Leitsatz

Freiwillige Sonderzahlungen an Arbeitnehmer eines konzernverbundenen Unternehmens sind keine steuerfreien Trinkgelder i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 51 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2002 als Arbeitnehmer der X-GmbH (GmbH) Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Y Holding AG (AG) hielt 90,01 % der Anteile der GmbH. Diese Anteile veräußerte die AG im Jahr 2002. Die GmbH informierte im März 2002 ihre Arbeitnehmer über den bevorstehenden Anteilsverkauf und teilte ihnen mit, die AG werde als Dank und Anerkennung jedem Mitarbeiter, der u.a. am Tag des Anteilsverkaufs in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur GmbH stehe, zwei zusätzliche Monatsgehälter zahlen.

Die Sonderzahlung sollte nach Vertragsvollzug mit dem nächsten Monatsgehalt nach Steuerabzug ausgezahlt werden. Im Mai 2002 unterrichtete die GmbH ihre Mitarbeiter darüber, dass der Anteilsverkauf vollzogen worden sei und die Anerkennungsprämie der AG mit der Gehaltsabrechnung des Monats Juni 2002 gezahlt werde.

Der Kläger erhielt eine Anerkennungsprämie i.H.v. 9.322 € brutto. Die GmbH behielt LSt ein. Im streitigen ESt-Bescheid für 2002 behandelte das FA die Sonderzahlung als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Die Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Der BFH vertrat die Auffassung, die Sonderzahlung sei zu Recht als Arbeitslohn anzusehen. Ein Trinkgeld i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG liege nicht vor.

 

Hinweis

1. Ab dem VZ 2002 sind steuerfrei "Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist". In mehreren Revisionsverfahren, u.a. mit dieser Besprechungsentscheidung hat der BFH seine Rechtsprechungsgrundsätze zur Abgrenzung zwischen steuerpflichtigem Arbeitsentgelt und steuerfreiem Trinkgeld fortgeschrieben. Er hat hier entschieden, dass eine Sonderzahlung i.H.v. zwei Monatsgehältern, die eine Konzernmutter nach der Veräußerung der Tochtergesellschaft an die Arbeitnehmer der Konzerntochter geleistet hat, kein steuerfreies Trinkgeld nach § 3 Nr. 51 EStG ist.

2. Der BFH qualifiziert Trinkgeld – dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend – als eine dem dienstleistenden Arbeitnehmer vom Kunden oder Gast gewährte zusätzliche Vergütung, die als freiwillige und typischerweise persönliche Zuwendung eine Art honorierende Anerkennung darstellt. Der Trinkgeldempfänger steht in einer doppelten Leistungsbeziehung und erhält korrespondierend dazu auch ein doppeltes Entgelt, nämlich das Arbeitsentgelt für die dem Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung und das Trinkgeld (in der Form eines kleineren Geldgeschenks) als persönliche Anerkennung für eine anlässlich dieser Arbeit zusätzlich erbrachte und vom Kunden honorierte Mühewaltung.

3. Es versteht sich eigentlich von selbst, dass ein zweifaches Monatsgehalt keine Zuwendung darstellt, die (noch) unter den Begriff des Trinkgelds subsumiert werden könnte. Auch wenn die Vorschrift des § 3 Nr. 51 EStG keine betragsmäßige Beschränkung enthält, liegt der Vorschrift dennoch die Vorstellung zugrunde, dass Trinkgelder typischerweise aus einer Vielzahl kleinerer Beträge bestehen. So gesehen sprengen gezahlte Monatsgehälter bereits die Vorstellung dessen, was landläufig unter "Trinkgelder" (in der Form kleinerer Geldgeschenke) verstanden wird bzw. werden kann.

4. Von Interesse für den Leser bleiben die Unterschiede in den Begründungen zwischen der vorliegenden Revisionssache und dem in dieser Sache ergangenen PKH-Beschluss vom 28.12.2006, VI S 15/05 (PKH) (BFH/NV 2007, 702). Dort wurde in Bezug auf den Begriff des "Dritten" i.S.d. § 3 Nr. 51 EStG noch ausgeführt, die Zahlungen eines herrschenden Unternehmens stammten aus der Sphäre des Arbeitgebers. Im Hinblick auf die bisherige anderslautende Rechtsprechung zu § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG a.F. und ohne einer Auslegung des § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG n.F. vorzugreifen, führte der BFH nun an, es könne offen bleiben, ob bei konzernrechtlichen Strukturen das Tatbestandsmerkmal "Dritter" erfüllt sei.

5. Offen ließ der BFH – wohl mit Blick auf die sog. Tronc-Fälle – u.a. auch, ob aus dem allgemeinen Sprachgebrauch für die Steuerfreiheit von Trinkgeldern weitere, insbesondere betragsmäßige relative und absolute Grenzen folgen, mit deren Überschreiten Zuwendungen nicht mehr die Bezeichnung Trinkgeld im Sinn eines "kleinen" Geldgeschenks rechtfertigen. Der BFH ließ auch dahinstehen, ob Art. 3 Abs. 1 GG und das daraus folgende Gebot der steuerlichen Lastengleichheit der Steuerbefreiung von Trinkgeldern Grenzen setzen (vgl. Urteil vom 19.2.1999, VI R 43/95, BStBl II 1999, 361; Beschluss des BVerfG vom 11.11.1998, 2 BvL 10/95, BStBl II 1999, 502).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 3.5.2007, VI R 37/05

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