Leitsatz

Bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge eines in Ausbildung befindlichen volljährigen Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist die von dem Kind entrichtete Einkommensteuer/Lohnsteuer mindernd zu berücksichtigen.

 

Sachverhalt

Die Tochter der Klägerin war für die Monate Januar bis Oktober 2000 als ausbildungsplatzsuchen-des Kind und für die Monate November und Dezember 2000 als Kind in Berufsausbildung für das Kindergeld zu berücksichtigen. Mit Bescheid vom 7. 6. 2001 hat die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 2000 aufgehoben, da die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag in Höhe von 13.500 DM überstiegen. Im Klageverfahren macht die Klägerin geltend, dass bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge von dem Nettolohn der Tochter auszugehen und die gezahlte Lohnsteuer daher mindernd zu berücksichtigen sei.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG liegen die von der Tochter erzielten Einkünfte des Jahres 2000 unter der gesetzlichen Einkunftsgrenze gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Entsprechend der Entscheidung des BVerfG vom 11.1.2005 (2 BvR 167/02) ist der Relativsatz "die zur Bestreitung des Unterhaltes bestimmt und geeignet sind" nicht nur auf die Bezüge, sondern auch auf die Einkünfte des Kindes zu beziehen. Dies bedeutet, dass die Einkünfte um diejenigen Beträge, die von Gesetzes wegen weder dem Kind noch dessen Eltern verfügbar sind und deshalb keine Entlastung bei den Eltern bewirken können, nicht in die Berechnungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen sind. Bei der von dem Kind im Jahr 2000 gezahlten Einkommensteuer - gekürzt um die im Streitjahr aus 1999 erstattete Einkommensteuer - handelt es sich um Beträge, die von Gesetzes wegen dem Kind oder dessen Eltern nicht verfügbar sind und deshalb keine Entlastung bei den Eltern bewirken können, sondern anderen Zwecken als der Bestreitung des Unterhaltes zu dienen bestimmt sind. Das BVerfG hat ausdrücklich offengelassen, welche Beträge es nicht in die Bemessungsgröße einbeziehen will. Gleichzeitig hat das BVerfG deutlich gemacht, das es sich bei der Entscheidung hinsichtlich der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge um eine beispielhafte Aufzählung handelte.

 

Hinweis

Bei dem vorstehenden Urteil handelt es sich um die erste Entscheidung eines FG zur Berücksichtigung der von einem Kind gezahlten Einkommensteuer/Lohnsteuer bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage wurde die Revision zugelassen, welche auch inzwischen eingelegt wurde (Az. beim BFH: III R 32/06). In vergleichbaren Fällen sollten Betroffene Eltern unter Hinweis auf das o.a. Revisionsverfahren Einspruch einlegen und auf das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO verweisen.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 09.03.2006, 6 K 2092/01

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