Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das Hessische FG befasste sich mit Urteil v. 17.10.2012 mit einem komplexen Anlagemodell zum Erwerb von Schuldverschreibungen ("Asset Linked Note") und kam zu dem Ergebnis, dass eine modellhafte Gestaltung mit vorgefertigtem Konzept i. S. d. § 15b EStG vorliegt. Die entstandenen Verluste waren daher nur beschränkt verrechenbar.
Sachverhalt
Eine Kommanditistin beauftragte einen Rechtsanwalt und Steuerberater, ein Modell zu entwickeln, um Schuldverschreibungen über eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft zu erwerben (sog. "Asset Linked Note"). Das komplexe Anlagemodell sah den Erwerb einer zu 100 % fremdfinanzierten Inhaberschuldverschreibung mit einer Bonusabrede vor (bei Kopplung des variablen Bonuszinses an die Entwicklung eines Indexwertes). Bei Darlehensauszahlung fiel ein hohes Disagio an, das einen hohen Anfangsverlust generierte. Dieser Verlust erhöhte sich noch dadurch, dass die Darlehenszinsen vorschüssig zu zahlen waren, die Guthabenzinsen aus der Anleihe jedoch erst nachschüssig.
Das Finanzamt ging davon aus, dass die vorgenannte Gestaltung ein Steuerstundungsmodell i. S. d. § 15b EStG ist und die Verluste daher nur beschränkt verrechnet werden konnten. Die klagende Gesellschaft vertrat hingegen den Standpunkt, dass das Anlagemodell keine modellhafte Gestaltung aufgrund eines vorgefertigten Konzepts sei, wie es § 15b Abs. 2 Sätze 1, 2 EStG fordert, sondern als individuell entwickeltes Anlagemodell zu einer regulären Verlustverrechnung führe.
Entscheidung
Das FG urteilte, dass die Anlagestruktur ein Steuerstundungsmodell i. S. d. § 15b Abs. 1 EStG war und die Verluste daher nur beschränkt verrechnet werden konnten. Dem Erwerb der Schuldverschreibungen lag ein vorgefertigtes Konzept zugrunde, worunter ein beliebig übertragbarer Gesamtplan eines Dritten zu verstehen ist, durch bestimmte Leistungen und Maßnahmen ein angestrebtes Ziel zu erreichen (hier: Generieren hoher verrechenbarer Verluste in der Anfangsphase). Das gewählte Modell diente ausschließlich der steueroptimierenden Kapitalanlage, denn ein steuerlicher Verlust wurde i. H. d. kompletten Anlagebetrags "erzeugt" und durch ein hohes Disagio noch weiter erhöht. Der Saldo von Guthaben- und Darlehenszins betrug vom zweiten bis zum vorletzten Jahr der Laufzeit stets 0 EUR. Der im Modell vorgesehene (indexgekoppelte) Bonus diente lediglich dazu, die Gewinnerzielungsabsicht vor dem Finanzamt darzustellen, um die steuerliche Anerkennung des Modells zu gewährleisten. Für ein vorgefertigtes Konzept, das lediglich an den Einzelfall angepasst werden musste, sprach auch der kurze Zeitraum von nur 1 Monat, in dem das Anlagemodell verwirklicht worden war. Unmöglich schien dem FG, dass die Kommanditistin das Modell zusammen mit ihren Beratern innerhalb dieser kurzen Zeitspanne erstmals entwickelt und sodann umgesetzt hatte.
Hinweis
Die Annahme eines vorgefertigten Konzepts setzt nach Ansicht des FG nicht unbedingt voraus, dass das Anlagemodell durch Anlegerprospekte oder andere Medien beworben wurde. Es genügt vielmehr, wenn das Konzept den potentiellen Kunden - wie im Urteilsfall - über Kapitalanlageberater vermittelt wird.
Die Revision ist beim BFH unter dem Az. VIII R 7/13 anhängig.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 17.10.2012, 1 K 2343/08