Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für die dienstliche Ausstandsfeier eines Finanzbeamten als Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
- Aufwendungen für die Ausstandsfeier eines Finanzbeamten sind als ausschließlich beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Veranstaltung im Dienstgebäude, während der Dienstzeit stattfindet, ausschließlich Steuerbeamte daran teilnehmen und im Rahmen der Veranstaltung die Entlassungsurkunde ausgehändigt wird.
- Zur Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als Werbungskosten ist es unbeachtlich, ob der Kläger selbst oder sein Dienstherr als Gastgeber auftritt und die Gästeliste bestimmt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2
Streitjahr(e)
2008
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen, die für eine Abschiedsfeier im Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus dem Beamten-verhältnis angefallen sind, bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten berücksichtigt werden können. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger (geboren am xx.xx.xxxx) war seit dem 01.08.198… als Beamter im Dienste der Finanzverwaltung des Landes Hessen tätig, zunächst im … Dienst und später im … Dienst. Seit dem 01.08.1990 war er beim Finanzamt A eingesetzt, und zwar zunächst als Sachbearbeiter im … „…”, dann als … und zuletzt als …. Als … war er zunächst im Innendienst und später im Außendienst (…) eingesetzt. Im Innendienst war er für bestimmte Bereiche der Veranlagung und zusätzlich als … für übergeordnete Arbeitsbereiche zuständig, hier zunächst für die …, später für die … . Zum 31.12.2008 schied er auf eigenen Wunsch aus dem Dienst der hessischen Finanzverwaltung aus. Im Folgejahr nahm er als … eine freiberufliche Tätigkeit auf.
Anlässlich seines Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis veranstaltete der Kläger eine Abschiedsfeier. Hierzu hatte er – auf seinen Wunsch – von seinem Vorgesetzten dienstliche Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt bekommen. Als Gäste hatte er ausschließlich Bedienstete des Finanzamts A eingeladen. Die Einladung (versandt per E-Mail am 18.11.2008) hatte er folgendermaßen abgefasst: „Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie bereits wissen, werde ich die Steuerverwaltung zum 31.12.2008 verlassen und ,die Seiten wechseln'. Um mich von Ihnen/Euch verabschieden zu können, lade ich zu einem Ausstand am 10.12.2008 ab 10.00 Uhr in die B in den Sitzungssaal (Raum x) ein.” Für die Beköstigung der Gäste hatte er die Fa. C in x mit der Lieferung von Speisen und Getränken sowie mit der Gestellung von Servicepersonal und von Dekorationsmaterial beauftragt. Die Gesamtkosten beliefen sich auf x.xxx,xx €. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnung vom 10.12.2008 Bezug genommen.
Der Kläger machte im Rahmen seiner Erklärung zur Einkommensteuer für das Streitjahr 2008 die vorgenannten Aufwendungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Zur Erläuterung gab er an: Die Aufwendungen seien ausschließlich beruflich veranlasst gewesen, weil die Veranstaltung im Dienstgebäude und während der Dienstzeit stattgefunden habe, weil ausschließlich Steuerbeamte teilgenommen hätten und weil ihm im Rahmen der Veranstaltung die Entlassungsurkunde ausgehändigt worden sei. Aufgrund einer Gesamtwürdigung dieser Umstände handele es sich um Werbungskosten (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 11.01.2007 VI R 52/03, BFHE 216, 320, BStBl II 2007, 317).
Der Beklagte (das Finanzamt) folgte dem nicht und setzte die Einkommensteuer durch Bescheid vom 30.03.2009 entsprechend fest. Zur Erläuterung führte er aus: Bei den geltend gemachten Bewirtungskosten sei keine berufliche Veranlassung zu erkennen. Insbesondere sei keine Vergleichbarkeit mit dem vorgenannten BFH-Urteil gegeben. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies er durch Einspruchsentscheidung vom 01.12.2009 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er u.a. aus: Nach dem BFH-Urteil vom 11.01.2007 VI R 52/03 (BFHE 216, 320, BStBl II 2007, 317) komme es für die einkommensteuerliche Beurteilung der streitigen Aufwendungen nicht nur auf den Anlass der Bewirtung, sondern auch auf verschiedene Begleitumstände an. Maßgebend sei daher auch die Frage, wer als Gastgeber auftrete und die Gästeliste bestimme. Im Streitfall sei dies der Kläger und nicht sein Arbeitgeber gewesen. Der Arbeitgeber sei nur insofern beteiligt gewesen, als er die Diensträume zur Verfügung gestellt habe. Das Vorbringen des Klägers, ihm sei bei der Feier die Entlassungsurkunde ausgehändigt worden, sei nicht ausschlaggebend. Bei der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis handele es sich für den Kläger um ein herausgehobenes persönliches Ereignis. Die persönliche Aushändigung einer Entlassungs-urkunde sei im Hessischen Beamtengesetz überhaupt nicht vorgesehen. Geschehe dies trotzdem, ergebe sich für die damit zusammenhängende Feier keine berufliche Veranlassung. Außerdem habe der Kläger seine Entlassung selbst beantragt.
Mit der Klage...