Entscheidungsstichwort (Thema)
Geselllschaftsrecht
Leitsatz (redaktionell)
Einsweilige Verfügung gegen Beschluss der Gesellschafter, der gegen den testamentarisch verfügten Willen eines verstorbenen Geselllschafters verstößt.
Normenkette
BGB § 1940; ZPO § 940; GBO § 32; HGB § 15
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 19.12.1985; Aktenzeichen 2 H O 233/85) |
Tenor
I. Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz vom 19. Dezember 1985 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten der Berufung.
Tatbestand
Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin zu 2., ihre Mutter (im folgenden: Antragsgegnerin), sind Gesellschafter der Antragsgegnerin zu 1. (im folgenden: Gesellschaft), die im Jahre 1976 mit einem Stammkapital von 100.000 DM gegründet wurde. Gesellschafter waren damals die Antragsgegnerin und ihr inzwischen verstorbener Ehegatte, der Ingenieur W. G. R., der Vater der Antragstellerin.
Am 16. Februar 1962 hatten die Antragsgegnerin und ihr Ehegatte zur Niederschrift eines Notars einen Erbvertrag geschlossen, in dem sie sich gegenseitig als unbeschränkte Erben eingesetzt hatten. Außerdem errichteten sie am 12. Juli 1977 ein gemeinschaftliches Testament, das von dem Ehemann eigenhändig geschrieben und von beiden Ehegatten unterschrieben war. Darin war zum Ausdruck gebracht, daß der gemeinschaftliche Sohn W. G. R., der Bruder der Antragstellerin, niemals Prokurist in dem Unternehmen der Gesellschaft werden dürfe.
Der Ehegatte der Antragsgegnerin starb am 25. Dezember 1981. Da sie seinen Anteil an der Gesellschaft erbte, war sie zunächst alleinige Gesellschafterin. Später trat sie einige Geschäftsanteile an ihre beiden Kinder und an zwei Mitarbeiter des Unternehmens ab. Die Antragstellerin erhielt ebenso wie ihr Bruder einen Anteil von 6.500 DM. Die Antragsgegnerin selbst behielt einen Geschäftsanteil von 77.000 DM.
In der Gesellschafterversammlung vom 5. November 1985 wurde W. G. R. neben der Antragsgegnerin zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. In derselben Versammlung hatten die Gesellschafter zuvor beschlossen, das Stammkapital, auf 150.000 DM zu erhöhen und zur Übernahme der neu gebildeten Geschäftsanteile alle Gesellschafter mit Ausnahme der Antragstellerin zuzulassen. Diese hatte an beiden Beschlußfassungen nicht mitgewirkt, da sie erst später zur Versammlung erschienen war.
Die Antragstellerin hat gegen die Gesellschaft und die Antragsgegnerin Klage erhoben mit dem Antrag, die von der Gesellschafterversammlung am 5. November 1985 gefaßten Beschlüsse für nichtig zu erklären. Hilfsweise will sie den Antrag stellen, die Antragsgegnerin zu verurteilen, in einer neu einzuberufenden Gesellschafterversammlung mit ihrer Stimmenmehrheit einen Beschluß herbeizuführen, durch den W. G. R. als Geschäftsführer wieder abberufen wird.
Weiterhin hat sie den Erlaß einer einstweiligen Verfügung beantragt, durch die es der Gesellschaft und der Antragsgegnerin bis zur Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache untersagt werden soll, W. G. R. als Geschäftsführer im Handelsregister eintragen zu lassen.
Ihrer Ansicht nach hat die Antragsgegnerin dadurch, daß sie für die Bestellung ihres Sohnes zum Geschäftsführer gestimmt hat, der im gemeinschaftlichen Testament vom 12. Juli 1977 angeordneten Auflage zuwidergehandelt, wonach dieser nicht Prokurist der Firma werden dürfe. Sie befürchtet nicht wiedergutzumachende Nachteile für sich, wenn W. G. R. als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen wird.
Die Antragsgegnerinnen sind diesem Vorbringen entgegengetreten. Sie haben sich insbesondere auf den Standpunkt gestellt, daß das gemeinschaftliche Testament im wesentlichen nur Verfügungen für die Zeit nach dem Tode des längstlebenden Ehegatten enthalte, aber nicht verbiete, eines der gemeinschaftlichen Kinder zu Lebzeiten des Längstlebenden zum Geschäftsführer zu bestellen. Im übrigen, so haben sie geltend gemacht, habe der Erblasser später seine Ansicht über den Sohn geändert.
Das Landgericht hat, nachdem es den Zeugen Dr. G. L. vernommen hatte, den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie im wesentlichen ihr früheres Vorbringen wiederholt hat.
Inzwischen ist die Eintragung, die sie mit der beantragten einstweiligen Verfügung verhindern wollte, erfolgt. Mit Rücksicht darauf hat sie das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Antragsgegnerinnen haben dem widersprochen und beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie sind der Auffassung, daß der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zu keiner Zeit gerechtfertigt gewesen sei.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien, die von ihnen vorgelegten Schriftstücke und das angefochtene Urteil verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die nur einseitige Erklärung der Antragstellerin, das Verfahren habe sich in der Ha...