Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht vor Errichtung einer Stiftung
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird eine Stiftung erst während des Jahres errichtet, müssen die satzungsmäßigen Voraussetzungen der Vermögensbindung abweichend von § 60 Abs. 2 AO auch erst ab diesem Zeitpunkt vorliegen.
2. Die zum Zwecke der Errichtung einer Stiftung durch Testament verselbständigte Vermögensmasse ist vor Errichtung der Stiftung nur dann als anderes Zweckvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG steuerpflichtig, wenn dieses Zweckvermögen durch seine Organe wirtschaftlich tätig wird.
3. Der Zufluss von vor Errichtung einer Stiftung anfallenden Erträgnissen aus der verselbständigten Vermögensmasse, z.B. aus Vermietung und Verpachtung, erfolgt erst im Zeitpunkt der Errichtung der Stiftung.
Normenkette
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9, § 1 Abs. 1 Nr. 5; AO § 60 Abs. 2, § 62
Streitjahr(e)
1996
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin bereits im Jahr ihrer Genehmigung und Anerkennung als gemeinnützige Stiftung nach § 5 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit ist, oder ob dem entgegen steht, dass die Satzung zwar unstreitig zur Zeit der Genehmigung, aber - worüber gestritten wird - nicht von Anfang an den formellen gerichtlichen Anforderungen entsprach.
Die am 18.02.1995 verstorbene Frau H hat in ihrem Testament die Stiftung des bürgerlichen Rechts mit dem Namen „H Stiftung” mit Sitz in F errichtet. Die dem Testament angefügte Stiftungsverfassung erfüllte nicht voll die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 Abgabenordnung (AO). Es fehlte eine Bestimmung über die Vermögensverwendung bei Wegfall des gemeinnützigen Stiftungszwecks. Das Testament, auf das im Einzelnen verwiesen wird, enthält eine Regelung, wonach der Testamentsvollstrecker das Testament erfüllen und bei rechtlichen insbesondere steuerlichen Bedenken die Stiftungsverfassung soweit erforderlich ändern sollte, um die notwendige Genehmigung für die zu errichtende Stiftung zu erlangen. Nach Aufforderung durch die Genehmigungsbehörde beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 06.02.1996 unter Vorlage der Stiftungsverfassung die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft. Der daraufhin gestellten Anforderung des Beklagten, eine Änderung der in der Stiftungsverfassung geregelten Vermögensbindung durch Aufnahme auch einer Regelung über den Vermögensanfall bei Wegfall des gemeinnützigen Stiftungszweckes vorzunehmen, trug die Klägerin durch Vorlage einer geänderten Stiftungsverfassung mit Schreiben vom 22.03.1996 Rechnung. Die Genehmigung der Stiftung erfolgte durch Ausfertigung der Stiftungsurkunde am 11.07.1996. Bis zur Genehmigung übte die Stiftung im Hinblick auf die Zweckverwirklichung keinerlei Tätigkeiten aus. Erträgnisse aus dem Vermögen wurden von dem Testamentsvollstrecker zinsgünstig angelegt und nach der Genehmigung an die Stiftung ausgezahlt.
Basierend auf einer Mitteilung über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamt F am Main I betreffend die Erbengemeinschaft H vom 29.10.1998 für den Veranlagungszeitraum 1996 rechnete der Beklagte der Klägerin Einkünfte i.H.v. 600.300,-- DM aus Vermietung und Verpachtung zu. Gegen den am 20.05.1999 ergangen Körperschaftsteuerbescheid 1996 wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch. Sie machte geltend, dass sie als gemeinnützige Stiftung körperschaftsteuerfreie Einkünfte erziele. Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 10.08.1999 zurück.
Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Einkünfte körperschaftsteuerpflichtig seien, da die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit nicht während des gesamten Jahres vorgelegen hätten.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.
Sie ist der Ansicht die Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit und demzufolge für die Freistellung von der Körperschaftsteuer hätten in 1996 vorgelegen. Ebenso wie die Stiftung nach § 84 BGB für Zuwendungen der Stifterin durch die Genehmigung rückwirkend als entstanden gelte, wirke die Genehmigung der Stiftung auch gemeinnützigkeitsrechtlich zurück. Im Übrigen sei es ausreichend, wenn sich bei unvollständiger Vermögensbindung die satzungsmäßigen Voraussetzungen zur Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaftsteuer im Wege einer verständnisvollen Würdigung und Auslegung der Satzungsbestimmungen ergäben. Dies sei hier gewährleistet, da der Testamentvollstrecker im Testament ausdrücklich ermächtigt und angewiesen worden sei, die Satzung der Stiftung zur Herstellung der Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit erforderlichenfalls zu ändern und zu ergänzen. Weiterhin bedürfe es bei staatlich beaufsichtigten Stiftungen gemäß § 62 AO ohnehin keiner Festlegung der Vermögensbindung in der Satzung. Das sie nach § 10 Hessischem Stiftungsgesetz der staatlichen Aufsicht unterliege ergebe sich bereits daraus, dass die Stiftungsabteilung der Stadt F mit Schreiben vom 27.06.1995 und damit...