Tanzkurse sind umsatzsteuerpflichtig
Steuerliche Behandlung von Tanzkursen
Das Niedersächsische FG befasste sich mit folgendem Fall: Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GbR eine im allgemeinen deutschen Tanzlehrerverband (ADTV) organisierte Tanzschule, die insbesondere Leistungen im Bereich "Medaillentanzen" und "Welttanzprogramm I und II" für Anfänger und Fortgeschrittene anbietet. Die Medaillentanzkurse (deutsches Tanzabzeichen) bauen dabei auf dem Welttanzkurs auf. Für die Streitjahre 2007–2011 erklärte die Klägerin zunächst steuerpflichtige Umsätze.
Mit Schreiben vom 21.12.2012 stellte das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur für die Klägerin eine Bescheinigung aus, wonach bestimmte Tanzkurse geeignet seien im Sinne von § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG auf einen Beruf als Tänzer/in oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegenden Prüfung vorzubereiten. Ausweislich der Bescheinigung sollte die Finanzbehörde in eigener Zuständigkeit entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit im Übrigen oder für die Umsätze im Einzelnen vorliegen.
Die Klägerin beantragte daraufhin die besagten Kurse als steuerfrei zu behandeln und die Umsatzsteuer entsprechend neu festzusetzen. Dies lehnte das Finanzamt ab.
Keine Steuerbefreiung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des FG hat das Finanzamt zu Recht keine Steuerbefreiung für die Tanzkurse "Welttanzprogramm" und "Medaillentanzen" gewährt. Insbesondere kommt vorliegend keine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb UStG in Betracht. Die Tanzkurse dienten in den Streitjahren nicht dazu, die Teilnehmer auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegenden Prüfung ordnungsgemäß vorzubereiten.
Die Prüfung der Tanzlehrer/innen wird vielmehr vom Prüfungsausschuss der Tanzlehrerakademie des ADTV abgenommen. Darüber hinaus sei der Bescheinigung lediglich zu entnehmen, dass die von der Klägerin angebotenen Kurse geeignet sind, auf den Beruf als Tänzer/in vorzubereiten. Die Ausbildung zum/zur Tanzlehrer/in ist dort nicht angesprochen, obwohl es sich hierbei um einen abweichenden Beruf mit einem abweichenden Ausbildungsweg handelt.
Ungeachtet dessen scheide eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG schon deshalb aus, weil es sich bei den von der Klägerin angebotenen Tanzkursen "Welttanzprogramm" und "Medaillentanzen" nicht um eine unmittelbar dem Schul- oder Bildungszweck dienende Leistung einer privaten Schule oder anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung handele. Dabei ist zu beachten, dass Leistungen, die der bloßen Freizeitgestaltung dienen, weder allgemeinbildend noch berufsbildend sind. Gerade soweit es den hier streitigen Bereich der Erwachsenenkurse betrifft, vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass durch die Klägerin in den Streitjahren ein breit gefächertes Wissen vermittelt wurde, das Gegenstand der Allgemeinbildung und nicht nur Gegenstand eines begrenzten speziellen Lehrstoffs ist.
Auch das Vorbringen der Klägerin, dass neben dem Erlernen von Tanzformen und Tänzen auch notwendige, teils vernachlässigte Umgangsformen, Benimmregeln, das Miteinander von Mann und Frau und somit soziale Standards vermittelt wurden, führen zu keiner abweichenden Beurteilung. Überdies gehe es bei den hier streitigen Kursen um die von der Klägerin für Erwachsene angebotenen Kurse und nicht um die vom Finanzamt bereits als steuerfrei anerkannten Umsätze aus den Kursen für Kinder und Jugendliche.7
Weitere Rechtsprechung
Der EuGH Urteil vom 21.10.2021 - C-373/19 (Dubrovin & Tröger – Aquatics), hat entschieden, dass ein spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht wie z. B. Schwimmunterricht für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt und daher nicht von der Umsatzsteuer befreit ist (ebenso wurde betreffend Fahrschulunterricht und für eine Segelschule entschieden). Der BFH hat sich dem (wohl gezwungenermaßen) bereits angeschlossen (vgl. BFH Urteil vom 16.12.2021 - V R 31/21). Aufgrund dessen ist schon "allgemein vermutet worden", dass auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung zu Tanz- und Musik- sowie Sprachschulen künftig in "Richtung Steuerpflicht" entscheiden wird. Dies wurde vorliegend bestätigt – allerdings ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH anhängig, Az beim BFH V B 30/22.
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