Dipl.-Finw. (FH) Roland Ronig
Zusammenfassung
Die Kapitalertragsteuer ist wie die Lohnsteuer eine Erhebungsform der Einkommensteuer. Sie hat bei Privatanlegern regelmäßig Abgeltungswirkung. Ansonsten wird sie generell auf die Einkommensteuerschuld des Gläubigers angerechnet (§ 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG). Rechtsgrundlagen für den Kapitalertragsteuerabzug sind die §§ 43–45e EStG.
Die Kapitalertragsteuer wird entweder durch den Schuldner der Kapitalerträge oder die auszahlende Stelle (insbesondere inländisches Kreditinstitut/Finanzdienstleistungsinstitut) einbehalten.
Eine abschließende Aufzählung der vom Steuerabzug betroffenen Kapitalerträge enthält § 43 EStG, die jeweiligen Steuersätze § 43a EStG.
1 Kapitalerträge mit Steuerabzug
Der Schuldner der Kapitalerträge muss insbesondere auf folgende Erträge Kapitalertragsteuern einbehalten:
- Inländische Gewinnausschüttungen, Genussrechte und Wandelanleihen (ab 2012 bzw. 2013 ohne Papiere mit Zulassung zur Depotverwahrung),
- Lebensversicherungserträge,
- stille Gesellschaften und partiarische Darlehen.
Für Zinsen aus Forderungen, die über eine Internet-Dienstleistungsplattform erworben wurden, sind der inländische Plattformbetreiber, das inländische Institut, welches die Erträge für den Plattformbetreiber auszahlt oder der inländische Schuldner der Erträge, abzugspflichtig.
Die inländische auszahlende Stelle (i. d. R. das inländische Kreditinstitut) ist für folgende Einnahmen abzugspflichtig:
- ab 2012 bzw. 2013: Erträge aus inländischen Aktien, Genussrechten und Wandelanleihen bei Zulassung zur Depotverwahrung,
- ab 2018: Ausschüttungen, Vorabpauschalen und Veräußerungsgewinne aus Investmentfonds (Investmenterträge nach § 16 InvStG; bis 2017: Steuerabzug nach den §§ 7-8 InvStG 2004),
- Ausländische Dividenden,
- Zinsen,
- Stillhalter- und Termingeschäfte, sowie
- Verkauf/Einlösung von Aktien und Kapitalforderungen .
Der Steuerabzug ist nach § 43 Abs. 2 EStG nicht vorzunehmen
- bei ausländischen Dividenden, Stillhalter- und Termingeschäften sowie bei der Veräußerung oder Einlösung von Aktien, Kapitalforderungen und Investmentanteilen, wenn die Einkünfte durch eine nicht steuerbefreite Körperschaft oder ein Personenunternehmen erzielt werden bzw.
- für Stillhalter-, Options- und Termingeschäfte, wenn sie zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören.
Für Personenunternehmen und Vermietungseinkünfte muss hierzu gegenüber der Bank eine entsprechende Erklärung abgegeben werden.
Die hierzu für bis zum Jahr 2024 zufließende Kapitalerträge bestehende Meldepflicht der Kreditwirtschaft gegenüber der Finanzverwaltung wurde mit dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz aufgehoben.
Für Steuerausländer wird nur dann ein Kapitalertragsteuerabzug vorgenommen, wenn die Einkünfte unter § 49 EStG fallen, wobei für Veräußerungsgewinne aus § 17 EStG kein Steuerabzug vorgenommen wird.
2 Bemessung der Kapitalertragsteuer
Der Kapitalertragsteuerabzug ist nicht nur für Kapitaleinkünfte vorzunehmen, sondern auch, wenn die Erträge einer anderen Einkunftsart zuzurechnen sind. Dem Steuerabzug unterliegen die vollen Kapitalerträge ohne jeden Abzug. Für Erträge aus Investmentfonds wird ab 2018 die Teilfreistellung nach § 20 InvStG entsprechend den für Privatanleger geltenden Freistellungssätzen berücksichtigt.
Für Kreditinstitute ergeben sich aufgrund der umfassenden Erweiterung der Abzugsverpflichtung ab 2009 weitere Besonderheiten:
- Berechnung der Veräußerungsgewinne – ggf. Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage –,
- Übertragung der Anschaffungsdaten sowie ggf. weiterer für den Steuerabzug relevanter Daten im Fall eines Depotwechsels,
- Verlustverrechnung sowie
- Anrechnung ausländischer Steuern.
Einzelheiten hierzu enthält das BMF-Schreiben zur Abgeltungsteuer.
3 Steuerberechnung
3.1 Berechnungsformel
Die Kapitalertragsteuer beträgt regelmäßig 25 % des Kapitalertrags. Im Fall einer Kirchensteuerpflicht ermäßigt sich die Kapitalertragsteuer um 1/4 der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer.
Die Vorschrift des § 43a Abs. 1 Satz 3 EStG verweist zur Berechnung der Kapitalertragsteuer auf § 32d Abs. 1 Sätze 4 und 5 EStG. Danach gilt folgende Formel:
e-4q |
4 + k |
Hierbei sind |
e |
die Einkünfte. |
Hierbei ist |
q |
die anrechenbare ausländische Steuer. |
Hierbei ist |
k |
der maßgebende Kirchensteuersatz. |
3.2 Ausländische Steuer
Nach § 43a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 32d Abs. 1 und Abs. 5 EStG wird auch die ausländische Steuer beim Steuerabzug berücksichtigt. Die Einbeziehung der ausländischen Steuer ist nur für die inländische auszahlende Stelle, d. h. inländische Banken, von Bedeutung.
4 Kirchensteuerabzug
4.1 Verfahren ab 2015
Inländische Banken und andere abzugspflichtige Personen müssen unte...