Leitsatz
1. Die Einbringung eines Wirtschaftsguts als Sacheinlage in eine KG ist ertragsteuerrechtlich auch insoweit als Veräußerungsgeschäft anzusehen, als ein Teil des Einbringungswerts in eine Kapitalrücklage eingestellt worden ist (entgegen BMF-Schreiben vom 26.11.2004, BStBl I 2004, 1190).
2. Die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist kein Teilbetrieb i.S.v. § 24 Abs. 1 UmwStG 1995. Die Fiktion des § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ist nicht entsprechend anwendbar (entgegen BMF-Schreiben vom 16.06.1978, BStBl I 1978, 235, Tz. 81; vom 25.03.1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 24.03).
3. Die Überführung eines Einzelwirtschaftsguts aus einem inländischen Stammhaus in eine ausländische (hier: österreichische) Betriebsstätte führte im Zeitraum vor Inkrafttreten des § 6 Abs. 5 EStG 1997 durch das StEntlG 1999/2000/2002 auch dann nicht zur sofortigen Gewinnrealisation, wenn die ausländischen Betriebsstättengewinne aufgrund eines DBA von der Besteuerung im Inland freigestellt waren (Änderung der Rechtsprechung: Aufgabe der sog. Theorie der finalen Entnahme). Das gilt auch für die Einbringung einer Sacheinlage durch eine Personengesellschaft in eine Tochter-Personengesellschaft.
Normenkette
§ 4 Abs. 1 S. 2, § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, § 24 UmwStG 1995, Art. 4 DBA-Österreich 1954
Sachverhalt
Eine GmbH & Co. KG, die sich ausschließlich mit der Verwaltung von ausländischen Beteiligungen befasste, hatte 1991 sämtliche Anteile an einer Inc., einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in den USA, in ihr inländisches Betriebsvermögen überführt.
Später übernahm sie sämtliche Kommanditanteile an einer österreichischen KG und brachte in diese im Zug einer Kapitalerhöhung ihre Beteiligung an der Inc. zum Teilwert ein. Der davon nicht auf die Sacheinlage anzurechnende Wert wurde dem bei der österreichischen KG zu bildenden Rücklagenkonto zugewiesen.
Die GmbH & Co. KG behandelte die Übertragung der Anteile an der Inc. auf die KG als Entnahme. Für den Entnahmegewinn bildete sie außerhalb der Bilanz einen passiven Ausgleichsposten; der Gewinn sei nicht im Zeitpunkt der Übertragung der Anteile auf die KG, sondern erst im Zeitpunkt einer künftigen Realisierung der stillen Reserven der Beteiligung zu versteuern.
Das FA rechnete den Entnahmegewinn demgegenüber den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu. Das FG gab dem FA recht (FG Düsseldorf, Zwischenurteil vom 12.05.2006, 18 K 5588/03 F, Haufe-Index 1621734, EFG 2006, 1438).
Entscheidung
Der BFH sah die Dinge anders:
Er behandelte die Überführung der Einbringung der Inc.-Beteiligung gegen Gewährung der neuen Kapitalanteile als tauschähnlichen Vorgang und damit als Veräußerung. Das gelte unbeschadet dessen, dass ein Teil des Einbringungswerts in die Kapitalrücklage eingestellt worden sei.
Die Einbringung ziehe nicht zwingend eine Realisierung stiller Reserven nach sich.
Grund dafür sei zwar nicht das in § 24 UmwStG 1995 eingeräumte Bewertungswahlrecht. Denn die 100%ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft werde hiernach nicht begünstigt. Der entgegenstehenden Rechtsauffassung des BMF sei nicht zu folgen; sie finde im Gesetz keine Stütze. Ein Teilbetrieb, wie nach dem Gesetz erforderlich, liege nicht vor.
Jedoch ermöglichten die Rechtsprechung ebenso wie die Verwaltungspraxis im Streitjahr 1995 eine ähnliche Wertverknüpfung. Das gelte auch dann, wenn sowohl auf Seiten des Einbringenden als auch auf Seiten des Einbringungsempfängers eine Personengesellschaft stehe, solange nur eine Upstream-Beteiligung von der einbringenden zu der aufnehmenden Gesellschaft gegeben sei.
Dass das alles grenzüberschreitend nicht gelten solle, weil Deutschland dann seinen Besteuerungszugriff an jenen stillen Reserven verliere, sei falsch. Dem "Einbringungsstaat" verbleibe durchaus der Besteuerungszugriff auf jene stillen Reserven, die in seiner Territorialität aufgesummt seien. Nur bedürfe es dafür eines Zugriffstatbestands. Wenn es daran fehle, müsse sich der Fiskus das anlasten lassen.
Hinweis
1. Das Grundsatzurteil bringt für die Steuerpflichtigen Schatten, jedoch überwiegend Licht:
Von Vorteil ist die Einschätzung, dass die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft im Weg der Sacheinbringung stets ein einheitlicher entgeltlicher Vorgang ist, dies auch dann,
- wenn der übertragene Sachwert aus dem Betriebsvermögen des einbringenden Mitunternehmers stammt und
- wenn Teile des "Über"-Werts des Wirtschaftsguts in die Kapitalrücklage eingestellt werden. Der BFH knüpft dazu an sein Urteil vom 24.04.2007, I R 35/05 (BFH/NV 2007, 1758, BFH/PR 2007, 375) an und widersetzt sich der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 26.11.2004, BStBl I 2004, 1190). Offen bleibt nach wie vor, ob dies auch für den Fall einer Unterbewertung gilt; der VIII. Senat des BFH hat dazu in der Vergangenheit eine verdeckte Einlage angenommen (BFH, Urteil vom 19.10.1998, VIII R 69/95, BFH/NV 1999, 849).
Von Vorteil ist auch, dass der BFH für die Zeit des sog. Mitunternehmer-Erlasses, also vor der ...