Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung Erbschaftsteuer
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin war ausweislich des Testamentsvollstreckerzeugnisses des Amtsgerichts Wiesbaden vom 26.5.1986 als Testamentsvollstreckerin über den Nachlaß der am 3.2.1986 verstorbenen … eingesetzt worden. Am 19.3.1987 gab sie beim seinerzeit zuständigen Finanzamt … die Erbschaftsteuererklärung nach der Erblasserin ab. Der nunmehr zuständig gewordene Beklagte veranlagte den testamentarischen Alleinerben zur Erbschaftsteuer. Der entsprechende Bescheid wurde am 1.2.1989 an die Klägerin abgesandt. Es wurde dabei darauf hingewiesen, daß ihr der Bescheid als Testamentsvollstreckerin bekanntgegeben wird und daß sich dieser gegen den Alleinerben, Herrn …, richtet. Der Erbschaftsteuerbescheid vom 1.2.1989 ist bestandskräftig.
Die festgesetzte Erbschaftsteuer wurde bisher vom Steuerschuldner nicht entrichtet; diesbezügliche Vollstreckungsversuche der Finanzbehörden blieben erfolglos. Der Beklagte erließ am 25.8.1989 gegen die als Testamentsvollstreckerin eingesetzte Klägerin einen Haftungsbescheid, in dem die festgesetzte Erbschaftsteuer in Höhe von 21.600,– DM angefordert wurde. Der Beklagte stützte dabei die Haftungsinanspruchnahme der Klägerin auf die Vorschriften des § 34 Abs. 3 in Verbindung mit § 69 der Abgabenordnung (AO) sowie § 32 Abs. 1 Satz 2 des Erbschaftsteuergesetzes. Die Klägerin hat gegen den Haftungsbescheid nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben.
Die Klägerin ist der Ansicht, daß der angefochtene Haftungsbescheid sowohl formell als auch materiell fehlerhaft sei.
Die Klägerin trägt vor, daß es sich im vorliegenden Fall bei der Testamentsvollstreckung nicht um eine Verwaltungsvollstreckung, sondern um eine Abwicklungsvollstreckung gehandelt habe, bei der die zügige Abwicklung des Nachlasses im Vordergrund gestanden habe. Dementsprechend habe die Klägerin bereits 5 Monate nach Abgabe der Erbschaftsteuererklärung alle Abwicklungstätigkeiten erledigt gehabt. Der Restnachlaß sei an den Erben ausgehändigt und dem Gericht mit Schreiben vom 30.7.1987 die Beendigung der Testamentsvollstreckung angekündigt und das Testamentvollstreckerzeugnis zurückgegeben worden. Mit Wirkung zum 30.7.1987 sei somit die Funktion als Testamentsvollstreckerin rechtlich erloschen gewesen. Es sei nach Ansicht der Klägerin rechtlich zumindest ungeklärt, ob die Haftung des Testamentsvollstreckers nach dem Erbschaftsteuergesetz nur für den Fall der sogenannten Verwaltungsvollstreckung oder auch für den hier vorliegenden Fall der Abwicklungsvollstreckung gelte. Zumindest vom Sinn der Haftungsvorschrift her passe diese Norm nur für den Fall der Verwaltungsvollstreckung.
Ferner ist die Klägerin der Ansicht, daß eine Haftungsinanspruchnahme daran scheitere, daß im vorliegenden Fall keine grobe Fahrlässigkeit im Sinne von § 69 AO vorliege. Bei der Abwicklung des Nachlasses im Jahre 1987 habe die Klägerin davon ausgehen können, daß der Erbe seine Erbschaftsteuerverpflichtungen ordnungsgemäß erfüllen werde. Der Erbe sei seinerzeit alleiniger Inhaber eines renommierten … gewesen. Er habe in finanziell geordneten soliden Verhältnissen gelebt. Daß eine solche Person ca. 2 Jahre später ihre selbständige und wirtschaftlich gesicherte Existenz aufgebe und ein weiteres Leben ohne festen Wohnsitz führe, sei zum damaligen Zeitpunkt auch bei ordnungsgemäßer und kritischer Beurteilung der Sachlage nicht vorhersehbar gewesen. Dieser Umstand schließe zumindest eine grobe Fahrlässigkeit der Klägerin aus.
Des weiteren trägt die Klägerseite vor, eine Einsichtnahme der Vollstreckungsakten habe ergeben, daß entgegen der Vorschrift des § 219 AO vor der Inanspruchnahme des Haftungsschulders seitens der Finanzbehörden kein ernsthafter Vollstreckungsversuch gegen den Steuerschuldner unternommen worden sei, obwohl dies durchaus möglich gewesen wäre. So habe sich aus der vom Steuerschuldner abgegebenen eidesstattlichen Versicherung ergeben, daß dieser zum damaligen Zeitpunkt über verschiedene Lebensversicherungen mit einer Versicherungssumme von über 200.000,– DM verfügt habe, die er jedoch nach seinen Angaben angeblich an seine Lebensgefährtin abgetreten haben soll. Unter vollstreckungsrechtlichen Gesichtspunkten wäre hier zumindest zu überprüfen gewesen, ob eine derartige Abtretung in Anbetracht der ansonsten behaupteten Vermögenslosigkeit hätte angefochten werden können. Auch sei offensichtlich nicht geprüft worden, inwieweit der Nachfolger des vom Alleinerben … betriebenen Bestattungsunternehmens nach § 419 des Bürgerlichen Gesetzbuches für die Steuerschulden hätte in Anspruch genommen werden können.
Schließlich ist die Klägerin der Ansicht, daß im vorliegenden Fall die Vorschrift des § 191 Abs. 2 AO verletzt worden sei. Nach dieser Vorschrift erfordere die Haftungsinanspruchnahme eines Rechtsanwalts die vorherige Anhörung der zuständigen Anwaltsk...