Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsausgabenabzug bei mehrerlösbezogener Kartellbuße
Leitsatz (redaktionell)
- Ob und in welchem Umfang eine wegen eines Wettbewerbsverstoßes festgesetzte Geldbuße des Bundeskartellamts als Betriebsausgabe abzugsfähig ist, beurteilt sich zunächst danach, ob und in welcher Größenordnung die festgesetzte Geldbuße (auch) der Abschöpfung des durch den Gesetzesverstoß erlangten wirtschaftlichen Vorteils diente und welcher Anteil hiervon eine (reine) Sanktion darstellte.
- Vorab ist danach zu unterscheiden, ob sich aus dem Bußgeldbescheid selbst die Aufteilung in einen Abschöpfungs- und Ahndungsteil ohne weiteres zahlenmäßig entnehmen lässt.
- Fehlt es an einer derartigen eindeutigen Aufteilung, schließt dies nicht von vornherein den Betriebsausgabenabzug hinsichtlich der verhängten Geldbuße dem Grunde nach aus. Die Aufteilung ist dann im Schätzungswege vorzunehmen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1
Streitjahr(e)
1999
Tatbestand
Streitig ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine wegen eines Wettbewerbsverstoßes festgesetzte Geldbuße als Betriebsausgabe abzugsfähig ist.
Die Klägerin, die A KG, ist die Rechtsnachfolgerin der .... KG (kurz: B KG). Letztere war wiederum durch Formwechsel zum 1. Januar 1999 Rechtsnachfolgerin der…GmbH (kurz: C GmbH) geworden. Sämtliche Gesellschaften sind bzw. waren im Bereich der Produktion und des Vertriebs von ...produkten…tätig.
Die C GmbH war neben anderen Gesellschaften in 1998 und im I. Quartal 1999 an verbotenen Quotenabsprachen von…-Herstellern beteiligt. Nach diesen Absprachen wurden bestimmte Anteile der beteiligten Unternehmen am Gesamtumsatz vereinbart. Zugleich verpflichteten sich die Unternehmen, die jeweilig vereinbarten Lieferanteile nicht zu überschreiten. Das anteilige Absprachevolumen für die C GmbH belief sich insoweit auf rd. ... . Nach Aufdeckung dieses Sachverhalts fanden Gespräche zwischen Vertretern des Bundeskartellamtes einerseits und den betroffenen Firmen andererseits statt. Hierin wurde u.a. der durch die Quotenabsprachen erzielte Mehrerlös auf (brutto)…DM pro produzierten…festgelegt. Die spätere Anregung der beteiligten Firmen, der so genannten „Nebenbetroffenen”, von einer Brutto- auf eine Nettobetrachtung mit dem Ziel überzugehen, die steuerliche Belastung auf die erzielten Mehrerlöse zu berücksichtigen, wurde vom Bundeskartellamt unter Hinweis auf entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) abgelehnt.
Mit Bußgeldbescheid der Ersten Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes vom 25. Oktober 1999 wurde in dem Kartellordnungswidrigkeitsverfahren gegen die C GmbH als Nebenbetroffene gemäß § 30 Abs. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) als Nebenfolge der von ihrem Geschäftsführer begangenen Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße in Höhe von ... DM festgesetzt. Dem Geschäftsführer wurde insoweit vorgeworfen, vorsätzlich gegen das Verbot des § 38 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Februar 1990 (GWB a.F.) sowie § 81 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der ab 1. Januar 1999 gültigen Neufassung (GWB n.F.) verstoßen zu haben, indem er sich als Geschäftsführer der C GmbH an der Durchführung wettbewerbsbeschränkender Absprachen mit Vertretern anderer…-Hersteller über die Absatzquoten für…zumindest von Januar 1998 bis März 1999 beteiligte.
Hinsichtlich des Bußgeldrahmens wurde im Bußgeldbescheid auf die Vorschriften des § 38 Abs. 4 GWB a.F. in Verbindung mit § 81 Abs. 2 GWB n.F. unter Beachtung von § 17 Abs. 1 bis 3 OWiG hingewiesen. Für die Bemessung des Bußgeldes war hiernach u.a. bedeutsam
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der Zufluss erheblicher Mehrerlöse durch die Teilnahme an der Quotenabsprache |
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die Höhe der hierdurch auf etwa…geschätzten erzielten Mehrerlöse bei einem durchschnittlichen Preisniveau von etwa ... DM. |
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”... Als durch die Zuwiderhandlung erzielter Mehrerlös, bei dem es sich um einen Betrag vor Steuern handelt, ergibt sich damit ... ein Betrag von…DM ... Bei der Bemessung der Geldbußen ... wurde berücksichtigt, dass diese steuerlich nicht abzugsfähig sind ...”
Wegen der weitergehenden Einzelheiten des (rechtskräftigen) Bußgeldbescheides vom 25. Oktober 1999 wird auf Bl. 41 ff der Gerichtsakte Bezug genommen.
Der Berichterstatter des vorbezeichneten Kartellordnungswidrigkeitenverfahrens beim Bundeskartellamt – Herr X – teilte dem Bundesamt für Finanzen unter dem 3. April 2000 im Verfahren eines anderen betroffenen ...produzenten auf Anfrage mit, dass „... ebenso wie in allen anderen Fällen dieses Verfahrens ...” die Bußgeldhöhe anhand des erzielten (geschätzten) Mehrerlöses festgesetzt worden sei. Der „Mehrerlös” habe hierbei nur zur Abgrenzung des zur Verfügung stehenden Bußgeldrahmens und als Kriterium für die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit gedient. Weiter heißt es in diesem Schreiben:
„Nach Auffassung des Bundeskartellamtes, das sich hierbei auf die für sich maßgebliche Rechtsprechung des BGH ...