Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche und (nach-)vertragliche Wettbewerbsverbote eines Steuerfachangestellten. Geheimhaltungspflichten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Substanziierungslast des Darlegungspflichtigen erfordert auch im Rahmen der gestuften Darlegungslast die Wiedergabe von Umständen, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Rechtsfolge ergeben. Die bloße Benennung von Beteiligten an tatsächlichen Vorgängen kann dabei nicht genügen, sondern würde eine Ausforschung dieser Personen bedeuten, wenn sie denn als Zeugen zu vernehmen wären.

2. Verschwiegenheitspflichten für ausgeschiedene Mitarbeiter können sich neben der allgemeinen Anspruchsgrundlage der aus § 242 BGB hergeleiteten nachvertraglichen Treuepflicht aus den speziellen Normen der §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, 17 Abs. 1 u. 2, 18, 3, 4, 9 UWG, 826 BGB ergeben.

3. Durch eine Geheimhaltungsklausel – oder auch nur die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht – soll verhindert werden, dass der Arbeitnehmer Betriebsgeheimnisse außerhalb eines Folgearbeitsverhältnisses oder einer eigenen selbstständigen Tätigkeit verwertet und sie stattdessen an Dritte veräußert.

 

Normenkette

HGB § 60 Abs. 1, § 61; BGB § 280 Abs. 1, §§ 282, 687 Abs. 2 S. 1, § 681 S. 2, §§ 667, 823 Abs. 2, § 826; UWG §§ 17-18

 

Verfahrensgang

ArbG Karlsruhe (Urteil vom 20.05.2005; Aktenzeichen 11 Ca 158/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 20.05.2005 – 11 Ca 158/04 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vertragsstrafen- und Schadensersatzansprüche, die der Kläger aus der behaupteten Verwendung betrieblicher Daten durch den Beklagten zu Wettbewerbszwecken herleitet.

Der Kläger, der Buchprüfer und Steuerberater ist, unterhielt u. a. in Kn. eine Steuerberatungskanzlei. Der Beklagte ist Steuerfachangestellter. In dieser Funktion beschäftigte ihn der Kläger vom 01.01.2002 jedenfalls bis zum 29.05.2002. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis in der sechsmonatigen Probezeit zunächst ordentlich mit Schreiben vom 27.05.2002 zum 30.06.2002 (Anlage K 2 der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 10 der Akte des Arbeitsgerichts). Später teilte er dem Kläger unter dem 30.05.2002 mit, aus zwingenden gesundheitlichen Gründen sei es ihm ab sofort nicht mehr möglich, in der Kanzlei zu erscheinen (Anlage K 3 der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 11 der Vorakte). Dieses Schreiben ging dem Kläger schon am 29.05.2002 zu.

§ 6 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 12.12.2001 lautet wie folgt (Anlage K 1 der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 8 Rückseite der Akte erster Instanz) :

Ӥ 6 Mandatsschutzvereinbarung

(1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, bis zu zwei Jahre nach Beendigung dieses Vertragsverhältnisses weder für eigene noch für fremde Rechnung im Rahmen einer Tätigkeit bei einer im Raum K. ansässigen Steuerberatungskanzlei Mandate des Auftraggebers zu bearbeiten.

(2) Verstößt der Arbeitnehmer gegen diese Verpflichtung, so ist er verpflichtet, für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe des 1,2-fachen Jahreshonorars an den Arbeitgeber zu zahlen, die der Arbeitgeber zuletzt von dem Mandant erhalten hat. Weiter gehende Schadensersatzansprüche bleiben hiervon unberührt.

(3) Der Arbeitnehmer trägt, soweit es zu einem Mandatswechsel innerhalb (von) 18 Monaten nach Beendigung dieses Vertragsverhältnisses kommt, die Beweislast für die Einhaltung seiner Verpflichtung nach Absatz 1. Auf Verlangen des Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer über die einzelnen Umstände Auskunft zu geben.”

Drei der Mandanten des Klägers – Frau W. und die Eheleute C. – beendeten nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses der Parteien ihre Vertragsbeziehungen mit dem Kläger und erteilten dem neuen Arbeitgeber des Beklagten, dem in N. ansässigen Steuerberater Ch., Mandat. Das Arbeitsverhältnis des Beklagten mit Herrn Ch. und der mit ihm assoziierten Rechtsanwältin W. begann am 14.10.2002 und endete am 31.07.2003 (vgl. dazu das als Anlage des Schriftsatzes des Beklagten vom 12.01.2005 vorgelegte Arbeitszeugnis vom 12.09.2003, Blatt 32 f. der erstinstanzlichen Akte). Die Herrn Ch. erteilten Mandate des Ehepaars C. und Frau W. dauerten über das Ausscheiden des Beklagten bei Herrn Ch. an. Frau W. beendete die Vertragsbeziehung mit Herrn Ch. allerdings inzwischen zum Ende des Monats Oktober 2005 und erteilte dem jetzigen Arbeitgeber des Beklagten Mandat. Die laufende Buchführung der Mandanten C. und W. wurde in der Kanzlei des Klägers durch den für ihn tätigen Buchhalter F. erstellt. Der Beklagte hatte im Büro des Klägers mit Ausnahme der Entgegennahme von Buchungsunterlagen, der telefonischen Anforderung fehlender Belege oder nötiger Rückfragen zu Buchführungsbelegen mit den Mandaten der Damen und Herren C. und W. nichts zu tun (zu den Details S. 5 der Klageschrift vom 16.12.2004, Blatt 3 der Vorakte).

Wann Frau W., die ein Reisebüro leitet, die Vert...

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