflichtungen habe er in der Phase der Unternehmensneugründung wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten vernachlässigt. Rückständige Umsatzsteuer zahle er in Raten ab; durch die Ratenzahlungen sei er an den Rand der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gelangt. Alle verfügbaren Kreditmöglichkeiten seien ausgeschöpft, liquidierbare Vermögenswerte seien nicht vorhanden. Die Beitreibung der Steuerschulden mache die Betriebsfortführung fraglich. Allein durch Liquidierung des Betriebes und Veräußerung des Warenlagers sei die Steuerschuld abzuzahlen. Da er ohne eigenes Verschulden in die wirtschaftliche Notlage geraten sei, wäre die Erhebung der Steuern unbillig.
Nach Stellung des Erlassantrages folgte ein Schriftwechsel zwischen den
Beteiligten über die Voraussetzungen eines Erlasses.
Mit Bescheid vom 18.11.1999 lehnte der Beklagte einen Erlass ab, da der Kläger weder erlassbedürftig noch erlasswürdig sei. Hiergegen hat der Kläger, wiederum vertreten durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten, am 16.12.1999 Einspruch eingelegt. Er sei nicht in der Lage, die rückständigen Steuern zu bezahlen.
Mit Kontrollmitteilung vom 9.12.1999 wurde dem Finanzamt bekannt, dass der Kläger in 1995 Provisionen in Höhe von 44.876,-- DM (darin enthalten Umsatzsteuer: 5.766,-- DM) erhalten hat. Mit Schreiben vom 1.7.1999 hatte er jedoch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1995 dem Finanzamt gegenüber erklärt, in 1995 keine höheren Einkünfte als 10.000,-- DM gehabt zu haben. Daraufhin sah das Finanzamt von der Abgabe einer Steuererklärung ab und erteilte am 6.8.1999 einen sog. NV-Bescheid.
Mit Einspruchsentscheidung vom 15.8.2001 hat das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Wegen Einzelheiten wird insoweit auf vorbezeichnete Einspruchsentscheidung Bezug genommen. Der Kläger hat hiergegen fristgerecht Klage erhoben, mit der er sein Ziel weiterverfolgt. Er führt aus, dass er bis 1994 Gesellschafter der B & L OHG gewesen sei. In den Jahren 1994 und 1995 habe er für die nunmehr als GmbH firmierende Gesellschaft B & L GmbH als freier Handelsvertreter gearbeitet. Die hier erzielten Provisionseinnahmen glaubte er durch seinen ehemaligen Steuerberater erklärt zu haben, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Aufgrund beruflicher und privater Umbrüche seien auch die steuerlichen Pflichten vernachlässigt worden. Die Provisionseinnahmen, wie sie sich aus der Kontrollmitteilung ergäben, seien jedoch zutreffend. Er habe jedoch zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, Steuern zu verkürzen oder zu hinterziehen. Die Steuerfestsetzung sei auch Ursache für seine Notlage; denn würde es nicht zu einem Erlass der Steuern kommen und Beitreibungsmaßnahmen beginnen, sei er gezwungen, einen Insolvenzantrag zu stellen.
Wegen Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird Bezug genommen auf die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten vom 12.9.2001 und 8.1.2002.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 20.8.2001 wird der Beklagte verpflichtet, die durch Bescheid vom 23.7.1999 festgesetzte Einkommensteuer, Zinsen zur Einkommensteuer, evangelische Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für 1996 und 1997 zu erlassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt vertritt auch im gerichtlichen Verfahren die Auffassung, dass ein Erlass zu Recht abgelehnt worden sei, da der Kläger weder erlassbedürftig noch erlasswürdig sei. Der Kläger - so das Finanzamt -...