FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlaß v. 26.3.2007, S 0338
1. Rechtsbehelfsverfahren
a) Wegfall des Massenverfahrens aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
Sofern der Einspruch sich ausschließlich gegen die Verfassungsmäßigkeit einer steuerrechtlichen Norm richtet und vor dem 1.1.1995 eingelegt wurde, gilt der Einspruch nach Art. 97 § 18a EGAO im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidungsformel im Bundesgesetzblatt ohne Einspruchsentscheidung als zurückgewiesen, soweit der Einspruch nach dem Ausgang des Verfahrens als unbegründet oder unzulässig zurückzuweisen wäre. Eine Benachrichtigung des Einspruchsführers ist nicht vorgesehen. Die Klagefrist beträgt grundsätzlich ein Jahr nach Veröffentlichung der Entscheidung im Bundesgesetzblatt.
Art. 97 § 18a EGAO ist nicht anwendbar, wenn eine Kammer eines Senates beim Bundesverfassungsgericht gem. § 93b BVerfGG die Annahme einer Verfassungsbeschwerde ablehnt. Eine Kammerentscheidung hat anders als eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes selbst keine Gesetzeskraft und wird daher auch nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (Hinweis auf § 31 Abs. 2 BVerfGG).
b) Wegfall des Massenverfahrens aus anderen Gründen
Derartige Einspruchsverfahren können abschließend bearbeitet werden, soweit dies nach der Sach- und Rechtslage im Einzelfall möglich ist. Sofern das Einspruchsverfahren nicht aus anderen Gründen weiterhin ruhen soll, ist dem Einspruchsführer gem. § 363 Abs. 2 Satz 4 AO die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens mitzuteilen. Dadurch soll ihm auch Gelegenheit gegeben werden, den Einspruch im Hinblick auf die geänderte Rechtslage zurückzunehmen. Soweit im Einzelfall im Hinblick auf die Verfahrensruhe Sachverhaltsermittlungen zu anderen Streitpunkten bisher unterblieben sind, sind diese nachzuholen.
Sind in der Einspruchsbegründung weitere Rechtsnormen wegen angeblicher Verfassungswidrigkeit gerügt worden, zu denen noch keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ergangen und hinsichtlich derer eine Entscheidung aus anderen Gründen ebenfalls nicht möglich ist, sind die Einsprüche weiterhin offen. Soweit der Einspruch sich nicht gegen die angebliche Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm richtet, ist ggf. eine Teileinspruchsentscheidung nach § 367 Abs. 2a AO zu erlassen.
2. Anträge auf Änderung oder Aufhebung von Steuerbescheiden außerhalb des Rechtsbehelfsverfahrens
Die obigen Ausführungen zum Rechtsbehelfsverfahren gelten sinngemäß (Art. 97 § 18a Abs. 2 EGAO).
3. Vorläufige Steuerfestsetzungen
Ist eine Steuer hinsichtlich eines später weggefallenen Massenverfahrens gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig festgesetzt worden und ein Einspruch gegen den Steuerbescheid nicht anhängig, ist eine Endgültigkeitserklärung nicht erforderlich, wenn die Steuerfestsetzung nicht aus anderen Gründen aufzuheben oder zu ändern ist und der Stpfl. keine Endgültigkeitserklärung beantragt (§ 165 Abs. 2 Satz 3 AO). Die Vorläufigkeit endet in diesen Fällen mit Ablauf der ggf. nach § 171 Abs. 8 Satz 2 AO verlängerten Festsetzungsfrist (AO-Kartei NRW § 165 Karte 1 Tz. 7).
Anlage:
Folgende aufgeführte Punkte sind zwischenzeitlich aus dem Vorläufigkeitskatalog gestrichen worden, so dass ein Ruhen des Verfahrens wegen dieser Punkte nicht mehr in Betracht kommt:
Gestrichen im Hinblick auf den Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10.4.1997, 2 BvL 77/92 (BStBl 1997 II S. 518 mit dem die Regelungen des Steuerreformgesetzes 1990 (BStBl 1988 I S. 224) zur Aufhebung des Arbeitnehmer- und des Weihnachtsfreibetrages sowie zur Einführung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags (§ 9a Nr. 1 EStG) für verfassungsgemäß erklärt worden sind.
Art. 97 § 18a EGAO (Erledigung von Massenrechtsbehelfen) ist nicht anwendbar, da der in Gesetzeskraft erwachsende Tenor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.4.1997 nur Art. 1 Nummer 20 des Steuerreformgesetzes 1990 (Streichung der Regelungen des § 19 Absätze 3 und 4 EStG über den Weihnachts- und den Arbeitnehmerfreibetrag), nicht aber Art. 1 Nummer 12 des Steuerreformgesetzes 1990 (Einführung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags) betrifft. Insoweit wird auf die Bekanntmachung des Bundesministers der Justiz vom 26.6.1997 im BGBl 1997 I S.1690 verwiesen.
(BMF-Schreiben vom 24.9.1997, IV A 4 – S 0338 – 48/97/IV A 5 – S 0622 – 71/97, BStBl 1997 I S. 858)
(Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches) Arbeitszimmer (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG, ggf. i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG)
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Urteil vom 7.12.1999, 2 BvR 301/98 festgestellt, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG (beschränkte Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer) verfassungsgemäß ist.
Art. 97 § 18a EGAO (Erledigung von Massenrechtsbehelfen) ist insoweit nicht anwendbar, da diese Vorschrift nur für vor dem 1.1.1995 eingelegte Einsprüche gilt und § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 1996 anzuwenden ist (§ 52 Abs. 1 EStG i.d.F. des ...