Rz. 498
Jeder in der Gesellschafterversammlung anwesende Gesellschafter oder Vertreter hat das Recht, in der Gesellschafterversammlung das Wort zu ergreifen (Rederecht) und Beschlussanträge zu stellen (Antragsrecht). Das Rederecht kann weder durch Satzung noch durch Gesellschafterbeschluss entzogen werden. Das Rederecht hat auch ein Gesellschafter, dessen Stimmrecht ruht, der einem Stimmverbot unterliegt oder der aus anderen Gründen vom Stimmrecht ausgeschlossen ist.
Rz. 499
Das Rederecht findet da seine Grenze, wo es – trotz sachgerechter Vorbereitung und Organisation – den Ablauf der Gesellschafterversammlung stören würde. Der Versammlungsleiter hat dafür zu sorgen, dass die Gesellschafterversammlung innerhalb angemessener Zeit abgewickelt wird. Als zeitliche Obergrenze dürfte – auch bei Gesellschaften mit einem großen Gesellschafterkreis – eine Dauer von zehn bis zwölf Stunden anzusehen sein; eine "normale" Gesellschafterversammlung sollte in vier bis sechs Stunden abgewickelt werden können. Ist absehbar, dass die Gesellschafterversammlung länger dauern könnte, darf der Versammlungsleiter die Redezeit zu Beginn der Diskussion generell begrenzen. Eine satzungsmäßige Ermächtigung ist dafür nicht erforderlich.
Rz. 500
Auch im weiteren Verlauf der Debatte kann der Versammlungsleiter die Redezeit verkürzen, wenn es im Interesse einer zügigen Durchführung der Gesellschafterversammlung notwendig ist. Angemessen dürfte es sein, eine Redezeit von zehn Minuten pro Redner zuzugestehen. In jedem Fall muss der Gesellschafter die Möglichkeit haben, seinen Standpunkt deutlich zu machen; gegen Ende der Debatte oder bei wiederholten Wortmeldungen sollten auch fünf Minuten genügen. Der Versammlungsleiter darf dabei auch zwischen Erst- und Zweitrednern differenzieren, d. h. Erstrednern eine längere Redezeit einräumen.
Rz. 501
Im Rahmen seiner Ordnungsbefugnisse kann der Versammlungsleiter einem Redner das Wort entziehen, etwa wenn er sich wiederholt, wenn die Redebeiträge keinen Bezug zu den anstehenden Beschlüssen haben (etwa weil sie sich auf vergangene Zeiträume beziehen), wenn er beleidigend wird, anerkannt falsche Tatsachen behauptet, politische oder weltanschauliche Thesen vorträgt oder sein Fragerecht für Monologe missbraucht – vorausgesetzt allerdings, dass die vorherige Aufforderung des Versammlungsleiter, "zur Sache zu kommen", ohne Erfolg bleibt. In diesen Fällen ist von einem Missbrauch des Rederechts auszugehen.
Rz. 502
Der Versammlungsleiter entscheidet über die Reihenfolge der Redebeiträge. Grundsätzlich ist hierbei die Reihenfolge der Wortmeldungen entscheidend; aus sachlichen Gründen – insb. aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Verfahrensökonomie – darf hiervon jedoch abgewichen werden.
Rz. 503
Der Gesellschaftsvertrag kann den Versammlungsleiter ermächtigen, das Rederecht der Gesellschafter angemessen zu beschränken. Auch dann muss die Anwendung der Satzungsermächtigung im Einzelfall erforderlich sein.
Rz. 504
Wird einem Gesellschafter das Rederecht – ohne sachlichen Grund – versagt, können daraufhin gefasste Beschlüsse anfechtbar sein. Voraussetzung dafür ist allerdings die Relevanz des Verfahrensverstoßes für das Beschlussergebnis.