Entscheidungsstichwort (Thema)
Notarkosten zur Errichtung eines Testaments auch dann keine Betriebsausgaben, wenn der Nachlass im Wesentlichen aus einem Mitunternehmeranteil besteht
Leitsatz (redaktionell)
- Auch wenn der Nachlass im Wesentlichen aus einem Mitunternehmeranteil besteht, sind Notarkosten für die Testamentserrichtung keine Betriebsausgaben i.S.v. § 4 Abs. 4 EStG.
- Bei Verfügungen von Todes wegen i.S.v. §§ 2064 ff. BGB besteht kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer Einkunftsart.
- Der Erbfall ist stets dem privaten, d. h. dem außerbetrieblichen Bereich zuzuordnen. Das gilt nicht nur für den Erben, sondern auch für den Erblasser, der seine Rechtsnachfolge durch testamentarische Anordnung regelt.
- Ob das Vermögen des Erblassers Gegenstand der Einkunftserzielung ist oder ob es sich um einkommensteuerlich unbeachtliches Vermögen handelt, ist für die Versagung des Betriebsausgabenabzugs ohne Bedeutung.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Der Beigeladene ist Gesellschafter der Klägerin. Unter § 9 des Gesellschaftsvertrages heißt es:
„Mit dem Tode eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern mit dessen Erben fortgesetzt. Ist der verstorbene Gesellschafter von mehreren Personen beerbt worden, so kann der überlebende Gesellschafter verlangen, dass die Erben innerhalb eines Jahres nach dem Tode des verstorbenen Gesellschafters bestimmen, auf wen dann die Gesellschaftsrechte an der OHG und die Anteile an der GmbH sowie alle anderen unmittelbar oder mittelbar zur Firma gehörenden Rechte zu übertragen sind.
Kommen die Erben des verstorbenen Gesellschafters innerhalb der Frist der Aufforderung nicht nach, so kann der verbliebene bisherige Gesellschafter gegenüber den Erben die Gesellschaft kündigen zum Ablauf eines Geschäftsjahres.
Die Erklärungen des verbleibenden Gesellschafters sind gegenüber jedem einzelnen Gesellschafter durch eingeschriebenen Brief abzugeben.”
Der Beigeladene und dessen Ehefrau errichteten ein gemeinschaftliches Testament. Der Beigeladene hielt es für geboten, seine Rechtsnachfolge so zu ordnen, dass an seine Stelle nur eine Person als Nachfolger in die Gesellschaft eintritt. Unter Bezugnahme auf § 9 des Gesellschaftsvertrages und die gesellschaftsvertraglichen Regelungen über das Ausseiden und die Auseinandersetzung bei einem Ausscheiden aus der Gesellschaft bestimmte er seine Ehefrau zur Vorerbin und die Kinder zu Nacherben. Im Wege der Teilungsanordnung sollte der Gesellschaftsanteil dem geeignetsten Abkömmling zufallen.
Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung machte der Beigeladene die für die Errichtung des Testaments entstandenen Notarkosten von 7.883 DM als Sonderbetriebsausgaben geltend. Das beklagte Finanzamt lehnte den Abzug der Kosten ab, weil mit dem Erbfall verbundene Aufwendungen grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben abziehbar seien, auch wenn der Nachlass überwiegend aus Betriebsvermögen bestehe (BFH-Urteil vom 31. Juli 1985 VIII R 345/82, BStBl II 1986,139).
Der Einspruch gegen den auf dieser Grundlage erteilten und am 12. Juli 1995 gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Gewinnfeststellungsbescheid blieb ohne Erfolg.
Die Klägerin hält die rechtliche Beurteilung des Beklagten für unzutreffend. Im Streitfall handele es sich nicht um Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Erbfall, sondern um Kosten für eine Nachfolgeregelung aufgrund der sogenannten einfachen Nachfolgeklausel nach § 9 des Gesellschaftsvertrages, die den Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters entgegen der gesetzlichen Regelung (§§ 727 Abs. 1 BGB, 131 Nr. 4 HGB) vererblich stelle. Ohne diese Klausel träte die Auflösung der Gesellschaft ein. Die Zahl der persönlich haftenden und geschäftsführenden Gesellschafter sollte bei einer Mehrzahl von Erben nicht zu groß werden. Da der überlebende Gesellschafter verlangen könne, dass die Erben innerhalb eines Jahres bestimmen, auf wen die Gesellschafterrechte übergehen, seien Erbstreitigkeiten vorprogrammiert. Um derartige betriebsstörenden und betriebsgefährdenden Auseinandersetzungen zu vermeiden, habe der Beigeladene testamentarisch bestimmt, dass nur eine Person als Nachfolger in die Gesellschaft eintrete. Auf diese Weise seien Gesellschaftsvertrag und letztwillige Verfügung aufeinander abgestimmt worden. Erbschaftliche Erwägungen träten somit gegenüber betrieblichen Erwägungen in den Hintergrund, zumal es das Ziel des Beigeladenen gewesen sei, die gesellschaftsvertragliche Nachfolgeregelung zu ergänzen und auszufüllen, um eine Schädigung des Betriebes durch Beteiligung zu vieler Gesellschafter, Zerschlagung usw. zu verhindern. Der Vorgang sei mit der Gründung eines Unternehmens und dabei anfallenden Gründungskosten vergleichbar.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seien Erbfall und Erbauseinandersetzung getrennt zu beurteilen, wobei die Erbauseinandersetzung über Betriebsvermögen grundsätzlich betrieblich veranlasst sei (BFH-Urteil vom 5. Juli 1990 GrS 2/89, BStBl 1990,837). Konsequenterweise müssten...