Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbeprämien an Zeitungsausträger kein Arbeitslohn. Lohnsteuer-Pauschalierung 1985–1987
Nachgehend
Tenor
Unter Änderung des Nachforderungsbescheides vom 5. April 1988 und des dazu ergangenen Einspruchsbescheides vom 10. März 1994 wird die Lohnsteuer auf 50.327,06 DM herabgesetzt.
Die Kosten hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Hohe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob an Zeitungsausträger gezahlte Prämien für die Anwerbung neuer Abonnenten als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Lohnsteuer unterliegen.
Die Klägerin betreibt in Osnabrück ein Verlagsunternehmen. Dieses vertreibt u.a. eine Tageszeitung. Für die Anwerbung neuer Abonnenten erhalten die Zeitungsausträger Barprämien, deren Höhe sich im Streitzeitraum 1985 bis 1987 zunächst auf 30,– DM, später auf 35,– DM pro Abonnement belief. Darüber hinaus nahm jeder erfolgreiche Werber an zweimal im Jahr stattfindenden Gewinnauslosungen teil. In ihrer Mitarbeiterzeitschrift rief die Klägerin die Zeitungsausträger im Streitzeitraum wiederholt dazu auf, sich um die Ausweitung des Abonnentenkreises zu bemühen. Insgesamt zahlte sie im Streitzeitraum Werbeprämien in Höhe von 121.068,– DM an ihre Zusteller aus. Dem Lohnsteuerabzug unterwarf sie diese Zahlungen nicht.
Im Anschluß an eine Lohnsteueraußenprüfung, die in der Zeit zwischen dem 29. Februar 1988 und dem 13. April 1988 stattfand und sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 1985 bis zum 31. Dezember 1987 erstreckte, vertrat der Prüfer die Ansicht, daß es sich bei den ausgezahlten Werbeprämien um lohnsteuerpflichtige Einnahmen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit handele. Die darauf entfallende Lohnsteuer wurde von ihm für kurzfristig Beschäftigte mit einem Pauschsteuersatz von 10 v.H. (§ 40a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG –), für die übrigen Arbeitnehmer an Hand eines durchschnittlichen (Netto-)Steuersatzes von 28,2 v.H. (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG) ermittelt. Insgesamt ergab sich hierdurch eine Lohnsteuernachforderung in Höhe von 19.564,79 DM. Wegen der Ermittlung dieses Betrages im einzelnen wird auf die Nummern 10 bis 13 der Anlage 2 zum Prüfungsbericht vom 13. April 1988 (Bl. 158 u. 159 der Lohnsteuerarbeitgeberakte zu Steuernummer 204/00209) Bezug genommen. Durch einen Pauschalierungsbescheid, der das Datum des 5. April 1988 trägt, offenbar aber erst am 5. Mai 1988 zur Post gegeben wurde, setzte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) diesen Betrag sowie weitere – hier nicht streitige Beträge – gegen die Klägerin fest.
Hiergegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage. Die Klägerin macht geltend, daß die von ihr gezahlten Werbeprämien nicht als Arbeitslohn anzusehen seien. Sie würden für eine Nebentätigkeit bezahlt, die nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der von den Arbeitnehmern ausgeübten Haupttätigkeit stehe. Die Zeitungsausträger seien weder rechtlich noch faktisch zu einer Werbetätigkeit verpflichtet. Nach einer von ihr – der Klägerin – im Jahre 1994 angestellten Erhebung hätten in diesem Zeitraum nur 32,75 % der Zusteller neue Abonnenten geworben. Außerdem sei die Nebentätigkeit ihrer Art nach von der Haupttätigkeit verschieden und werde auch unter andersartigen organisatorischen Bedingungen ausgeübt. Während das Austragen der Zeitung eine rein mechanische Tätigkeit darstelle, erfordere die Werbetätigkeit Verkaufstalent und Überzeugungsvermögen. Sie werde in der Regel auch nicht in den frühen Morgenstunden, sondern außerhalb der normalen Austragungszeiten und nicht unter Aufsicht und Weisungsbefugnis des Arbeitgebers ausgeübt.
Der Umstand, daß die Zusteller fast ausschließlich in ihrem eigenen Zustellbezirk werbend tätig seien und gezielt solche Haushalte ansprächen, die noch nicht regelmäßige Bezieher der Zeitung seien, sei für die rechtliche Beurteilung unerheblich. Der für die Qualifikation als Arbeitslohn erforderliche unmittelbare Zusammenhang mit der Haupttätigkeit werde nicht bereits dadurch hergestellt, daß der Arbeitnehmer im Rahmen der Nebentätigkeit Fähigkeiten und Kenntnisse nutze, die er bei seiner unselbständigen Tätigkeit erworben habe. Ebenso unbeachtlich sei, daß den Werbebemühungen häufig die Verteilung kostenfreier Probeexemplare vorausgehe. Hierbei handele es sich um eine Werbemaßnahme des Verlages, die unabhängig davon erfolge, ob ein Werbegespräch vorbereitet werden solle oder nicht. Die Leistung, die dem Zusteller durch die Werbeprämie vergütet werde, sei die Vermittlung eines neuen Abonnements, die in aller Regel zusätzliche Tätigkeiten in Form eines Verkaufsgespräches mit den Kunden voraussetze.
Schließlich werde der unmittelbare Zusammenhang zwi...