vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 24/14)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und Rückforderung bei Pflichtverletzung des volljährigen Kindes?
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG.
- Der Kindergeldanspruch setzt eine Meldung bei der Arbeitsagentur voraus. Das Kind muss sich tatsächlich bei der Arbeitsagentur gemeldet haben.
- Das Nichterscheinen eines Kindes zum Termin bei der Arbeitsvermittlung ohne Angabe von Gründen kann eine Pflichtverletzung i. S. des § 38 Abs. 2 Satz 1 SGB III begründen.
- Die Wirksamkeit der Abmeldung und Einstellung der Arbeitsvermittlung verlangt indes die Bekanntgabe des Verwaltungshandelns an den Arbeitsuchenden.
- Die schuldhafte Versäumung eines Vorsprachetermins bei fehlender Bekanntgabe der Vermittlungseinstellung durch die Arbeitsagentur kann nicht zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1; SGB X §§ 31, 37, 39; SGB III § 38 Abs. 3 S. 2
Streitjahr(e)
2012, 2013
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Berechtigung der Beklagten, die Kindergeldfestsetzung für die Tochter des Klägers für den Zeitraum Oktober 2012 bis März 2013 gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) aufzuheben und zu viel gezahltes Kindergeld i.H.v. 1.104 EUR nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zurückzufordern.
Der Kläger ist Vater der …1993 geborenen M. M befand sich bis Juli 2012 in Schulausbildung. Am 9. August 2012 meldete sich M bei der Bundesagentur für Arbeit (Arbeitsagentur) als arbeitsuchend ohne Arbeitslosengeldanspruch. Hierbei erhielt sie eine Einladung in die Arbeitsvermittlung am 11. September 2012. Gleichzeitig wurde sie in die Berufsberatung der Arbeitsagentur aufgenommen und bekam einen Termin zur Berufsberatung am 4. September 2012. Am gleichen Tag beantragte der Kläger bei der Familienkasse die Gewährung von Kindergeld für ein volljähriges Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. In seinem Antrag gab er an, dass M seit 9. August 2012 einen Ausbildungsplatz/Studienplatz suche und bei der Arbeitsagentur registriert sei. Die Beklagte gewährte daraufhin weiter fortlaufend Kindergeld für M.
Am 4. September 2012 teilte M der Arbeitsagentur um 09:15 Uhr per E-Mail mit, dass sie es heute zeitlich nicht mehr schaffe, den Termin um 09:30 Uhr wahrzunehmen und bat den Termin eventuell auf die nächste Woche zu verschieben. Am 11. September 2012 nahm sie den Termin bei der Arbeitsvermittlung der Arbeitsagentur ohne Angabe von Gründen nicht wahr. Noch am selben Tag erfolgte die (interne) Abmeldung aus der Arbeitsvermittlung durch die Arbeitsagentur. Am 24. September 2012 erschien M zu einem weiteren Termin bei der Berufsberatung ohne Angabe von Gründen nicht.
Erst am 23. April 2013 setzte sich M wieder mit der Arbeitsagentur in Verbindung und erhielt für den 29. April 2013 einen Termin zur Berufsberatung, den sie auch wahrnahm.
Infolge eines routinemäßigen Datenabgleichs hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 14. Mai 2013 ab Oktober 2012 gemäß § 70 Abs. 2 EStG auf und forderte das für den Zeitraum Oktober 2012 bis Mai 2013 i.H.v. 1.472 EUR gezahlte Kindergeld zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass nach den Daten der für die Arbeitsvermittlung zuständigen Stelle M dort nicht bzw. nicht mehr als arbeitsuchendes Kind geführt werde. Näheres hierzu sei der Beklagten nicht bekannt. Der Bescheid enthielt die Aufforderung sich gegebenenfalls mit der zuständigen Stelle in Verbindung zu setzen.
Am 17. Mai 2013 legte der Kläger Einspruch gegen den Aufhebung- und Rückforderungsbescheid ein. Zur Begründung führte er aus, dass ihm und auch seiner Tochter nicht bekannt gewesen sei, dass diese nicht mehr als „arbeitsuchend” geführt werde. Für die Versäumnis eines persönlichen Gesprächstermins habe sich M per E-Mail entschuldigt, eine Antwort hierauf jedoch nicht erhalten. Sowohl der Kläger als auch M seien davon ausgegangen, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld weiter vorgelegen hätten. Eine gegenteilige Mitteilung sei nicht erfolgt. Bis dato ginge M weder einer Beschäftigung nach, noch habe sie einen Ausbildungsplatz.
Mit Einspruchsbescheid vom 5. Juni 2013 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, weil die besonderen Anspruchsvoraussetzungen zur Berücksichtigung volljähriger Kinder nicht vorgelegen hätten. Zur weiteren Begründung führte sie aus, dass eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht möglich sei, weil M im Streitzeitraum nicht bei einer Agentur für Arbeit bzw. des Leistungsträgers nach dem SGB II (Job-Center) arbeitsuchend gemeldet gewesen sei. Die Abmeldung wegen fehlender Verfügbarkeit sei am 11. September 2012 erfolgt.
Mit seiner am 4. Juli 2013 beim Niedersächsischen Finanzgericht erhobenen K...