Zusammenfassung
- Im Zuge der Umsetzung eines BI-Projekts und vor der technischen Implementierung eines Data Warehouse müssen eine stabile Aufbauorganisation geschaffen und die Geschäftsprozesse standardisiert werden.
- Erst auf qualitativ hochwertige Daten und einem "Single Point of Access" kann ein Reportingkonzept sinnvoll aufgesetzt werden.
- Solche Eingriffe in Organisation und Prozesse brauchen Mut zur Umsetzung, einen gut abgesteckten (zeitlichen) Rahmen sowie die Unterstützung des Managements.
- Controller müssen Sparring-Partner für das Management sein und vom "Number Crunching" befreit werden.
1 Erst die organisatorischen Grundlagen, dann die BI-Lösung
Dies ist der erste von 2 Artikeln, die die Einführung einer Business Intelligence (BI)-Lösung bei der Styria Media Group AG beschreiben. Während dieser erste Artikel schwerpunktmäßig die fachlich-organisatorischen Voraussetzungen erarbeitet, beschreibt der zweite Artikel "Planung und Umsetzung eines standardisierten Management Dashboards (Anwenderbericht)" die Umsetzung eines aussagekräftigen Management Dashboards.
Die Artikel können unabhängig voneinander gelesen werden. Dennoch empfehlen wir für ein umfassendes Bild eines BI-Projekts in einem mittelständischen Konzern die Lektüre beider Artikel.
2 Der Startschuss: Als den Verantwortlichen der Kragen platzte
Die seit 1869 bestehende Styria mit Hauptsitz in Graz (Österreich) ist einer der führenden Medienkonzerne in Österreich, Kroatien und Slowenien. Rund 3.000 Mitarbeitende generierten 2018 einen Marktumsatz von 418 Mio. EUR. Das Portfolio der etwa 70 Tochtergesellschaften ist breit gefächert. Es umfasst Tages- und Wochenzeitungen, Magazine, Buchverlage, Radiosender und die Beteiligung an einem TV-Sender. Im digitalen Bereich betreibt die Styria-Gruppe Newsportale, Marktplätze sowie Content- und Communityportale. Die Service-Unternehmen der Styria-Gruppe bieten sämtliche medienrelevanten Leistungen – von der Medienproduktion über den Druck bis hin zum Vertrieb.
Die größte Herausforderung, vor der die meisten Medienunternehmen seit geraumer Zeit stehen, ist die Digitalisierung der Branche. Damit verbunden ist der ökonomisch besonders schmerzhafte Rückgang des klassischen Printgeschäfts. Als Gegenmaßnahme reicht es dabei nicht aus, nur auf Online-Werbung zu setzen. Die Frage "Wie kann ich Leser dazu bringen, dass sie für Qualitätsjournalismus auch abseits der gedruckten Zeitung bezahlen?" ist nur eine der Aufgaben, die es auch innerhalb der Styria-Gruppe täglich zu beantworten gilt.
Bis vor einigen Jahren war das Controlling der Styria nicht in der Lage, die Hintergründe für aktuelle Marktsituationen, Entwicklungen bei einzelnen Produkten, Kanälen oder Abweichungen transparent aufzuzeigen. Es gab deshalb Bestrebungen und Versuche, die Zahlen als Antworten auf diese Fragen kompakt und übersichtlich in Form eines Management Dashboards darzustellen. Die Idee war es, das Dashboard zum einen als Entscheidungsgrundlage für das Management und zum anderen zur regelmäßigen Überprüfung im Tagesgeschäft zu verwenden. Es sollte jedoch ein langer und steiniger Weg bis zum fertigen Dashboard werden.
Alle Controller waren Mitarbeiter der jeweiligen Tochtergesellschaften und somit direkt den Geschäftsführern der Tochtergesellschaften unterstellt. Im ersten Schritt versuchten wir vom eigens dafür aufgestellten Projektteam, die verantwortlichen Kollegen inhaltlich abzuholen und deren Berichte auf Konzernebene zu analysieren. Dabei stellten wir jedoch fest, dass erhebliche Abweichungen in der Arbeitsweise der Controller existierten. Aufgrund fehlender Konzernvorgaben gab es sogar bei der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) die unterschiedlichsten Ansätze. Hinter Kennzahlen verbargen sich trotz gleicher Bezeichnungen andere Inhalte. Ein Vergleich der Informationen war unmöglich.
Die Geschäftsführer nutzten ihren Spielraum aus und versuchten, das Ergebnis in einer für sie vorteilhaften Weise darzustellen. Ist-Situationen wurden positiv umschrieben und notwendige Maßnahmen damit verzögert. Ein Gegensteuern – vor allem in der späten zweiten Jahreshälfte – hatte keine tiefgreifenden Auswirkungen mehr auf das laufende Geschäftsjahr.
Das damalige Controlling-Setup produzierte eine große Anzahl von Excel-Berichten. Die Erstellung war zeitaufwändig und das Ergebnis fehlerhaft. Einige Reports waren schlichtweg nicht mehr relevant. Die Berichte waren nicht nur unterschiedlich aufgebaut, sondern es wurden auch abweichende Layouts verwendet. "Individuelle Standards" waren vorherrschend. Da die Verteilung im Push-Modus erfolgte, gab es auch auf der Empfängerseite jede Menge (Such-)Arbeit, bis die notwendigen Informationen gefunden werden konnten.
Wir mussten erkennen, dass die Zusammenführung von Daten dieser Qualität keinen Nutzen stiften würde. Der verantwortliche Finanzvorstand hat daraufhin sämtliche Dashboard-Bestrebungen gestoppt und eine komplette Überarbeitung des Controllings in Auftrag gegeben. Abb. 1 und die Beschreibung in den nachfolgenden Kapiteln sollen zeigen, dass ein schrittweiser Aufbau der Organisation und der Prozesse (ähnlich dem Bau eines Gebäudes) wichtig i...