Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei leerstehenden Gebäuden
Leitsatz (redaktionell)
- Alleiniger Rechtsgrund für die Gewährung des Vorsteuerabzugs bei Inanspruchnahme von Lieferungen und sonstigen Leistungen zur Renovierung eines erworbenen Grundstücks ist die zweifelsfrei vorhandene unternehmerische Absicht steuerpflichtige Umsätze aus dem Grundstück zu erzielen.
- Durch den Leerstand eines Gebäudes wird keine Änderung der Absicht zur Erzielung steuerpflichtiger Umsätze dokumentiert, selbst wenn sich die Absicht einer steuerpflichtigen Vermietung in die Absicht eines steuerpflichtigen Verkaufs der Immobilie ändert.
- Der Vorsteuerabzug ist bei leerstehenden Gebäuden dann möglich, wenn bei dem Unternehmer die objektiv nachvollziehbare Absicht der wirtschaftlichen Betätigung besteht.
Normenkette
UStG § 15a Abs. 1, §§ 9, 15 Abs. 2; EWGRL 388/77 Art. 20, 4, 17
Streitjahr(e)
1992
Nachgehend
Tatbestand
In dem Rechtsstreit geht es um die Berichtigung des Vorsteuerabzugs wegen geänderter Verhältnisse gemäß § 15 a Umsatzsteuergesetz (UStG) bei vorübergehender Nichtvermietung eines zur Vermietung vorgesehenen Grundstücks.
Der Kläger erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Am 28.03.1991 erwarb er das bebaute Grundstück A-str. in B und führte daran in den Jahren 1991 und 1992 umfangreiche Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten durch, um es in einen vermietbaren Zustand zu versetzen. Für die Monate Januar bis April 1992 verpachtete er die Immobilie an einen Unternehmer (C GmbH) und verzichtete gemäß § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nach § 4 Nr. 12 a UStG. Hinsichtlich der auf die Renovierungskosten entfallenden, ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer nahm er den Vorsteuerabzug in folgender Höhe in Anspruch:
1991: |
... DM |
1992: |
... DM |
zusammen: |
... DM. |
Ab 01.05.1992 stand das Gebäude aufgrund des Konkurses der C GmbH leer. Mit Schreiben vom 28.12.1992 teilte der Kläger dem Finanzamt mit, dass das Gebäude zum Verkauf stehe und er einen Makler beauftragt habe, einen Kaufpreis zuzüglich Mehrwertsteuer zu fordern. Im Falle eines Verkaufs des Grundstücks sollte dieser unter Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 a UStG umsatzsteuerpflichtig erfolgen. Tatsächlich wurde das Grundstück im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts D vom 12.04.1994 der E-Sparkasse zu einem Bargebot von ------,-- DM zuzüglich übernommener Hypotheken in Höhe von --------,-- DM zugeschlagen. Dieser Vorgang wurde umsatzsteuerfrei abgewickelt.
Nach einer bei dem Kläger durchgeführten Betriebsprüfung forderte das Finanzamt mit einem nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Umsatzsteuerbescheid für 1992 vom 09.04.1996 insgesamt -------,-- DM aus den Renovierungskosten der Jahre 1991 und 1992 stammende Vorsteuern vom Kläger zurück. Nach Auffassung des Finanzamts lagen ab 01.05.1992 die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 a UStG vor.
Der gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Auf die Einspruchsentscheidung vom 15.04.1997 wird Bezug genommen.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der für das Streitjahr in Höhe von -------,- DM durchgeführten Berichtigung des Vorsteuerabzugs, da nach seiner Auffassung eine Berichtigung der Vorsteuer nach § 15 a UStG nicht in Betracht kommt. Zur Begründung verweist der Kläger auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 29.02.1996 C-110/94, welches in seinem Fall zur Anwendung komme. Hiernach komme eine Rückzahlung erstatteter Vorsteuern nur bei Betrug oder Missbrauch in Betracht. Dies sei jedoch beim Kläger nicht der Fall.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15.04.1997 den Umsatzsteuerbescheid für 1992 vom 09.04.1996 dahingehend zu ändern, dass die Rückforderung von Vorsteuern gemäß § 15 a UStG in Höhe von -------,-- DM entfällt.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Auffassung erfolgte die Rückforderung der erstatteten Vorsteuern in der streitigen Höhe zu Recht, da seit dem Leerstand des Grundstücks die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15 a UStG vorliegen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.
Dem Gericht lagen die den Streitfall betreffenden Steuerakten des Finanzamts vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist gegenüber der erstmaligen Verwendung des Grundstücks ‘A-straße ’ durch den Leerstand ab 01.05.1992 keine Veränderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse eingetreten, so dass die im angefochtenen Steuerbescheid nach § 15 a UStG verlangte Rückforderung erstatteter Vorsteuerbeträge in Höhe von -------,-- DM zu Unrecht erfolgte.
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 15 a UStG ist die Inanspruchn...