Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Abzug von als dauernde Last zu qualifizierenden Altenteilsleistungen bei Ermittlung des Jahresgrenzbetrags
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Ermittlung des Jahresgrenzbetrages nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.
- Als dauernde Last zu qualifizierende Altenteilsleistungen des Kindes an seine Mutter aufgrund eines notariellen Vertrages sind bei den Einkünften und Bezügen des Kindes nicht abzusetzen. Denn die Altenteilsleistungen sind bei der Einkommensteuer-Veranlagung des Kindes als dauernde Last und damit als Sonderausgaben bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens abzusetzen. Nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind Sonderausgaben bei Ermittlung des Jahresgrenzbetrages jedoch nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 Satz 2
Streitjahr(e)
1999
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 26.11.2008; Aktenzeichen III R 20/06) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Klägerin für ihren Sohn S., geb. am 29.04.1976, Kindergeld für die Monate Juli bis Dezember 1999 zusteht.
Der Sohn der Klägerin leistete bis zum 30. Juni 1999 Zivildienst. Ab 1. August 1999 begann er eine Berufsausbildung zum Landwirt. Hieraus erzielte er eine Ausbildungsvergütung i.H.v. 5.115 DM. Im Jahr 1999 erzielte S. Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft abzüglich Freibetrag i.H.v. 9.475 DM, wovon 4.737 DM auf die Zeit von Juni bis Dezember 1999 entfallen. Im Zusammenhang mit der Beendigung seines Zivildienstes hat S.ein Entlassungsgeld i.H.v. 1.500 DM erhalten. Von September bis Dezember 1999 hat S. darüber hinaus eine Berufsausbildungsbeihilfe erhalten, wovon der Beklagte nach Abzug der Fahrtkosten lediglich 318,88 DM als Einnahme berücksichtigte. Als Rentenzahlungen hat der Beklagte 3.590 DM angesetzt.
Nach Abzug der Werbungskostenpauschale i.H.v. 2.000 DM und der anteiligen Kostenpauschale für Bezüge ergibt sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte und Bezüge i.H.v. 13.080,88 DM. Dieser Betrag ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Klägerin begehrt bei der Berechnung der zur Bestreitung des Unterhalts anzusetzenden Einkünfte den weiteren Abzug von Altenteilsleistungen i.H.v. 8.587, 50 DM. Zur Begründung führt die Klägerin aus, nach dem Tode ihres Mannes und des Vaters von S. im Jahre 1993 habe S. den Hof seines Vaters, der ein Hof im Sinne der Höfeordnung sei, geerbt. Er sei Hofeserbe geworden. Mit Vertrag vom 20. Juni 1994 habe S. ihr an dem Hof ein Verwaltungs- und Nutznießungsrecht eingeräumt. Hierauf habe sie nach § 14 Abs. 1 Höfeordnung (HöfeO) einen Anspruch, da S. zum Zeitpunkt der Erbfolge noch keine 25 Jahre alt gewesen sei.
Mit notarieller Urkunde vom 3. April 1995, ergänzt durch Urkunde vom 14. August 1995, sei die Eintragung dieses Rechtes ins Grundbuch bewilligt worden. Mit Vertrag vom 23. Mai 1997 sei das Nießbrauchsrecht zum 1. Juli 1997 aufgehoben worden. Gleichzeitig sei ihr ein Altenteilsrecht eingeräumt worden, wonach S. verpflichtet sei, ihr 12.000 DM in bar zu leisten, ihr ein Wohnrecht im Erdgeschoss einzuräumen sowie sämtliche Wohnnebenkosten zu übernehmen. Darüber hinaus sei S. verpflichtet, sie in alten und kranken Tagen zu hegen und zu pflegen.
Im Einkommensteuerbescheid 1999 seien die Leistungen, die S. im Rahmen der Altenteilsregelung verpflichtet gewesen sei zu tragen, mit 17.175 DM als Sonderausgaben berücksichtigt worden. Die Hälfte hiervon – ab Juli 1999 – begehre sie bei der Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Einkünfte ihres Sohnes abzuziehen.
Die Klägerin beruft sich im Wesentlichen auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 11. Januar 2005 (2 BvR 167/02). In dieser Entscheidung führe das Bundesverfassungsgericht aus, dass § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) verfassungskonform so auszulegen sei, dass sowohl von den Bezügen als auch von den Einkünften nur diejenigen in den Jahresgrenzbetrag einfließen, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet seien. Die Altenteilsleistungen, die S. an sie zu erbringen habe, hätten S. nicht zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung gestanden.
Die Klägerin beantragt,
das Kindergeld für das Kind S. für die Monate Juli bis Dezember 1999 zu gewähren, hilfsweise, für den Fall ihres Unterliegens, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise für den Fall ihres Unterliegens, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Die Beklagte beruft sich darauf, dass grundsätzlich Sonderausgaben bei der Berechnung der zur Bestreitung des Unterhalts anzusetzenden Einkünfte außer Ansatz zu bleiben haben. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Da es sich bei den Altenteilerleistungen nicht um Betriebsausgaben, sondern um Sonderausgaben handele, dürften diese Leistungen keine Berücksichtigung finden. Dieser Auffassung stehe auch nicht die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entgegen. Denn aus dieser Entscheidung ergebe si...