Leitsatz
1. Verzichtet ein Gesellschafter-Geschäftsführer gegenüber seiner Kapitalgesellschaft auf eine bereits erdiente (werthaltige) Pensionsanwartschaft, ist darin nur dann keine verdeckte Einlage zu sehen, wenn auch ein fremder Geschäftsführer unter sonst gleichen Umständen die Pensionsanwartschaft aufgegeben hätte.
2. Wurzelt die Zusage der Altersversorgung im Anstellungsvertrag, führt der Verzicht auf die erdiente und werthaltige Anwartschaft zu einem Lohnzufluss in Höhe des Teilwerts.
3. Insoweit handelt es sich um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, bei der die Anwendung der Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 EStG) in Betracht kommt.
Normenkette
§ 6a, § 11 Abs. 1 Satz 1, § 19 Abs. 1, § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 EStG, § 2 Abs. 1 BetrAVG
Sachverhalt
Der Kläger war im Streitjahr (2003) alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. In seinem Anstellungsvertrag war u.a. geregelt, dass er eine Pension auf Lebenszeit erhalten sollte. Die GmbH sagte ihm deshalb sofort – unverfallbar und zivilrechtlich wirksam – eine betriebliche Altersversorgung i.H.v. 22.000 DM monatlich zu. Sie behielt sich allerdings vor, bei einer nachhaltigen und wesentlichen Veränderung der Verhältnisse, die zugesagten Leistungen zu kürzen oder einzustellen.
Mit Wirkung Dezember 2002 wurde das Gehalt des Klägers herabgesetzt. Zudem wurde zur Vermeidung einer Überversorgung vereinbart, das Ruhegehalt ab 2003 gemäß dem Urteil des BFH vom 13.11.1975, IV R 170/73 auf 75 % des zuletzt bezogenen Gehalts, mithin auf 4.350 EUR anzupassen. Aufgrund dieser Änderung löste die GmbH die bestehende Rückstellung für die Pension des Klägers im Jahresabschluss für das Streitjahr teilweise auf.
Im Anschluss an eine bei der GmbH durchgeführte Außenprüfung erließ das FA gegenüber dem Kläger einen geänderten Einkommensteuerbescheid und erhöhte wegen des Pensionsverzichts dessen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit um 151.284 EUR. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das FG ab (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.12.2015, 8 K 380/13, Haufe-Index 9334483, EFG 2016, 1077).
Entscheidung
Auf die Revision des Klägers hob der BFH das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das habe zwar zutreffend darauf erkannt, dass dem Kläger im Wege der verdeckten Einlage Arbeitslohn i.H.v. 151.284 EUR zugeflossen sei. Allerdings habe das FG noch Feststellungen zur Anwendung der Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 EStG) nachzuholen. Denn die fiktiv zugeflossene Pensionsanwartschaft sei eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit.
Hinweis
1. Arbeitslohn kann einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft auch durch einen Verzicht auf eine Forderung i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zufließen, soweit dadurch eine verdeckte Einlage erbracht wird (BFH, Beschluss vom 9.6.1997, GrS 1/94, BFH/NV 1997, 391; BFH, Urteil vom 15.5.2015, VI R 24/12, BFH/NV 2013, 1694, BFH/PR 2013, 394).
2. Eine verdeckte Einlage liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Gesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass der Gesellschafter hierfür neue Gesellschaftsanteile erhält, und wenn diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Letztere Voraussetzung ist gegeben, wenn ein Nichtgesellschafter der Gesellschaft den Vermögensvorteil bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht eingeräumt hätte (BFH, Urteil vom 20.7.2005, X R 22/02, BFH/NV 2005, 2111, m.w.N.).
3. Danach liegt eine verdeckte Einlage vor, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer (ganz oder teilweise) auf einen (werthaltigen) Pensionsanspruch verzichtet.
a) Denn mit dem Verzicht auf seine im Zeitablauf als Vergütung für erbrachte Leistungen erdiente Anwartschaft wendet er der Kapitalgesellschaft einen Vermögensvorteil zu. Denn diese wird im Gegenzug von ihrer Verpflichtung auf Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung befreit und hat die insoweit gebildete Rückstellung nach § 6a EStG aufzulösen.
b) Ein solcher Verzicht auf eine bereits erdiente werthaltige Pensionsanwartschaft ist regelmäßig durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Eine andere Wertung kommt nur in Betracht, wenn auch ein fremder Geschäftsführer unter sonst gleichen Umständen die Pensionsanwartschaft aufgegeben hätte. Dies kann nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen werden. Denn selbst wenn sich die wirtschaftliche Lage der Kapitalgesellschaft nach Zusage des Ruhegehalts wesentlich verschlechtert, wird ein fremder Geschäftsführer regelmäßig nur dann auf eine bereits erdiente (werthaltige) Pensionsanwartschaft verzichten, wenn die Versorgungszusage eine Widerrufsmöglichkeit für diesen Fall vorsieht oder die Kapitalgesellschaft aus anderen Gründen einen Anspruch auf Anpassung der Versorgungszusage auch für die Vergangenheit hat (BFH, Urteil vom 8.11.2000, I R 70/99, BFH/NV 2001, 866).
4. Nichts anderes gilt, wenn der "Pensionsverzicht" mit einer daue...