Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anwendbarkeit der Begrenzung der Mindestbemessungsgrundlage durch das marktübliche Entgelt bei Stallanlagen
Leitsatz (redaktionell)
Die Begrenzung der Mindestbemessungsgrundlage auf das marktübliche Entgelt nach § 10 Abs. 5 Satz 1 2. Hs. UStG kann bei der Verpachtung landwirtschaftlich genutzter Stallanlagen nicht pauschal mit dem Hinweis abgelehnt werden, es gäbe vor Ort keine vergleichbaren Anlagen, weil diese individuell nach den Bedürfnissen des Pächters errichtet würden. Unter Berücksichtigung der Vorgaben aus Art. 80 Abs. 1 und Art. 72 Abs. 1 MwStSystRL ist für die Ermittlung vergleichbarer Objekte auf die Regionen abzustellen, in denen die für die Preisfindung relevanten Faktoren (z. B. die Futterlage bei Mastställen) gleich sind.
Normenkette
UStG § 10 Abs. 5; EGRL 112/2006 Art. 72 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1
Streitjahr(e)
2014, 2015, 2016, 2017, 2018
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Beklagte das zwischen dem Kläger und der C D GbR (GbR) vereinbarte Pachtentgelt für einen Boxenlaufstall unter Berücksichtigung einer Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) in den Streitjahren 2014 bis 2017 und Januar 2018 erhöhen durfte.
Der Kläger unterhielt in G, H-Weg 1 einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Zum xx. Juli 2012 gründete er zusammen mit seinem Sohn H die GbR. Am Gesellschaftskapital sind der Kläger zu 70 v. H. und H zu 30 v. H. beteiligt. Den gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verpachtete der Kläger an die GbR eisern, d. h. inklusive des gesamten toten und lebenden Inventars. Der verpachtete Betrieb des Klägers ist seitdem in den Jahresabschüssen der GbR als sein Sonderbetriebsvermögen erfasst. Die GbR ist mit ihrem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb unternehmerisch tätig, wobei ihre Schwerpunkte auf den Bereichen der Milcherzeugung und der Schweinemast liegen. Die GbR versteuert ihre Umsätze nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 Abs. 1 UStG.
Im Jahr 2014 errichtete der Kläger auf seinem Grundstück einen Boxenlaufstall mit 65 Milchviehplatzen mit einem Investitionsvolumen von etwa 700.000 €. Diesen Stall verpachtete er an die GbR mit Vertrag vom xx. März 2014 für einen jährlichen Pachtzins in Höhe von netto 45.000 €. Verpachtet wurden das Teilgrundstück, auf dem der Boxenlaufstall stand, das Gebäude und sämtliches Inventar (insbesondere Melkroboter u. s. w.). Dabei verzichtete er gemäß § 9 Abs. 1, Abs. 2 UStG auf die Steuerbefreiung für die Verpachtung nach § 4 Nr. 12 a UStG. Die in den Rechnungen über die Anschaffungskosten offen ausgewiesene Umsatzsteuer machte er als Vorsteuer geltend.
Im März 2018 führte der Beklagte beim Kläger eine Außenprüfung durch, die die Jahre 2012 bis 2015 umfasste. Daran schloss sich eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung an für den Zeitraum 2016 bis Januar 2018. Der Außenprüfer griff den Sachverhalt um die Errichtung und die Verpachtung des Boxenlaufstalls auf und traf hierzu folgende umsatzsteuerlichen Feststellungen:
1. Die Verpachtung vom Kläger an die GbR stelle eine sonstige Leistung an nahestehende Personen dar (Hinweis auf Abschn. 10.7.Abs. 1 Satz 2 UStAE). Das vereinbarte Entgelt von jährlich 45.000 € netto müsse deshalb anhand der Mindestbemessungsgrundlage in § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UStG überprüft werden. Da ein marktübliches Entgelt für einen derartigen, auf die individuellen Bedürfnisse der Pächterin zugeschnittenen Stalls nicht ermittelbar sei, müsse die Ersatzbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG herangezogen werden.
2. Die Herstellungskosten für den Boxenlaufstall inklusive der Betriebsvorrichtungen ermittelte der Außenprüfer mit 700.000 €, wobei diese Herstellungskosten dem Kläger mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden seien und dieser die Vorsteuer geltend gemacht habe. Diese Herstellungskosten seien nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 UStG auf 10 Jahre zu verteilen, mithin betrage die Bemessungsgrundlage abgerundet 66.000 €.
3. er Außenprüfer erhöhte die Umsätze des Klägers zum allgemeinen Steuersatz um jährlich 21.000 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tz. 14 und Anlage 1 des Berichts des Beklagten vom xx. März 2018 über die Außenprüfung zur StNr. xxx; AD-Nr. xxx und Tz. 13 und Anlage 1 des Berichts des Beklagten über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung zur StNr. xxx; AD-Nr. xxx hingewiesen.
Der Beklagte folgte der Auffassung seines Außenprüfers und erließ am xx. März 2018 Umsatzsteuerbescheide für 2014 und 2015 sowie – aus Vereinfachungsgründen – Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für Dezember 2016 und 2017 und Januar 2018.
Gegen diese Verwaltungsakte erhob die Klägerin am xx. April 2018 Einspruch. Zur Begründung trug sie vor, es gäbe einen Marktpreis für die Verpachtung von Rindviehställen. Als Nachweis werde ein Pachtvertrag über Stallgebäude zwischen S (Verpächter) und B (Pächter) aus dem Jahr 2015 vorgelegt. I...