Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass von Einfuhrumsatzsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen eines Erlasses nach § 227 AO.
- Der Unternehmer kann die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
- Während das Tatbestandsmerkmal „für sein Unternehmen” in § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nur der Abgrenzung dient, ob der Leistungsempfänger die bezogene Leistung im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit einsetzt, ist es in § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG auch für die Bestimmung des Unternehmers maßgebend, dem die Abzugsberechtigung zusteht. Die sich daraus ergebenden sachlichen Unterschiede für die Vorsteuerabzugsberechtigung sind vom Gesetzgeber gewollt. Möglicherweise sich ergebende Härten können daher nicht im Wege einer Billigkeitsmaßnahme korrigiert werden.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nrn. 1-2
Streitjahr(e)
1997
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Umsatzsteuer und darauf entfallende Zinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen sind, weil die Klägerin gezahlte Einfuhrumsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen kann.
Die Klägerin betrieb ein Unternehmen, das den An- und Verkauf sowie die Vermittlung von Immobilien zum Gegenstand hatte. Im Jahr 19.. errichtete sie in…ein Fertighaus. Für Materialeinfuhrgeschäfte des mit der Durchführung des Bauvorhabens beauftragten Bauunternehmens entrichtete sie gegenüber dem Hauptzollamt (HZA) Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von ... DM, die sie im Rahmen der Umsatzsteuererklärung 19.. als Vorsteuer abzog. Durch Mitteilung vom 8. September 1997 stimmte der Beklagte (das Finanzamt – FA -) dieser Umsatzsteuererklärung zu.
Im Anschluss an eine Außenprüfung stellte sich der Prüfer auf den Standpunkt, dass die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. Abschnitt 199 Abs. 4 der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) nicht erfüllt seien, weil im Zeitpunkt der Materialeinfuhr nicht die Klägerin, sondern das Bauunternehmen die Verfügungsmacht über das Baumaterial innegehabt habe.
Unter dem 12. Juli 2001 erteilte das FA einen dieser Prüfungsfeststellung entsprechenden Umsatzsteuerbescheid für 1996. Zugleich setzte es Nachzahlungszinsen in Höhe von 6.162,00 DM zur Umsatzsteuer fest.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2001, das am selben Tag bei dem FA einging, stellte der damalige steuerliche Berater der Klägerin einen Erlassantrag, mit dem er den Erlass der auf die Versagung des Vorsteuerabzugs entfallenden Umsatzsteuer sowie der darauf entfallenden Zinsen begehrte. Zur Begründung machte er geltend, dass die Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer gegenüber der Klägerin zu Unrecht erfolgt sei. Nicht sie, sondern das Bauunternehmen sei Steuerschuldnerin gewesen. Zugleich beantragte er die Aussetzung der Vollziehung. Einen als Einspruch bezeichneten Rechtsbehelf gegen den Umsatzsteuerbescheid vom 12. Juli 2001 legte die Klägerin nicht ein.
Durch Bescheid vom 30. August 2001 lehnte das FA den Erlassantrag ab. Es stellte sich auf den Standpunkt, dass die Nichtabziehbarkeit möglicherweise zu Unrecht gezahlter Einfuhrumsatzsteuer eine Folge der gesetzlichen Regelung des Vorsteuerabzugs sei. Daraus resultierende Härten seien daher vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden und könnten nicht durch Billigkeitsmaßnahmen korrigiert werden.
Mit einem am 1. Oktober 2001 bei dem FA eingegangenen Schreiben machten die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend, dass das Schreiben vom 19. Juli 2001 richtigerweise als Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid zu werten gewesen sei. Nur vor diesem Hintergrund sei der damit verbundene Antrag auf Aussetzung der Vollziehung verständlich.
Hilfsweise legten sie Einspruch gegen die Ablehnung des Erlassantrages ein. Zur Begründung machten sie unter Hinweis auf die BFH-Urteile vom 22. Februar 2001 V R 5/99 (BFH/NV 2001, 997), 8. März 2001 V R 61/97 (BFH/NV 2001, 98) und vom 22. März 2001 V R 11/98 (BFH/NV 2001, 1088) geltend, dass ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen geboten sei, weil nach dem System des Umsatzsteuerrechts eine endgültige Belastung des Unternehmens mit der im Rahmen seines Unternehmens gezahlten Umsatzsteuer vermieden werden solle.
Durch Einspruchsbescheid vom 8. Februar 2002 wies das FA den Einspruch aus den Gründen des Ablehnungsbescheids als unbegründet zurück.
Zuvor hatte das HZA einen Antrag der Klägerin auf Erstattung, Erlass bzw. Aufhebung der gezahlten Einfuhrumsatzsteuer abgelehnt. Hiergegen hat die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben, die bei dem Finanzgericht Hamburg anhängig ist.
Mit der am 11. März 2002 erhobenen Klage gegen die Ablehnung ihres Erlassantrages wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung seines ablehnenden Bescheid...