vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 25/08)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines bestandskräftigen Bescheides bei nachträglicher Vorlage einer Bescheinigung gem. § 4 Nr. 21 a) bb) bzw. b) bb) UStG gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO
Leitsatz (redaktionell)
- Sind die an eine Musikschule e.V. erbrachten Leistungen gemäß § 4 Nr. 21b bb) UStG steuerfrei, werden die Umsätze aber besteuert, weil die erforderliche Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde im Sinne des § 4 Nr. 21 UStG nicht vorgelegt wird und erwächst der USt-Bescheid deshalb in Bestandskraft, so ist der Steuerbescheid zu ändern, wenn nachträglich die entsprechende Bescheinigung des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vorgelegt wird.
- Die Bescheinigung des Ministeriums stellt einen Grundlagenbescheid i. S. des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO dar.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 21a; AO § 175
Streitjahr(e)
2004
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob ein bestandskräftiger Steuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden kann.
Der Kläger ist als selbständiger Musiklehrer an der Musikschule H. e.V. tätig. Seine diesbezüglichen Umsätze sind – dies ist zwischen den Verfahrensbeteiligten inzwischen unstreitig – gem. § 4 Nr. 21 b bb) UStG steuerfrei. Die weiteren steuerpflichtigen Umsätze des Klägers betrugen 2003 4.045 € und 2004 4.920,- €.
Zum Zeitpunkt der Festsetzung der Umsatzsteuer 2004 mit Bescheid vom 19. September 2005 – in diesem Bescheid werden Umsätze in Höhe von 22.187,- € in Ansatz gebracht – lag keine ordnungsgemäße Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde im Sinne des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG über die Vorbereitung auf einen Beruf vor. Der entsprechende Umsatzsteuerbescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 27. Februar 2006 beantragte der Kläger, den Umsatzsteuerbescheid vom 19. September 2005 gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern, weil die Umsätze steuerfrei seien. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 8. März 2006 ab unter Hinweis darauf, dass einerseits keine Bescheinigung gem. § 4 Nr. 21 a bb) UStG für den Kläger vorliege, andererseits auch nicht die Voraussetzungen der Änderungsvorschrift vorliegen würden. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein.
Während des laufenden Einspruchsverfahrens bescheinigte das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit Datum vom 27. Juli 2006, dass die Musikschule H. e.V. gem. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG unter anderem mit dem Erteilen von Musikunterricht in den Kursen Instrumentenkarussel, Bariton, Posaune, Tenorhorn, Trompete, Tuba, Bläserklassen ab der Unterstufe (Anfänger) durch den Kläger auf einen Beruf (Aufnahmeprüfung an einer Fachhochschule für Musik) oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegenden Prüfung (Abitur) ordnungsgemäß vorbereitet. Die Bescheinigung wird ab dem 1. September 2001 zur Vorlage bei dem zuständigen Finanzamt erteilt. Mit gleichem Datum bescheinigte das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit Wirkung ab 1. Januar 2001, dass der vom Kläger als selbständiger Musiklehrer erteilte Musikunterricht in den Kursen Bariton, Posaune, Tenorhorn, Trompete, Tuba ab der Unterstufe (Anfänger) dazu geeignet ist, seine Schüler und Vertragspartner im Sinne des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG auf einen Beruf (Aufnahmeprüfung an einer Fachhochschule für Musik) oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen rechts abzulegende Prüfung (Abitur) ordnungsgemäß vorzubereiten.
Einen zunächst auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützten Antrag auf Änderung des Umsatzsteuerbescheides lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 8. März 2006 ab.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein, den er nach Erteilung der Bescheinigung des Ministeriums nunmehr auf § 175 AO stützte. Der Beklagte wies den Einspruch zurück.
Der Kläger ist der Auffassung, dass der Umsatzsteuerbescheid 2004 gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern sei, weil es sich bei der Bescheinigung des Ministeriums um einen Grundlagenbescheid handele. Auch Bescheide anderer Behörden, die keine Finanzbehörden sind, könnten Grundlagenbescheide sein, wie von der Rechtsprechung für Schwerbehindertenausweise anerkannt sei. Da die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) UStG Tatbestandsmerkmal für die Umsatzsteuerbefreiung sei, komme der Bescheinigung rechtliche Außenwirkung zu. Der Kläger verweist auf Literatur und finanzgerichtliche Entscheidungen, die die entsprechende Bescheinigung der Behörde als Grundlagenbescheid werten. Unproblematisch sei auch eine Rückwirkung des Bescheides.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 8. März 2006 und der Einspruchentscheidung vom 14. Mai 2007 zu verpflichten, den Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 19. September 2005 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass eine Änderung des Umsatzsteuerbescheides nicht möglich sei. Zwar sei i...