Entscheidungsstichwort (Thema)
Besorgung von Eintrittskarten der Sächsischen Oper durch einen Hotelservice als umsatzsteuerfreie Besorgungsleistung
Leitsatz (redaktionell)
1. Besorgt ein Hotelservice im eigenen Namen, aber im Auftrag und auf Rechnung der Kunden entgeltlich Eintrittskarten der Sächsischen Oper, wobei die Kunden dem Hotelservice zusätzlich zum Preis der Tickets eine gesonderte Gebühr zu bezahlen und auch für tatsächlich nicht von ihnen in Anspruch genommene Eintrittskarten kein Recht auf Rückerstattung des von ihnen bezahlten Preises haben, so erbringt der Hotelservice auch dann eine nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG i. V. m. § 3 Abs. 11 UStG steuerfreie Besorgungsleistung, wenn er selbst keine Einrichtung des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes i. S. d. § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG ist und gegenüber den Auftraggebern keine Rechnung erstellt hat, aus der das Entgelt für die besorgte Leistung, also das mit der Eintrittskarte verbundene Teilnahmerecht, und das Entgelt für die Besorgungsleistung gesondert hervorgehen.
2. Im Rahmen des § 3 Abs. 11 UStG sind die erhaltene und die erbrachte Leistung als inhaltlich identisch anzusehen. Für fremde Rechnung handelt ein Auftragnehmer, wenn die wirtschaftlichen Folgen der besorgten Leistung entsprechend den zwischen ihm und seinem Auftraggeber getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarungen nur den Auftraggeber treffen sollen.
3. § 4 Nr. 20a S. 1 UStG definiert mit seiner Anknüpfung an Umsätze von Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände kein personenbezogenes Merkmal, das die Wirkung der Fiktion des § 3 Abs. 11 UStG, die auch in der Anwendung von Steuerbefreiungsvorschriften liegt, beschränken könnte.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1, § 3 Abs. 11
Nachgehend
Tenor
1. Die Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2012 vom 13.11.2013 bzw. vom 16.07.2014 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.02.2016 werden dahin abgeändert, dass die Leistungen der B. & W. GbR in Zusammenhang mit der Besorgung von Eintrittskarten für Konzerte als steuerfrei behandelt werden.
2. Dem Beklagten werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die B. & W. GbR, im K.-Hotel, im Zusammenhang mit der Besorgung von Eintrittskarten für die Sächsische Oper D. im Auftrag von Hotelgästen umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht hat.
Zweck der B. & W. GbR, deren Rechtsnachfolger nach der Kündigung des Gesellschaftsvertrages durch Herrn B. der Kläger ist, war der Betrieb eines Hotelservice. Tatsächlich besorgte die GbR in den Streitjahren 2011 und 2012 in beträchtlichem Umfang Eintrittskarten für Veranstaltungen der Oper. Dabei wurde die GbR ausschließlich nach Erteilung eines Kundenauftrages tätig, den sie persönlich, telefonisch oder schriftlich entgegennahm. Nach Bestätigung des Kundenauftrages bestellte sie die gewünschten Eintrittskarten, ohne dass sie die Möglichkeit besessen hätte, auf ein vom Veranstalter vorgehaltenes Kontingent mit Abnahmeverpflichtung zurückzugreifen. Die Eintrittskarten wurden von der GbR bezahlt und nach Aushändigung an den Auftraggeber per Post oder persönlich weitergegeben. Der Auftraggeber wiederum zahlte an die GbR, bei größerem Zeitabstand zwischen der Annahme des Besorgungsauftrages und dem Tag der Veranstaltung vor der Besorgung der Eintrittskarten. Bei kurzfristigen Besorgungsaufträgen erhielt die GbR entweder eine Barzahlung unmittelbar mit der Beauftragung durch den Hotelgast oder aber eine Vergütung über eine Buchung als Auslage auf das Hotelzimmer des Auftraggebers. Die Vergütung umfasste den Preis der Eintrittskarten und eine ausgehandelte variable Gebühr für den Aufwand der GbR.
In dem Fall, dass der Kunde die besorgten Eintrittskarten nicht mehr benötigte, bestand kein Recht auf Rückvergütung. Im seltenen Fall der Stornierung des Besorgungsauftrages nach Ankauf von Eintrittskarten blieb der Kunde mit den Kosten für die Eintrittskarten belastet.
In ihren Umsatzsteuerjahreserklärungen 2011 und 2012 jeweils v. 25.10.2012 behandelte die GbR die mit der Besorgung von Eintrittskarten zusammenhängenden Umsätze in Höhe von 425.965 Euro bzw. 180.207 Euro als steuerfrei. Demgegenüber kam eine am 12.2.2013 begonnene Umsatzsteuersonderprüfung für das Jahr 2011 zu dem Ergebnis, dass insoweit steuerpflichtige Umsätze zum Steuersatz von 7 % vorlägen. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die GbR beim Kauf der Eintrittskarten auf eigene Rechnung gehandelt habe. Denn sie habe das volle Unternehmerrisiko getragen, da sie die Eintrittskarten bei Nichtabnahme durch den Kunden nicht an den Veranstalter zurückgeben konnte (S. 3 des Prüfungsberichtes v. ...