OFD Cottbus, Verfügung v. 03.03.2004, S 2410 - 5 - St 217
Aus gegebenem Anlass weise ich auf Nachfolgendes hin:
Änderungen durch das StÄndG 2003
Durch das Steueränderungsgesetz 2003 – StÄndG 2003 (BStBl I 2003 S. 710) ist § 44c EStG aufgehoben worden. Die Vorschrift regelte die Erstattung von KapSt durch das Bundesamt für Finanzen für bestimmte juristische Personen. Für die betroffenen Fälle wurden neue Regelungen zur Abstandnahme vom Steuerabzug in § 44a Abs. 7 und 8 EStG aufgenommen.
Die Neuregelungen in § 44a Abs. 7 und 8 EStG sehen zusätzlich zu den bisherigen Kapitalerträgen für folgende weitere Kapitalerträge die Möglichkeit zur Abstandnahme vom Steuerabzug vor:
Absatz 7:
Ist der Gläubiger der Kapitalerträge ist eine inländische
- Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG (gemeinnützige/ mildtätige/ kirchliche Körperschaften) oder
- Stiftung des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient oder
- juristische Person des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen Zwecken dient,
so ist der Steuerabzug bei Kapitalerträgen i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 7a bis 7c EStG (Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 und 10 Buchst. a und b EStG) nicht vorzunehmen.
Der Steuerabzug vom Kapitalertrag ist bei diesen Gläubigern außerdem nicht vorzunehmen bei
- Kapitalerträgen aus GmbH-Anteilen i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG,
- Zinsen aus Teilschuldverschreibungen i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 2 EStG, wenn die die Kapitalerträge auszahlende Stelle nicht sammelantragsberechtigt i.S.d. § 45b EStG ist,
- Kapitalerträgen aus einer typischen stillen Beteiligung an einem Handelsgewerbe oder aus einem partiarischen Darlehen i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Voraussetzung für die Abstandnahme vom Steuerabzug vom Kapitalertrag ist die Vorlage einer NV-Bescheinigung durch den Gläubiger.
Absatz 8:
Ist der Gläubiger der Kapitalerträge eine
- nach § 5 Abs. 1 mit Ausnahme der Nummer 9 KStG oder nach anderen Gesetzen von der KSt befreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder
- inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, die nicht in § 44a Abs. 7 EStG genannt ist,
so ist der Steuerabzug nur hälftig vorzunehmen bei
- Kapitalerträgen aus GmbH-Anteilen i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG,
- Kapitalerträgen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG (Gewinnausschüttungsähnliche Erträge, die von Versicherungsvereinen aG, von rechtsfähigen oder nichtrechtsfähigen Vereinen, Anstalten, Stiftungen und anderen Zweckvermögen des privaten Rechts geleistet werden) i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 7a EStG.
Voraussetzung für die Abstandnahme vom Steuerabzug ist auch hier die Vorlage einer NV-Bescheinigung.
Die Neuregelungen gelten für Ausschüttungen, die nach dem 31.12.2003 erfolgen (§ 52 Abs. 55a EStG i. d. F. des StÄndG 2003).
2. Erstattung des Zinsabschlages zur Vermeidung sachlicher Härten
Ist in den o.g. Fällen ein Steuerabzug vom Kapitalertrag einbehalten worden, weil dem Schuldner der Kapitalerträge oder der auszahlenden Stelle die NV-Bescheinigung nicht vorlag und der Schuldner oder die auszahlende Stelle von der Möglichkeit der Änderung der Steueranmeldung nach § 44b Abs. 5 EStG keinen Gebrauch macht, habe ich keine Bedenken, auch in diesen Fällen die KapSt in Form des Zinsabschlages in analoger Anwendung der Rdn. 36, 37 des BMF-Schreibens vom 05.11.2002 (BStBl I 2002 S. 1346) zu erstatten.
Die Erstattung des Zinsabschlages (zuzüglich des ggf. hierauf erhobenen SolZ) erfolgt auf Antrag der betroffen Organisation von dem für sie zuständigen Betriebsfinanzamt.
Für die Erstattung des Zinsabschlags in besonderen Fällen ist auf die allgemeinen Grundsätze über die Zahlungsverjährung (§§ 228 ff. AO) abzustellen. Hierzu gilt Folgendes:
Gem. § 229 Abs. 1 Satz 1 AO beginnt die Zahlungsverjährung mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist.
Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich gem. § 220 Abs. 1 AO grundsätzlich nach den Vorschriften der Steuergesetze. Fehlt es – wie für den Fall der antragsgebundenen Erstattung des Zinsabschlags im Billigkeitsweg – an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Erstattungsanspruch mit seiner Entstehung fällig (§ 220 Abs. 2 Satz 1 AO).
Der Erstattungsanspruch entsteht – wie auch in den Fällen der Erstattung bereits entrichteter Beträge durch Erlass gem. § 227 AO – mit Zugang der stattgebenden behördlichen Entscheidung beim Antragsteller (Inhaltsadressaten). Die Zahlungsverjährung beginnt mit Ablauf des betreffenden Jahres (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 228 Satz 2 AO).
Der Antrag auf Erstattung des Zinsabschlags aus Billigkeitsgründen ist weder nach dem Gesetz noch nach dem BMF-Schreiben vom 5.11.2002, IV C 1 – S 2400 – 27/02 (a.a.O.) fristgebunden. Die Ablehnung eines solchen Antrags kann jedoch rechtmäßig sein, wenn er mit Rücksicht auf den Zeitablauf zwischen Zahlung des Zinsabschlags und Antragstellung unverhält...