Leitsatz
Eine von gemeinnützigen Krankenhausträgern gegründete GmbH, die die Laborleistungen für die Krankenhäuser erbringt, verfolgt selbst nicht unmittelbar gemeinnützige oder mildtätige Zwecke.
Normenkette
§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002, § 51, § 52 Abs. 2 Nr. 2, § 53 Nr. 1, § 55, § 57, § 65, § 66 Abs. 2 AO
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die im Streitjahr 2006 ein Labor für Krankenhäuser betrieb. Ihre Gesellschafter waren gemeinnützig anerkannte Träger mehrerer katholischer Krankenhäuser, die ihrerseits als steuerbegünstigte Zweckbetriebe i.S.v. § 67 AO a.F. angesehen wurden.
Vor Gründung der Klägerin waren die Laborleistungen in den Krankenhäusern von deren eigenen Laboren abgewickelt worden. Um ihre Aufgaben erfüllen zu können, hatte die Klägerin von den Krankenhäusern das Personal übernommen und die Räumlichkeiten sowie von dritten Personen die Analyseautomaten angemietet.
Für die ärztliche Leitung und die Wahrnehmung der ärztlichen Aufgaben hatte die Klägerin mit einer Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin einen Kooperationsvertrag geschlossen. Die Leistungen für Patienten der Krankenhäuser wurden danach ausschließlich durch die Klägerin, die Leistungen für Patienten niedergelassener Ärzte ausschließlich durch die Gemeinschaftspraxis gegen ein Pauschalhonorar erbracht. Die Abrechnung von Leistungen für Patienten der Krankenhäuser oblag allein der Klägerin, und zwar bei ambulanten und stationär durchgeführten Leistungen an gesetzlich Versicherte gegenüber ihren Gesellschaftern und bei Leistungen an Privatversicherte und für Wahlleistungen direkt gegenüber den betreffenden Patienten.
Das FA behandelte die Klägerin als steuerpflichtig.
Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (FG Münster, Urteil vom 30.5.2011, 9 K 73/09 K, F, Haufe-Index 2754149, EFG 2012, 437).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG. Es mangele gegenüber den Patienten an der für die Anerkennung als gemeinnützig erforderlichen Unmittelbarkeit der Laborleistungen: Die in Rede stehenden Laborleistungen mögen zwar ärztlichen Charakter haben, seien aber der Sache nach als Dienstleistungen gegenüber den unmittelbar behandelnden Ärzten zu beurteilen. Nur die behandelnden Ärzte hätten Kontakt zu den Patienten, nur sie zögen die medizinischen Schlüsse aus den von der Klägerin gelieferten Befunden und entschieden, welche Heil- oder Vorsorgemaßnahmen jeweils geboten seien. Die Laborleistungen seien Vorbereitungsleistungen, die die Krankenhäuser dabei unterstützen sollten, ihre Patienten medizinisch zu betreuen, selbst jedoch keine unmittelbaren Behandlungs- oder Betreuungsleistungen "am Patienten". Damit scheide zugleich auch die Eigenschaft eines Zweckbetriebs aus.
Hinweis
1. Die Anerkennung einer steuerlichen Gemeinnützigkeit und die Inanspruchnahme der dafür gewährten Steuerbefreiung (z.B. gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) ist eine Steuersubvention. Um diese zu erlangen, muss bekanntlich – und zu Recht – eine Vielzahl formaler wie inhaltlicher Hürden genommen werden.
Der BFH bestätigt dazu die von ihm in der Vergangenheit vielfach vertretene recht strenge Linie. Dies betrifft in casu das in § 57 AO angelegte Unmittelbarkeitserfordernis und war in diesem Punkt im Urteil vom 17.2.2010, I R 2/08 (BFH/NV 2010, 1371, BFH/PR 2010, 334, BStBl II 2010, 1006) bereits vorgezeichnet.
2. Unerlässliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist danach, dass die Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke unmittelbar erfüllt. Das ist gem. § 57 Abs. 1 Satz 1 AO der Fall, wenn sie die steuerbegünstigten Zwecke selbst erfüllt, ggf. und nach Maßgabe von § 57 Abs. 2 Satz 2 AO unter Hinzuziehung von Hilfspersonen.
3. Das Handeln als Hilfsperson allein kann aber keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit begründen; die Hilfsperson verwirklicht lediglich fremde gemeinnützige Zwecke ihres Auftraggebers. Sie fördert damit nur mittelbar steuerbefreite Zwecke i.S.d. §§ 52 bis 54 AO, was für die Steuerbefreiung nicht ausreicht.
Anders liegt es nur dann, wenn die Körperschaft mit ihrer Hilfstätigkeit nicht nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen Körperschaft unterstützt, sondern zugleich eigene steuerbegünstigte Satzungsziele verfolgt, immer dann also, wenn mehrere nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaften arbeitsteilig zur Verwirklichung eines steuerbegünstigten Zwecks zusammenwirken. Dies betrifft nicht nur Zusammenschlüsse auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, sondern auch Fälle, in denen z.B. die öffentliche Hand eine steuerbefreite Organisation mit der Erbringung der steuerbegünstigten Tätigkeit beauftragt, die Auftragnehmerin aber einzelne Tätigkeiten an andere steuerbefreite Körperschaften vergibt.
Voraussetzung für die Steuerbefreiung der Hilfsperson bleibt aber auch dann stets, dass deren Tätigkeit bei isolierter Betrachtung ihrerseits die "übrigen Voraussetzungen", d.h. auch das Unmittelbarkeitserfordernis des § 57 AO, erfüllt. Es kann sich deshalb zwar um eine Leistung handeln, die im zivilrechtlichen Vertragsverhältnis einem Dritten geschulde...