vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 74/10)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Außergewöhnliche Belastungen bei Aufwendungen für Einlegesohlen – Trinkgelder sowie Aufwendungen für Wassergymnastik und Bewegungsbäder
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff der agB nach § 33 Abs. 1 EStG.
- Zu der Frage, wann Aufwendungen zwangsläufig erwachsen.
- Werden Einlegesohlen nicht nur für Kranke, sondern für jedermann angeboten und werden sie bei einem Discounter bzw. bei einem Schuhgeschäft erworben, so können die dadurch entstandenen Aufwendungen mangels Zwangsläufigkeit nicht als agB berücksichtigt werden.
- Mangels Zwangsläufigkeit stellen Trinkgelder keine agB dar. Das gilt gleichermaßen für Aufwendungen für Wassergymnastik und Bewegungsbäder, sofern nicht nachgewiesen wird, dass diese gezielt zur Linderung einer Krankheit eingesetzt werden.
- Zur Abzugsfähigkeit von Fahrt- und Unterbringungskosten während eines Kuraufenthalts.
Normenkette
EStG § 33
Streitjahr(e)
2006
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, in welcher Höhe von den Klägern im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für 2006 als Krankheitskosten bzw. Kosten für Heilmittel geltend gemachte Aufwendungen in Höhe von insgesamt 2.825,86 € als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2006 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger erzielte im Streitjahr als kaufmännischer Angestellter Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 27351 €, die Klägerin war Hausfrau.
In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger u. a. folgende Aufwendungen als Krankheitskosten bei den außergewöhnlichen Belastungen geltend:
Kostenart |
Betrag in € |
Praxisgebühren, Untersuchungsgebühr |
70,00 |
Fahrtkosten zu ärztlichen Behandlungen und Untersuchungen mit dem eigenen Pkw |
188,70 |
Kosten für ärztlich verordnete Medikamente und Stärkungsmittel |
221,62 € |
Kosten für Krankengymnastik, Massagen, Fango u. s. w. |
153,24 |
Trinkgelder für Behandlungspersonal |
50,00 |
Kurtaxe für einen Behandlungsaufenthalt in Bad Füssing vom 27. Oktober bis 17.11. |
39,70 |
Übernachtungskosten für Aufenthalt in Bad Füssing |
741,00 |
Kosten für die Fahrt W – Bad Füssing mit eigenem Pkw (1.700 km x 0,30 €) |
510,00 |
Kosten für Thermal-Bewegungsbäder laut ärztlicher Verordnung und Fahrtkosten zu den Terminen |
299,70 |
Kosten für Wassergymnastik und Bewegungsbäder einschließlich Fahrtkosten dorthin |
492,00 |
Kosten für Einlegesohlen, Verbands-material etc. |
59,89 € |
In einer der Erklärung beigefügten Anlage gaben die Kläger zu den Kosten für die Wassergymnastik und die Bewegungsbäder an, sie hätten an diesen auf ärztlichen Rat teilgenommen. Die Kläger würden an chronischen Lendenwirbelschmerzen an einer Bandscheibenvorwölbung seit 2004 leiden. Weiterhin klagten sie über Halswirbelschmerzen, Wirbelsäulenveränderungen, Migräne und Herzkreislaufbeschwerden. Die Teilnahme sei zur Schmerzreduktion erforderlich gewesen.
Der Beklagte führte die Einkommensteuerveranlagung durch und erkannte die Trinkgelder (50 €), die Kurtaxe (39,70 €), die Übernachtungs- und die Fahrtkosten nach Bad Füssing (741 € und 510 €) nicht an. Die Kosten für die Wassergymnastik und die Bewegungsbäder (492 €) wurden nicht berücksichtigt, weil keine ärztliche Verordnung vorgelegt worden war. Die Aufwendungen für die Stärkungsmittel von 221,62 € wurden um 59,33 € gekürzt, weil keine ärztliche Verordnung für sie vorlag. Auch die Aufwendungen für die Einlegesohlen in Höhe von 46,21 € blieben unberücksichtigt, weil diese bei Aldi bzw. Deichmann erworben worden waren und eine ärztliche Verordnung fehlte. Im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 24. Januar 2008 erläuterte der Beklagte, dass Kurkosten nur dann als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden könnten, wenn sie zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig seien und eine andere Behandlung nicht oder kaum erfolgsversprechend sei. Die Kurbedürftigkeit müsse in der Regel durch ein vor Kurbeginn ausgestelltes amtsärztliches oder vergleichbares Zeugnis nachgewiesen werden, es sei denn, dass eine gesetzliche Krankenkasse oder die Beihilfestelle die Notwendigkeit positiv abgeschlossen habe. Die anerkannten Aufwendungen in Höhe von 818 € führten zu keiner Minderung des Einkommens der Kläger, weil die zumutbare Eigenbelastung 1.220 € betrug.
Gegen den Bescheid erhoben die Kläger Einspruch. Sämtliche geltend gemachten Aufwendungen seien als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
Der Allgemeinmediziner Dr. V, Bad Füssing habe für die Kläger am 30. Oktober 2006 Heilmittelverordnungen für beide Kläger für jeweils sechs Großmassagen des Rückens und 6 Fangopackungen erstellt und dies mit verschiedenen Krankheitssymtomen der Kläger, u. a. einer Wirbelsäulenfunktionsstörung, begründet (Bl. 72 der Einkommensteuerheftung des Beklagten für 2006). Am 9. November 2010 wurden weitere jeweils dr...