1 Grundsachverhalte

 

Rz. 1

Die Konzernbilanzierung nach IFRS[1] ist für deutsche kapitalmarktorientierte Unternehmen nur relevant, wenn eine Pflicht zur Konzernbilanzierung nach dem HGB besteht.[2] Erst wenn diese nach § 290 HGB vorliegt, kann die IAS-Verordnung und damit § 315e HGB Wirkung entfalten. Für die freiwillige Anwendung der IFRS in einem den HGB-Konzernabschluss ersetzenden Konzernabschluss für alle nichtkapitalmarktorientierten Mutterunternehmen ist die Voraussetzung der Konzernbilanzierungspflicht nach HGB ebenso klar. Außerhalb der Prüfung der gesetzlichen Konzernrechnungslegungspflicht wäre lediglich eine völlig freiwillige Konzernbilanzierung denkbar, etwa für nichtkapitalmarktorientierte Mutterunternehmen in der Rechtsform einer Personengesellschaft mit mindestens einer natürlichen Person als Vollhafter. Somit läuft die in IFRS 10 geregelte Konzernbilanzierungspflicht innerhalb Deutschlands und der EU zunächst völlig ins Leere. Es sind daher die Regeln nach § 290 HGB zu beachten,[3] die dann aber für kapitalmarktorientierte Unternehmen bezüglich des Konzernabschlusses verpflichtend nach § 315e HGB auf die IFRS i. d. F. der jeweils aktualisierten EU-Verordnung 1606/2002 verweisen. Alle übrigen Mutterunternehmen haben gem. § 315e Abs. 3 HGB ein Wahlrecht, die IFRS anzuwenden. In beiden Fällen ersetzen die IFRS die HGB-Regelungen bis auf die weiterhin nach § 315e Abs. 1 HGB zu beachtenden §§ 294 Abs. 3, 297 Abs. 1a, 2 Satz 4, 298 Abs. 1 (jedoch nur i. V. m. den §§ 244 und 245), 313 Abs. 2 und 3, 314 Abs. 1 Nrn. 4, 6, 8 und 9, Abs. 3 HGB sowie allen handelsrechtlichen Bestimmungen außerhalb der §§ 290314 HGB, soweit sie den Konzernabschluss oder den Konzernlagebericht betreffen. Somit werden etwa Offenlegung, Lageberichterstattung und Prüfung weiterhin vom HGB geregelt. Auch bei freiwilliger Nutzung des Wahlrechtes zur Erstellung eines IFRS-Abschlusses müssen die Regelungen, soweit die Voraussetzungen gegeben sind, komplett angewendet werden. Individuelle Zwischenlösungen sind nicht erlaubt.

 

Rz. 2

Die in IFRS 10 getroffenen und seit 2014 anzuwendenden Regelungen werden aber im 2. Schritt relevant für die Abgrenzung des Konsolidierungskreises, d. h. bei der Bestimmung von Tochterunternehmen.

 

Rz. 3

Die spezifischen Regelungen zur Konzernbilanzierung sind in den IFRS auf verschiedene Standards verteilt, deren zentrale Regelungen wie folgt aus deutscher Sicht systematisiert werden können:[4]

  • IFRS 10 regelt den Konsolidierungskreis, die Vereinheitlichung der einzubeziehenden Abschlüsse hinsichtlich Ansatz, Bewertung, Ausweis und Stichtag, die Schulden-[5] sowie Aufwands- und Ertragskonsolidierung nebst der Zwischenergebniseliminierung[6];
  • IAS 21 regelt u. a. die Währungsumrechnung der einzubeziehenden Abschlüsse in den Konzernabschluss;[7]
  • IFRS 3 regelt die Kapitalkonsolidierung;[8]
  • IAS 28 und IFRS 11 regeln die Einbeziehung von assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen;[9]
  • IFRS 12 regelt Angabepflichten im Konzernanhang.[10]

Die Standards zur Konzernbilanzierung befinden sich in einem intensiven Diskussionsprozess.

 

Rz. 4

Mit IASB/ED/2024/1[11] hat der IASB einen Entwurf zu Änderungen an IFRS 3 und an IAS 36 mit Blick auf Unternehmenszusammenschlüsse und diesbezügliche Angaben sowie damit einhergehende Geschäfts- oder Firmenwerte (GoF) und mögliche Wertminderungen vorgelegt. Dieser folgt auf den vor gut 4 Jahren veröffentlichten Diskussionspapier DP/2020/1 zu Unternehmenszusammenschlüssen,[12] welches sehr kontrovers diskutiert wurde. Die ganz große Änderung, die Wiedereinführung der planmäßigen Abschreibungen für den GoF ist mit knapper Entscheidung abgelehnt worden, letztlich vor allem aus Angst vor den Auswirkungen der Umstellung. Dass der derzeitige (und auch künftige) Impairment-only-Approach (nur jährlich verpflichtender Wertminderungstest) sehr problembehaftet ist, wurde aber in den Diskussionen mehr als deutlich. Der vorliegende Lösungsvorschlag liegt nun darin insbesondere mehr Anhangangaben zu fordern. Nach ED IFRS 3.62A soll das erwerbende Unternehmen Angaben machen, die es den Abschlussadressaten erlauben, Nachfolgendes zu bewerten:

  • Vorteile, die das erwerbende Unternehmen aus dem Unternehmenszusammenschluss erwartet, wenn der Kaufpreis vereinbart wird, und
  • bei einem strategisch wichtigen Unternehmenszusammenschluss: Umfang, in dem die aus dem Unternehmenszusammenschluss erwarteten Vorteile erreicht wurden.

ED IFRS 3.B64 (d) fordert, dass die strategischen Beweggründe (strategic rationale) für den Unternehmenserwerb bzw. -zusammenschluss anzugeben sind. Daneben ist eine Beschreibung der Art und Weise offenzulegen, wie das erwerbende Unternehmen die Beherrschung über das erworbene Unternehmen erlangt hat. Strategische Beweggründe sind der Grund (bzw. die Gründe) für einen Unternehmenszusammenschluss, der zur Gesamtgeschäftsstrategie des Unternehmens beiträgt und auf diese abgestimmt ist (ED IFRS 3 Anhang A).

Zudem sollen zusätzliche Angaben zu den erwarteten Synergien, die aus der Kombination der Geschä...

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