Lena Pflock, Andreas Wiener
Definition Storytelling
Storytelling ist ein Begriff, der immer häufiger im Bereich von Business Intelligence fällt. Hinter diesem Begriff verbergen sich verschiedene Bedeutungen, die es zu differenzieren gilt. So wird Storytelling als Synonym für das Erzählen, als die Beschreibung einer Methodik, einer Analysetechnik sowie auch als Gliederungsansatz verwendet. Das Storytelling im Reporting umfasst ein Konzept, nach dem es den Erstellern möglich ist, einen Bericht so gut zu strukturieren, dass es beim Entscheider zu keinerlei Nachfragen kommt.
Unterschied Texte Schule & Business
Die größte Schwierigkeit hierbei ist, dass wir mit dem Begriff "Erzählen" Texte aus der Schulzeit verbinden. Diese sogenannten erzählenden Texte, seien es Romane oder Kurzgeschichten, wurden geschaffen, um den Leser zu unterhalten. Berichte, Präsentationen und Dashboards hingegen werden angefertigt, um zu informieren. Folglich kann bei beiden Textsorten keinesfalls die gleiche Methode verwendet werden. In der Schule gehört zu einem gut geschriebenen, spannenden Text der Spannungsbogen. Im Reporting ist dieser innerhalb von Berichten völlig fehl am Platz. Wenn mit einem Text Spannung erzeugt wird, bedeutet das, dass die wichtigste Information oder das interessanteste Ereignis – auf jeden Fall eine Schlüsselinformation – nach hinten gestellt werden. Bis hin zu dieser Information wird der Spannungsbogen aufgebaut und zieht sich bis weit über die Hälfte des Textes. Auf einen Bericht umgemünzt bedeutet das, dass der Entscheider die wichtigste Information erst geliefert bekommt, nachdem er sich seitenweise durch Nebensächlichkeiten gelesen hat. Das würde Unmengen an Zeit und Nerven kosten.
Abb. 10: Aufbau eines Dramas
Unterschied zwischen Erzählung und Bericht am Beispiel Romeo und Julia
Der Unterschied dieser beider Erzählstrategien soll anhand von Romeo und Julia von Willam Shakespeare verdeutlicht werden:
Zu Beginn des Dramas gibt es einen Prolog. In diesem Prolog werden die Eckdaten der Geschichte in der Form eines Sonetts, also eines kurzen Gedichts mit nur vier Strophen, wiedergegeben. Innerhalb dieser Zusammenfassung werden die folgenden W-Fragen beantwortet: Wer? Was? Wo? Wieso? Eine wichtige W-Frage, nämlich das Wie? wird nach hinten gestellt. Somit hat Shakespeare die grobe Handlung schon einmal erzählt, nämlich, dass es um zwei schon aus Tradition verfeindete Familien in Verona geht, deren Kinder sich unglücklich verliebten und die Erlösung im Selbstmord suchten, der wiederum die Versöhnung der Familie zur Folge hat. Wie es dazu kommt, welche Charaktere eine wichtige Rolle spielen und vor allem, wie sich Romeo und Julia das Leben nehmen, das wird nicht erzählt. Das erfährt der Zuschauer erst während der nächsten zwei Stunden, die er im Theater verbringt.
Innerhalb dieser zwei Stunden wird die Geschichte sehr detailreich in chronologischer Abfolge erzählt. Hier wird der Spannungsbogen sehr genau eingehalten, der Höhepunkt der Geschichte, der Selbstmord der beiden, wird erst im hinteren Drittel begonnen.
Dieser Prolog in Shakespeares Drama ist vergleichbar mit den Kinotrailern oder den Vorschauen im Fernsehen. Hier wird die Handlung kurz angerissen, jedoch wird nur so viel gezeigt, dass der Zuschauer unbedingt den ganzen Film sehen möchte.
Das Erzählen liegt in der Natur des Menschen. Historisch betrachtet war das Erzählen die einzige Möglichkeit der Wissensweitergabe. Bei den indianischen Inlandsbewohnern von Alaska spielt das Erzählen immer noch eine wichtige Rolle. In ihren Geschichten überliefern sie bis heute ihre Geschichte und ihre Religion. Werte und Normen einer Gesellschaft wurden von Erzählungen geprägt. Außerdem war es überlebenswichtig zu erzählen, nicht nur, um die besten Techniken zur Lebenserhaltung weiterzugeben, sondern auch um das soziale Gefüge einer Gruppe zu stärken. Das Erzählen einer Geschichte vereinfacht es den Zuhörern sich an Gehörtes zu erinnern und die Informationen weiterzugeben. Das funktioniert vor allem dadurch, dass der Hörer emotional angesprochen wird. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass wir Situationen, in die wir Gefühle investiert haben, länger im Gedächtnis behalten.
Besonderheiten im Reporting
Auf das Reporting gemünzt, klingt das zunächst einmal sehr einfach. Dennoch bedeutet es, dass wir in Berichten, Präsentationen oder Dashboards keineswegs das klassische Storytelling verwenden können. Der Berichtsempfänger muss aufgrund der gelieferten Informationen eine Entscheidung treffen. Daher ist es wichtig, dass ihm die Daten genau darauf zugeschnitten präsentiert werden und zwar am besten so neutral, dass keinerlei Emotionen geweckt werden. Bei einer Entscheidung in einem Unternehmen sollte es sich um einen rationalen Prozess handeln.
Um im Reporting klar zu berichten, empfiehlt sich das Einhalten einer Struktur. Einer der wichtigsten Punkte dabei ist es, dem Empfänger einen schnellen Überblick zu geben. Das wird erreicht, indem nicht nur die bereits genannten W-Fragen beantwortet werd...