Leitsatz
Werden verrechenbare Verluste nach § 15b Abs. 4 Satz 5 EStG gesondert und einheitlich festgestellt, gelten für die Klagebefugnis dieselben Grundsätze wie für die Anfechtung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte.
Normenkette
§ 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO, § 15b Abs. 1, Abs. 4 EStG, § 179, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO, § 240 ZPO, § 2 Nr. 1, § 20 UmwG, § 80 Abs. 1 InsO
Sachverhalt
Das FA hatte für die Kommanditisten einer Fonds-KG (Z-KG) im Zusammenhang mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte verrechenbare Verluste nach § 15b Abs. 4 EStG festgestellt. Das betraf auch zwei Kommanditisten, die ihre Beteiligungen in dem betreffenden Jahr (2008) mit Verlust veräußert hatten. Die Fonds-KG erhob gegen die Feststellung verrechenbarer Verluste für die ausgeschiedenen Kommanditisten Einspruch mit dem Argument, die Verrechnungsbeschränkung gelte nicht bei endgültig erzielten Verlusten. Anschließend wurde die Fonds-KG auf eine andere KG (X-KG) verschmolzen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die X-KG Klage vor dem FG. Das FG lud die beiden Kommanditisten zu dem Verfahren bei.
Während des Klageverfahrens wurden Insolvenzverfahren über das Vermögen der X-KG und deren Komplementär-GmbH eröffnet.
Das FG gab der Klage teilweise statt und minderte den verrechenbaren Verlust für einen der Kommanditisten (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8.12.2015, 6 K 6215/12, Haufe-Index 9041262, EFG 2016, 385).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Klage als unzulässig ab. Das Verfahren sei durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen der KG und deren Komplementärin nicht unterbrochen worden, weil die streitgegenständliche Feststellung verrechenbarer Verluste nicht das Vermögen der Personengesellschaft betreffe. Die X-KG sei aber nicht klagebefugt gewesen. Eine Umdeutung der Klage in eine solche der betroffenen Kommanditisten sei nach den Umständen des Einzelfalls nicht möglich.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft die Klagebefugnis bei Streit über die Feststellung verrechenbarer Verluste nach § 15b EStG aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft (unter 2.), die Bedeutung einer liquidationslosen Vollbeendigung der Personengesellschaft für die Klagebefugnis (unter 3.) und die Auswirkung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Personengesellschaft auf ein Klageverfahren betreffend die Feststellung verrechenbarer Verluste nach § 15b EStG (unter 4.).
2. Für die Klagebefugnis im Zusammenhang mit Feststellungsbescheiden betreffend Personengesellschaften regelt § 48 FGO, dass bei Streit über gesonderte und einheitliche Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich die Personengesellschaft selbst Klage erheben kann (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO). Zusätzlich können auch Gesellschafter klagebefugt sein, etwa wenn sie im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits aus der Gesellschaft ausgeschieden oder von den streitigen Feststellungen persönlich betroffen sind.
Von der Feststellung verrechenbarer Verluste nach § 15b EStG sind die Gesellschafter persönlich betroffen, weil sich die Verrechnungsbeschränkung (nur) auf ihre ESt-Festsetzung auswirkt. Deshalb besteht eine Klagebefugnis der Gesellschafter selbst, aber zugleich auch eine Klagebefugnis der Gesellschaft, wenn die Verlustfeststellung in Verbindung mit der Einkünftefeststellung gesondert und einheitlich für alle Gesellschafter vorgenommen wird, wie es § 15b Abs. 4 Satz 5 EStG vorsieht. Gibt es mehrere Klagebefugte, müssen sie alle an einem Klageverfahren beteiligt sein. Erhebt einer von ihnen nicht selbst Klage, wird er zum Verfahren des oder der anderen nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig beigeladen.
3. Nicht selten kommt es im Verlauf des Verwaltungs- oder Einspruchsverfahrens zu Umstrukturierungen bei der Personengesellschaft. Dies kann Auswirkungen auf ihre Klagebefugnis haben. Geht die Gesellschaft liquidationslos unter, entfällt die Berechtigung zur Klageerhebung. Diese geht auch nicht auf einen zivilrechtlichen Rechtsnachfolger der Gesellschaft über. Deshalb war im Urteilsfall nach einer Verschmelzung der Gesellschaft auf eine Zielgesellschaft die Zielgesellschaft nicht klagebefugt. Klagebefugt sind in einem solchen Fall nur die von dem Rechtsstreit betroffenen Gesellschafter selbst.
Lässt die Klageschrift eine Auslegung in Bezug auf die Person des Klägers zu, wird das Gericht im Interesse effektiven Rechtsschutzes die Auslegung wählen, die zu einer zulässigen Klage führt. Ist eine solche Auslegung im Einzelfall aber nicht möglich –, so sah der BFH die Lage im Urteilsfall – muss die Klage des nicht Klagebefugten als unzulässig abgewiesen werden.
4. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Klägers hat grundsätzlich zunächst die Unterbrechung des Klageverfahrens zur Folge. Für die Klage einer Personengesellschaft gegen eine gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften hat der BFH aber keine Unterbrechung angenommen, weil die Unterbrechung eine Folge des Verlusts der Verfügungsbefugnis üb...