Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung von Entgelten für Schulden Saldierung von Zinserträgen und aufwendungen innerhalb eines “Cash-Pooling-Systems”
Leitsatz (redaktionell)
- Verträge im Rahmen eines Cash-Pooling-Systems sind als wechselseitige Darlehensverträge zu qualifizieren. Die damit zuhängenden Entgelte sind daher im Rahmen des § 8 Nr. 1a GewStG zu erfassen.
- Eine Saldierung mit Zinserträgen aus dem Cash-Pool für die der Konzernmutter gewährten Darlehen kommt nicht in Betracht.
- Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1a GewStG gegeben sind muss grds. jedes einzelne Schuldverhältnis für sich beurteilt werden.
- Die Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse ist nicht schon deshalb möglich, weil sie ohne einander nicht denkbar sind.
- Mehrere Verbindlichkeiten sind ausnahmsweise nur dann als einheitliche Schuld zu erwerten, wenn die einzelnen Schuldverhältnisse wirtschaftlich zusammenhängen und es dem Zweck des § 8 Nr. 1 GewStG widerspräche, diesen Zusammenhang unberücksichtigt zu lassen.
- Im Rahmen eines Cash-Pool-Systems scheitert die Saldierung von Zinsaufwand und ertrag bezogen auf die Konten verschiedener Kreditinstitute schon dann, wenn die einzelnen Cash-Managementverträge zu unterschiedlichen Bedingungen abgeschlossen worden ist.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1a
Streitjahr(e)
2010
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Hinzurechnung von Entgelten für Schulden gem. § 8 Satz 1 Nr. 1a GewStG (i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 - BGBl. I, 1912) Zinserträge und Zinsaufwendungen innerhalb eines “Cash-Pooling-Systems” zu saldieren sind.
Die Klägerin ist als Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung Teil der .. Unternehmensgruppe, deren Mutterkonzern die …AG mit Sitz in Österreich ist. Die Anteile an der Klägerin werden zu 100 % von der Muttergesellschaft gehalten. Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Erbringung von Dienstleistungen an andere Unternehmen der … Gruppe.
Die Gesellschaften der … Firmengruppe, auch die Klägerin, beteiligen sich zur Zins- und Finanzierungsoptimierung an einer Liquiditätsbündelung ihrer Konten (sog. Cash-Pooling). Dazu führt die … AG als Poolführerin ein bzw. mehrere “Zielkonten” bei verschiedenen Kreditinstituten und die Klägerin, sowie weitere Tochtergesellschaften führen sog. “Quellkonten”. Der Saldo der Quellkonten wird im Wege eines automatischen Cash-Managements bankarbeitstäglich auf Null gestellt, indem entweder ein Guthaben auf dem Quellkonto dem Zielkonto der Muttergesellschaft gutgeschrieben wird oder ein negativer Saldo auf dem Quellkonto durch Überweisung vom Zielkonto ausgeglichen wird. Der Kontenausgleich findet unabhängig davon statt, ob ein Guthaben einer Tochtergesellschaft benötigt wird, um einen Debetsaldo einer anderen Tochtergesellschaft auszugleichen.
Die vertragliche Gestaltung des Cash-Pooling Systems erfolgte durch einen zwischen der Klägerin und der … AG - der Muttergesellschaft - geschlossenen Rahmenkreditvertrag vom … Danach gewährt die Muttergesellschaft als Darlehensgeberin der Klägerin einen Rahmenkredit zur freien Verfügung. Nach dem Vertrag beschränkt sich die Höhe des Kredits auf die zum jeweiligen Zeitpunkt erforderlichen Mittel zur Durchführung der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Klägerin. Zudem wird in dem Kreditvertrag ausgeführt: “Der Zinssatz wird auf 5,50 % p.a. festgesetzt und gilt für Guthaben des Darlehensnehmers gleichermaßen… Die technische Abwicklung des Darlehens erfolgt über ein oder mehrere ACMS-Verrechnungskonten (Automatisches Cash Management System). Darlehensgeber und Darlehensnehmer vereinbaren, dass der Darlehensgeber die Kreditinstitute und die Konten festlegt, über die die Abwicklung erfolgen soll. Es gelten die Sondervereinbarungen der Cash Concentrating Verträge der jeweiligen Kreditinstitute.”
Ferner schlossen die Klägerin und die … AG u.a. mit der HSBC Trinkhaus & Burkhardt AG, mit der HSH Nordbank und mit der Commerzbank Verträge über die Durchführung des automatischen Cash-Managements für die dort errichteten Ziel- und Quellkonten. Die Konten wurden in unterschiedlichen Währungen (EUR, USD, AUD, GBP) geführt. Inhalt der Verträge war jeweils der Auftrag an die Bank, die Guthaben auf den Quellkonten an jedem Arbeitstag auf das Zielkonto zu übertragen und Debetsalden auf den Quellkonten zulasten des Zielkontos auszugleichen. Hinsichtlich der Vereinbarungen im Einzelnen wird Bezug genommen auf die in den Steuerakten befindlichen Verträge.
Die Konzernmutter finanziert sich selber überwiegend durch Anleihen / Schuldverschreibungen auf USD Basis sowie durch kurz- und langfristige Darlehen in EUR und GBP. Der Durchschnittszinssatz lag in 2010 bei 4,16 %.
Zur buchmäßigen Erfassung führte die Klägerin für jedes Quellkonto ein gesondertes Verrechnungskonto. Zudem berechnete sie täglich für jedes Quellkonto die Zinsen (Aufwand oder Ertrag) und buchte diese monatlich saldiert als Zinsertrag (Konto...