OFD Hannover, Verfügung v. 5.10.1999, S 7170 - 26 - StO 351/S 7170 - 48 - StH 532
Bezug: FinMin Niedersachsen vom 26.4.1985, S 7170 – 19 – 321
Der Bundesminister der Finanzen hat dem Berufsverband Deutscher Psychologen, Bonn, mit Schreiben vom 15.4.1985, IV A 3 – S 7170 – 8/85 (entspricht FinMin Nordrhein-Westfalen vom 25.4.1985, S 7170 – 17 – V C 2) im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes mitgeteilt:
1. Die heilberufliche Tätigkeit derjenigen nichtärztlichen Psychotherapeuten, die die Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes besitzen, ist nach § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die Berufsbezeichnung Heilpraktiker braucht von den nichtärztlichen Psychotherapeuten zur Erlangung der Steuerbefreiung nicht geführt zu werden.
2. Diejenigen nichtärztlichen Psychotherapeuten, die die Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes nicht besitzen, können die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG nur in Anspruch nehmen, wenn sie glaubhaft machen, dass ihnen die Patienten durch einen Arzt zugewiesen worden sind Abschn. 90 Abs. 3 UStR 1996). Die Glaubhaftmachung kann in jeder geeigneten Weise erfolgen. Eine besondere Form der Glaubhaftmachung ist nicht vorgesehen. Die Einsichtnahme in Patientenkarteien oder andere Behandlungsunterlagen des Psychotherapeuten oder des zuweisenden Arztes durch Angehörige der Steuerbehörde ist jedoch nicht statthaft.
Ich bitte, eine entsprechende Auffassung für Kalenderjahre bis einschließlich 1998 zu vertreten.
Zusatz der OFD Hannover:
Zur Frage, wie die inAbschn. 90 Abs. 3 UStR 1996 für die Steuerfreiheit geforderte „Zuweisung der Patienten durch einen Arzt” glaubhaft gemacht werden kann, bemerke ich:
1. Die Zuweisung von Kassenpatienten an nichtärztliche Psychotherapeuten vollzieht sich nach dem sog. Delegationsverfahren. Der nichtärztliche Psychotherapeut wird hierbei als Subunternehmer für den delegierenden Arzt unter dessen allgemeiner Verantwortung tätig. Dementsprechend rechnet der nichtärztliche Psychotherapeut mit dem Delegationsarzt ab. Dieser kann aber auch seinen Honoraranspruch gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung für die nichtärztlichen Psychotherapeutischen Leistungen an den hinzugezogenen Psychotherapeuten abtreten. In diesem Fall erhält der nichtärztliche Psychotherapeut seine Vergütung unmittelbar von der kassenärztlichen Vereinigung.
Bei psychotherapeutischen Behandlungen außerhalb des Delegationsverfahrens entstehen ausschließlich Rechtsbeziehungen zum Patienten, vom dem der nichtärztliche Psychotherapeut auch sein Honorar erhält.
Die Zuweisung der Patienten durch einen Arzt kann daher bei Kassenpatienten durch Vorlage entsprechender Abrechnungs- und Bankkontobelege glaubhaft gemacht werden.
2. Die ärztliche Zuweisung bei anderen Patienten wird sich regelmäßig nur aus den Behandlungsakten ergeben. Die Einsichtnahme in diese Unterlagen ist jedoch nicht statthaft (vgl. vorstehenden Erlass des FinMin Niedersachsen vom 26.4.1985 und Hübschmann-Hepp-Spitaler, AO, § 102 Anm. 26). Der nichtärztliche Psychotherapeut ist deshalb verpflichtet, auf Anforderung des Finanzamts für jeden seiner zugewiesenen Patienten – unbeschadet der allgemeinen Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG, § 63 UStDV – Aufzeichnungen zu fertigen, aus denen sich der Name des zuweisenden Arztes, der Tag der Zuweisung, die einzelnen Besuche und die Höhe der vereinnahmten Honorare ergeben.
Auf die Benennung der zugewiesenen Patienten ist – entgegen der bisher vertretenen Rechtsauffassung – zu verzichten, weil sich das Auskunftsverweigerungsrecht der ärztlichen Gehilfen nach § 102 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 c AO auch auf die Identität des Patienten und die Tatsache seiner Behandlung bezieht (vgl. Hübschmann-Hepp-Spitaler, AO, § 102 Anm. 43).
Ab dem Kalenderjahr 1999 sind die Leistungen der nichtärztlichen Psychotherapeuten gem. § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei, da aufgrund der nunmehr vorhandenen Berufsregelung im „Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten …” vom 16.6.1998 (BGBl 1998 I S. 1311, BStBl 1998 I S. 936) eine Anerkennung als Heilhilfsberuf möglich ist.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14