Leitsatz
Nach einem DBA steuerfreie negative ausländische Einkünfte i.S.d. § 2a EStG sind auch nach dem Übergang von der sog. Schattenveranlagung zur sog. Hinzurechnungsmethode nicht im Wege des negativen Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen.
Normenkette
§ 32b Abs. 1 Nr. 3, § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 6 Buchst. a EStG
Sachverhalt
Die Klägerin beantragte im Rahmen ihrer ESt-Erklärung 2007 Verluste aus Vermietung und Verpachtung aus einem Projekt in den USA im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts gem. § 32b Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen. Das FA lehnte das mit Blick auf § 2a Abs. 1 Nr. 6 EStG ab.
Die Klägerin blieb auch mit ihrer anschließenden Klage (FG Hamburg, Urteil vom 26.04.2010, 3 K 234/09, Haufe-Index 2342187, EFG 2010, 1322) …
Entscheidung
… sowie mit ihrer anschließenden Revision ohne Erfolg: Was früher bei der Einkünfteermittlung im Rahmen des Progressionsvorbehalts für die bei Anwendung des § 32b Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 1 Nr. 3 EStG maßgebende sog. Schattenveranlagung gegolten habe, gelte fortan auch für die nunmehr maßgebende sog. Hinzurechnungsmethode. Und das bedeute: Abkommensrechtlich freizustellende Auslandsverluste seien nur dann in die Tarifberechung einzubeziehen, wenn auch § 2a EStG das ermögliche.
Hinweis
Es ging um die Frage danach, ob Auslandsverluste, die einerseits nach Abkommensrecht in Deutschland von der Bemessungsgrundlage kraft Freistellung ausgesperrt sind, die aber andererseits nach innerdeutschem Recht nach Maßgabe von § 2a EStG in Deutschland unberücksichtigt bleiben müssten, in den sog. negativen Progressionsvorbehalt bei der Tarifbemessung einzubeziehen sind.
1. Nach früherer Regelungslage war das jedenfalls zu verneinen. Nach § 32b Abs. 1 EStG a.F. ermittelte sich der besondere Steuersatz grundsätzlich dadurch, dass bei der Berechnung der ESt die ausländischen Einkünfte, die nach einem DBA steuerfrei waren, einbezogen wurden. Die der deutschen Besteuerung unterliegenden Einkünfte wurden derjenigen prozentualen Belastung unterworfen, die sich ergäbe, wenn das DBA nicht vorhanden wäre. Das nannte sich das Prinzip der sog. Schattenveranlagung.
Die Einbeziehung nach DBA "ausgesperrter" Verluste in den Progressionsvorbehalt war eigentlich sachgerecht, weil ja (auch) die freigestellten Einkünfte die Leistungsfähigkeit des betreffenden Steuerpflichtigen verminderten. Weil aber die Einkünfte im Rahmen dieser Schattenveranlagung nach deutschem Steuerrecht ermittelt wurden, fand auch die Abzugssperre des § 2a EStG Anwendung – was wiederum die Berücksichtigung der dort bezeichneten ausländischen Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts definitiv ausschloss. Das war auch nur konsequent, ist Zielsetzung des § 2a EStG doch, Investitionen in volkswirtschaftlich nicht sinnvolle Verwendungszwecke steuerlich zu benachteiligen; das gilt ganz allgemein und damit auch für die Tarifbemessung.
2. Ab 1996 war § 32b Abs. 2 EStG neu gefasst worden. Nunmehr ist zur Berechnung des Steuersatzes das zu versteuernde Einkommen um die nach einem DBA steuerfreien Einkünfte zu vermehren oder zu vermindern ist. Das nennt sich die sog. Hinzurechnungsmethode.
Materiell-rechtlich hat sich dadurch indes nichts geändert. Die Gesetzesänderung diente allein dazu, die als zu aufwendig empfundene Technik der Schattenveranlagung aus Gründen der Vereinfachung des Progressionsvorbehalts abzuschaffen. Einkünfte, die in einem DBA freigestellt werden, unterliegen jedoch nach wie vor nur dann dem Progressionsvorbehalt, wenn es sich um Einkünfte handelt, die nach deutschem Recht der Besteuerung unterliegen. Und danach hat sich an besagter Zielsetzung des § 2a EStG ja nichts geändert.
3. Das alles betrifft dann auch § 2a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a EStG. Danach dürfen negative Einkünfte aus der Vermietung oder der Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, das in einem ausländischen Staat belegen ist, nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art aus demselben Staat ausgeglichen werden; auch ein Abzug nach § 10d EStG ist ausgeschlossen. Sind positive Einkünfte nicht erzielt worden, handelt es sich nicht um in die Bemessungsgrundlage einzubeziehende Einkünfte und damit auch nicht um Einkünfte i.S.d. § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG.
4. Seit der Änderung des § 32b EStG durch das JStG 2009 gilt das alles uneingeschränkt nur noch für sog. Drittstaaten. Für EU/EWR-Mitgliedstaaten schließt § 32b Abs. 1 S. 2 EStG n.F. den Progressionsvorbehalt gänzlich aus, also sowohl den positiven wie den negativen. Infolge dieser (Un-)Gleichbehandlung droht an sich kein Unionsrechtsverstoß mehr. Problematisch erscheint allerdings der Ausschluss auch in den Fällen "finaler" Auslandsverluste.
Und schließlich (und überaus komplex): Das Letztere gilt prinzipiell nicht für die Fälle ausländischer Verluste aus "aktiven" Betriebsstätten. § 2a Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 32b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Halbs. 2 EStG n.F. ermöglicht hierfür den Abzug der Verluste auch für EU/EWR-Betriebsstätten, was wiederum zu Über-Begünstigungen führen kann, wenn die Ver...