Entscheidungsstichwort (Thema)
Erinnerung gegen Kostenfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Berechnung der Gebühren im finanzgerichtlichen Verfahren.
- Werden zwei Verfahren erst verbunden, nachdem sie einzeln aufgerufen waren und der Rechtsanwalt seine Vertretungsbereitschaft in beiden Verfahren erklärt hat, fallen in beiden Verfahren gesonderte Terminsgebühren an. Gebühren, die ein Anwalt einmal verdient hat, kann dieser nicht mehr verlieren.
Normenkette
RVG § 2 Abs. 2, § 13
Tatbestand
Streitig ist, wie sich die Verbindung von Verfahren auf die Höhe der Terminsgebühr der Prozessbevollmächtigten auswirkt.
Die Erinnerungsführerin betrieb – vertreten durch eine Rechtsanwaltssozietät – die Klageverfahren 6 K xxx u. a. wegen Körperschaftsteuer 1994 - 1995 und 6 K yyy u. a. wegen Körperschaftsteuer 1996 – 1998. Streitig war die Angemessenheit von Geschäftsführervergütungen und von Pachtzahlungen.
Am 20. Februar 2007 fand in beiden gleichzeitig terminierten Verfahren ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vor dem Berichterstatter statt. Dabei wurden die Sachen nach Aufruf und Eröffnung des Erörterungstermins sowie Feststellung der Anwesenheit u. a. eines Prozessbevollmächtigten durch Beschluss zur gemeinsamen Erörterung verbunden. In der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2008 wurden die Sachen ebenfalls nach Aufruf und Eröffnung der mündlichen Verhandlung sowie Feststellung der Anwesenheit u. a. eines Prozessbevollmächtigten durch Beschluss zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. In dem Urteil legte der Senat die Kosten des Rechtsstreits dem Finanzamt zu … auf.
In den beiden Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 24. Februar 2009 zu den Aktenzeichen 6 K xxx und 6 K yyy berücksichtigte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle lediglich eine Terminsgebühr nach dem Gesamtstreitwert nach Verbindung der Verfahren, die er im Verhältnis der Einzelstreitwerte den beiden Verfahren zuordnete.
Hiergegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit ihrer am 6. März 2009 eingegangenen Erinnerung. Sie meint, es seien in beiden Verfahren Terminsgebühren nach den Einzelstreitwerten angefallen. Die Verbindung zur gemeinsamen Erörterung sei erst nach der Eröffnung des Erörterungstermins erfolgt, bei der der Prozessbevollmächtigte verhandlungsbereit anwesend gewesen sei. Einmal entstandene Gebühren könnten nicht mehr entfallen.
Der Erinnerungsgegner (das Finanzamt) hält die Berechnung der Terminsgebühr für zutreffend. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung unter Hinweis auf den Beschluss des 16. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 29. Oktober 2007 (16 KO 6/07, EFG 2008, 242) nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere innerhalb der Zweiwochenfrist des § 149 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) eingelegte Erinnerung hat Erfolg. Der Erinnerungsführerin steht eine Terminsgebühr nach dem Einzelstreitwert des Ausgangsverfahrens 6 K xxx zu.
1. Die Gebühren im Verfahren vor den öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten wie dem Finanzgericht berechnen sich gemäß §§ 2 Abs. 2, 13 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Verbindung mit dem 3. Teil des Vergütungsverzeichnisses (VV RVG). Für das Finanzgericht ist nach Vorbemerkung 3.2.1 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG der Abschnitt mit den Gebührennummern 3200 – 3205 einschlägig. Der Prozessbevollmächtigte hat danach in Verfahren der Finanzgerichtsbarkeit neben der Verfahrensgebühr Anspruch auf eine Terminsgebühr (Nr. 3200 und 3202 VV RVG). Gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG entsteht die mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eingeführte Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin. Sie soll nach der amtlichen Gesetzesbegründung „sowohl die bisherige Verhandlungs- (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung – BRAGO) als auch die Erörterungsgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO) ersetzen. Dabei soll es künftig nicht mehr darauf ankommen, ob in dem Termin Anträge gestellt werden oder ob die Sache erörtert wird. Vielmehr soll es für das Entstehen der Gebühr genügen, dass der Rechtsanwalt einen Termin wahrnimmt” (BT-Drucks. 15/1971, 209; ebenso Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 18. Auflage, 2008, Vorbemerkung 3 VV RVG. 29).
Werden zwei Verfahren erst verbunden, nachdem sie einzeln aufgerufen waren und der Rechtsanwalt seine Vertretungsbereitschaft in beiden Verfahren erklärt hat, fallen in beiden Verfahren gesonderte Terminsgebühren an. Es ist nach der durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geschaffenen Rechtslage auf den Beginn des Termins und die Vertretungsbereitschaft zu diesem Zeitpunkt abzustellen (Hanseatisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. Februar 2009 3 So 197/08, juris; Kammergericht Berlin, Beschluss vom 13. Januar 2009 5 W 207/07, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 17. April 2007 4 C 07.659, NVwZ 2008, 504; Verwaltungsgericht Stuttgart, Beschluss vom 3. September 2008 A 5 K 2451/08, AuAs 2008, 250; Verwaltungsgeric...