Entscheidungsstichwort (Thema)
Verspätungszuschlag bei Irrtum über Sachverhaltsumstände
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Festsetzung eines Verspätungszuschlages ist es nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige durch Erinnerungen oder Zwangsmittel zur Abgabe der Steuererklärung angehalten wird.
2. Geht das Finanzamt fälschlicherweise davon aus, dass die Steuererklärung erst nach besonderer Erinnerung und Androhung von Zwangsgeld eingegangen ist, liegt bei der Festsetzung des Verspätungszuschlages keine fehlerhafte Ermessensausübung vor, da die Festsetzung des Verspätungszuschlages nicht an solche Maßnahmen der Behörde anknüpft.
Normenkette
AO § 152
Streitjahr(e)
1998
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen gegenüber den Klägern festgesetzten Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1998.
Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie haben in den Jahren ab 1992 ihre Steuererklärungen mit - zum Teil jahrelangen Verspätungen - abgegeben; wegen der Daten im Einzelnen wird auf die Auflistung des Finanzamtes im Schriftsatz vom 7. August 2002 (Blatt 20 Finanzgerichtsakten) Bezug genommen. Ihre Einkommensteuererklärung 1998 reichten die Kläger am 11. Januar 2002 beim Finanzamt ein.
Die Einkommensteuerveranlagung führte mit Bescheid vom 6. Februar 2002 zu einer Einkommensteuerfestsetzung in Höhe von ... € und zu einer Erstattung von ... €. Zugunsten der Kläger wurden Erstattungszinsen von ... € für den Zeitraum 1. April 2000 bis 9. Februar 2002 ausgewiesen. Mit gesondertem Bescheid vom 23. Januar 2002 setzte das Finanzamt einen Verspätungszuschlag in Höhe von…€ fest.
Der Einspruch, mit dem die Ehegatten geltend machten, der Verspätungszuschlag sei regelmäßig mit der Steuer festzusetzen und die Festsetzung im Streitfall sei dem Grunde und der Höhe nach ermessensfehlerhaft, hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2002).
Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend: Üblicherweise pflege das Finanzamt einen säumigen Steuerpflichtigen zur Abgabe der ausstehenden Erklärung anzuhalten. Im vorliegenden Fall sei ihnen jedoch keine Erinnerung oder Zwangsmittelandrohung zugegangen. Da das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung jedoch von einer Erinnerung und einer Zwangsgeldandrohung ausgehe, habe es seiner Entscheidung einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt. Die Begründung für die Festsetzung des Verspätungszuschlages habe die Behörde mehrfach ausgewechselt. Es sei deshalb nicht erkennbar, welche Erwägungen das Finanzamt bei der Ermessensausübung letztlich angestellt habe. Was die Bemessung des Verspätungszuschlags der Höhe nach anbelange, habe das Finanzamt zu Unrecht an die festgesetzte Steuer angeknüpft, weil die Steuerfestsetzung zu einer Erstattung geführt habe. Wegen der Einzelheiten des klägerischen Vortrages wird auf ihre Schriftsätze vom 20. Juni 2002, 9. September 2002 sowie 11. Juni 2003 Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 1998 vom 23. Januar 2002 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2002 aufzuheben,
hilfsweise,
den festgesetzten Verspätungszuschlag auf einen angemessenen Betrag herabzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auf seine Klageerwiderung vom 7. August 2002 wird Bezug genommen.
Dem Gericht haben von den für die Kläger für das Streitjahr 1998 geführten Akten ein Band Einkommensteuerakten zu Steuer-Nr. ... vorgelegen.
Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage konnte keinen Erfolg haben. Die angegriffene Festsetzung eines Verspätungszuschlages ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.
1. Nach § 152 Abs. 1 der Abgabenordnung 1977 (AO) kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden (Satz 1). Von einer solchen Festsetzung ist abzusehen, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint (Satz 2). Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich (Satz 3).
Der Verspätungszuschlag dient dazu, den rechtzeitigen Eingang der Steuererklärungen sicherzustellen und damit auch die rechtzeitige Festsetzung und Entrichtung der Steuer zu gewährleisten. Als Druckmittel eigener Art, das auf die besonderen Bedürfnisse des Steuerrechts zugeschnitten ist, hat er insoweit zugleich repressiven und präventiven Charakter (siehe Regierungsbegründung, BT-Drucksache VI/1982, 129, zu § 97 AO; vgl. ferner Tipke/Kruse, AO/Finanzgerichtsordnung -FGO-, 16. Aufl., § 152 AO Tz. 2 und Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO und FGO, § 152 AO Rz. 3). Der doppelten Funktion des Verspätungszuschlags (Prävention und Sanktion) entsprechend sind nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO bei se...