Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
Miteigentumsanteile an einem während der ersten Ehe nach § 7b EStG erhöht abgeschriebenen und vor der Scheidung verkauften Einfamilienhaus gelten wieder als ein Objekt, wenn die geschiedenen Ehegatten später erneut die Ehe eingehen und die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen.
Normenkette
§§ 10e, 34f EStG
Sachverhalt
Die Kläger erwarben während ihrer ersten Ehe gemeinschaftlich ein Einfamilienhaus, das sie gem. § 7b EStG abschrieben und nach ihrer Trennung veräußerten. Nach der anschließenden Scheidung erwarb die Klägerin mit ihrem zweiten Ehemann gemeinschaftlich ein Haus, für das die Grundförderung nach § 10e EStG in Anspruch genommen wurde.
Im Jahr 1991 wurde die zweite Ehe geschieden; zuvor – solange die Zusammenveranlagungsvoraussetzungen noch bestanden – übertrug der Ehemann seinen Miteigentumsanteil auf die Klägerin. Im Mai 1992 heiratete die Klägerin wieder ihren ersten Ehemann und machte im Streitjahr 1993 für das (zweite) Haus die volle Grundförderung nach § 10e EStG und die Steuerermäßigung nach § 34f EStG für vier Kinder geltend.
Das FA lehnte eine Förderung wegen Objektverbrauchs ab, das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt.
Entscheidung
Das zweite Haus gilt als förderungsfähiges zweites Objekt i.S.d. § 10e EstG. Zwar war nach ständiger Rechtsprechung der Miteigentumsanteil der Klägerin an dem ersten Haus mit der Trennung von ihrem ersten Mann neben dem Miteigentumsanteil ihres ersten Ehemanns als zweites Objekt i.S.d. § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG zu behandeln, mit der Folge, dass bei jedem Ehegatten Objektverbrauch eintrat (vgl. BFH, Urteil vom 15.3.2000, X R 56/97, BStBl II 2000, 419) und die Miteigentumsanteile auch nach der erneuten Heirat mit einem anderen Partner selbstständige Objekte blieben (BFH, Urteil vom 24.7.1996, X R 20/93, BStBl II 1996, 603).
Sie bleiben nach Auffassung des X. Senats aber nicht selbstständige Objekte, wenn die geschiedenen Ehegatten nicht mit anderen Partnern, sondern erneut miteinander die Ehe eingehen. Vielmehr sind die Miteigentumsanteile dann wieder – wie vor der Scheidung der ersten Ehe – als ein Objekt mit der Folge nur eines Objektverbrauchs zu beurteilen, solange die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen.
Damit werden die geschiedenen Eheleute nach Wiederverheiratung mit den Ehegatten gleichgestellt, die vor der Eheschließung ein Objekt gemeinsam erworben und hierfür erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG oder Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG in Anspruch genommen haben. Dies gilt nach Auffassung des Senats selbst dann, wenn im Zeitpunkt der zweiten Eheschließung der Begünstigungszeitraum bereits abgelaufen und das Objekt veräußert war. Der Wortlaut des § 7b Abs. 6 Sätze 1 EStG ("Ist ... mehreren Steuerpflichtigen zuzurechnen") steht nicht entgegen, weil er lediglich zum Ausdruck bringt, dass ein Miteigentumsanteil einem begünstigten Objekt gleichsteht und deshalb auch insoweit Objektverbrauch eintreten kann (vgl. BFH, Urteil vom 28.7.1993, IX R 74/91, BStBl II 1994, 921).
Auch die Formulierung in § 7b Abs. 6 Satz 2 EStG ("dem Steuerpflichtigen und seinem Ehegatten zuzurechnen ist") besagt nur, dass Miteigentumsanteile von Ehegatten an einem gemeinsamen Objekt als ein Objekt im Sinn des Objektverbrauchs gelten, wenn bei den Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG (unbeschränkte Steuerpflicht, kein dauerndes Getrenntleben) vorliegen. Ob Miteigentumsanteile als ein Objekt gelten, hängt danach allein davon ab, ob die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG in dem zu beurteilenden Veranlagungszeitraum vorliegen.
Die Regelung soll die Inanspruchnahme der steuerlichen Vergünstigung für insgesamt zwei Objekte auch in den häufig vorkommenden Fällen ermöglichen, in denen die Ehegatten Objekte zu Miteigentum erwerben, damit die Miteigentümer-Ehegatten nicht schlechter gestellt sind als die Ehegatten, von denen nur einer das Objekt zu Alleineigentum erwirbt. Hätte im Streitfall das Wohnhaus entweder der Klägerin oder dem Kläger allein gehört, wäre Objektverbrauch nur für ein Objekt eingetreten.
Hinweis
Die Entscheidung stellt erneut in zweiter Ehe miteinander verheiratete Eheleute hinsichtlich des Objektverbrauchs bei der Förderung nach § 10e EStG mit Ehegatten gleich, die bereits vor der Eheschließung gemeinsam ein nach § 7b EStG begünstigtes Objekt zu Miteigentum erworben haben; deren Miteigentumsanteile werden durch die Eheschließung während des laufenden Begünstigungszeitraums zu einem Objekt im Sinn der Objektbegrenzung des § 7b Abs. 5 Satz 1 EStG mit der Folge, dass ein durch die ursprüngliche Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen für die beiden Miteigentumsanteile vor der Ehe eingetretener Objektverbrauch durch die Eheschließung suspendiert wird (BFH, Urteile vom 15.11.1994, IX R 73/92, BStBl II 1995, 374, und vom 15.3.2000, X R 56/97, BStBl II 2000, 419).
Nach Auffassung der Finanzverwaltung wird der Objektverbrauch auch dann suspendiert, wenn die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erst nach Ablauf des Begünstigungszeitraums eing...