Disagio-Anlagen in Form von Private Placements

Die OFD Frankfurt am Main hat auf die Anwendung einer BFH-Entscheidung zur Einordnung einer Disagio-Anlage in Form eines sog. Private Placement hingewiesen.

Mit Urteil v. 16.3.2023, VIII R 10/19, hat der BFH zu der Frage Stellung genommen, ob die Beteiligung an einer Gesellschaft, deren Ziel es war, in einem Jahr Verluste insbesondere durch Zahlung eines Disagios  zu erwirtschaften, als Steuerstundungsmodell i. S. des § 15b EStG anzusehen war. Der BFH hat die Anwendbarkeit des § 15b EStG verneint und die Verlustverrechnung zugelassen. Um diese Fragen und das Ergebnis zu verstehen, muss der Sachverhalt der Entscheidung skizziert werden.

Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft

Der Steuerpflichtige hatte im Streitjahr hohe Einkünfte aus Immobilienveräußerungen und suchte nach einer Möglichkeit, die Einkünfte mit Verlusten im Streitjahr zu verrechnen. Auf Anraten seines Beraters beteiligte er sich an einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft (KG). Diese Gesellschaft erwarb Schuldverschreibungen in Luxemburg, die mit 4 % fest verzinst wurden. Zinszahlungen erfolgten im Streitjahr noch nicht, da die Zinsen nachschüssig gezahlt wurden.

Zur Finanzierung nahm die KG im Inland ein Darlehen auf, die Zinsen wurden im Streitjahr vorschüssig gezahlt. Zudem zahlte die Gesellschaft im Streitjahr ein Disagio. Im Streitjahr hatte die Gesellschaft damit Zinsaufwand, aber keine Zinseinnahmen. Über die Gesamtperiode ergab sich allerdings ein positives Ergebnis. Im Streitjahr hatte der Steuerpflichtige damit Verluste, die er mit Gewinnen aus Immobilienveräußerungen verrechnete.

Steuerstundungsmodell nach § 15b EStG?

Das Finanzamt nahm in der Gestaltung ein Steuerstundungsmodell an und ließ die Verrechnung nicht zu. Erst der BFH kam zu der Erkenntnis, dass kein Steuerstundungsmodell gegeben sei. Die Entscheidung zeigt die Tücken in der Rechtsanwendung des § 15b EStG durch die Finanzverwaltung. Dabei ist hier zu beachten, dass es sich zwar um ein Modell gehandelt hat, dass ein steuerlicher Berater entwickelt und offenbar mehreren Steuerpflichtigen angeboten hat, der Steuerpflichtige aber eine Einzelinvestition getätigt hat. Insbesondere hat sich der Anleger nicht wie ein passiver Kapitalanleger verhalten, sondern durchaus Einfluss auf die Gestaltung und war auch in die Verhandlungen mit den Banken eingebunden.

Regelung nach § 15b EStG

§ 15b EStG regelt eine Einschränkung der Verlustverrechnung bei Vorliegen eines sog. Steuerstundungsmodells.  Ein solches liegt vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Verluste erzielt werden sollen, die dann mit anderen, positiven Einkünften verrechnet werden sollen. § 15b Abs. 1 EStG bestimmt hierbei, dass bei Vorliegen eines Steuerstundungsmodells eine Verrechnung ausscheidet. Es liegt auf der Hand, dass damit oftmals strittig ist, was als Steuerstundungsmodell anzusehen ist und was nicht.

OFD Frankfurt bezieht Stellung

Der wesentliche Inhalt der OFD-Verfügung wie folgt zusammenfassen:

  • Die OFD stellt zunächst das Disagio-Konzept dar. Es wird eine vermögensverwaltende KG gegründet, die auch nicht gewerblich geprägt ist, da neben der GmbH auch mindestens ein Kommanditist alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist. Die KG investiert in Schuldverschreibungen, diese werden fremdfinanziert. Aufgrund eines Disagios von 5 % wird im Erstjahr ein steuerlicher Verlust generiert. Über die Gesamtperiode ergibt sich indes ein Totalüberschuss.
  • Die Vertreter der Finanzverwaltung haben in einem solchen Fall bislang die Auffassung vertreten, dass ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG vorliegt, da der tatsächliche Einfluss des Steuerpflichtigen an der Ausgestaltung und Umsetzung des Konzepts nur unwesentlich sei.
  • Der BFH teilt diese Ansicht nicht und führt als eigene Aktivitäten des Steuerpflichtigen aus, dass dieser die KG, die die Investitionen getätigt hat, selbst gegründet hat und dass der den Gesellschaftsvertrag der KG selbst verfasst hat. Zudem war er der geschäftsführende Kommanditist und hat vorab mit den Banken über die Anleihe und Kreditbedungen verhandelt.
  • Damit liegt bei einem solchen Disagio-Modell eine Einzelinvestition vor, welches sich nicht unter § 15b EStG als Steuerstundungsmodell subsumieren lässt.
  • Da das Urteil des BFH im BStBl 2023 II S. 817, veröffentlicht wurde, ist es nicht nur im Einzelfall anzuwenden.

OFD Frankfurt/M, Verfügung v. 4.7.2024, S 2241b A-00003-0357-St 517


Schlagworte zum Thema:  Beteiligung, Verlustverrechnung