Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Mindestanforderungen an die berufliche Tätigkeit i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b EStG
Leitsatz (redaktionell)
Eine bei der Beteiligung von mindestens 1 % an einer GmbH für die Anwendung des persönlichen Steuersatzes auf die Dividendeneinkünfte gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b EStG zudem zu fordernde berufliche Tätigkeit ist bei einer langjährigen Vollzeittätigkeit als Sachbearbeiterin für die GmbH anzunehmen. Eines maßgeblichen Einflusses auf unternehmerische Entscheidungen bedarf es nicht.
Normenkette
EStG 2009 § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b, § 20 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 2011 vom 11.02.2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.05.2013 wird dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer unter Anwendung des tariflichen Einkommensteuersatzes auf die Gewinnausschüttung der EBA-GmbH festgesetzt wird. Die Berechnung der Einkommensteuer wird auf den Beklagten übertragen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist verheiratet und wurde für das Kalenderjahr 2011 zusammen mit ihrem Ehegatten zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr erzielten beide Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Ferner ist die Klägerin zu 5% an der E. GmbH beteiligt, deren Stammkapital 51.136,00 EUR beträgt. Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten notariellen Vertrages vom 16.08.2011 hatte sie drei Geschäftsanteile im Nennwert von insgesamt 2.558,00 EUR zu einem Gesamtkaufpreis von 31.397,28 EUR erworben. Der Kaufpreis sollte in drei bzw. fünf Raten gezahlt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag verwiesen (Bl. 47ff. d. A.).
Bei der E. GmbH ist die Klägerin als Sachbearbeiterin im kaufmännischen Bereich tätig. Ihr Bruttogehalt betrug im Streitjahr ausweislich der Einkommensteuererklärung 28.950,00 EUR. Aus der Beteiligung erzielte die Klägerin im Streitjahr Iaut vorliegenden Steuerbescheinigungen (Bl. 16f. Einkommensteuerakte) Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 18.979,00 EUR, von denen 25 % Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag einbehalten wurden. In der Einkommensteuererklärung beantragte die Klägerin hiervon abweichend die Besteuerung dieser Kapitalerträge gemäß § 32 d Abs. 2 Nr. 3b Einkommensteuergesetzes (EStG) unter Anwendung ihres persönlichen tariflichen Einkommensteuersatzes. Mit Schreiben vom 24.10.2012 legte der Beklagte die Sach- und Rechtslage dar und forderte die Klägerin auf, durch Vorlage geeigneter Unterlagen, ihre Aufgaben im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses bei der E. GmbH darzulegen. Hierauf erhob die Klägerin Dienstaufsichtsbeschwerde (Bl. 28 Einkommensteuerakte). Sie teilte lediglich mit, dass sie im kaufmännischen Bereich tätig sei und überreichte eine Kopie des Arbeitsvertrages (Bl. 31f. Einkommensteuerakte). Sie verwies darauf, dass in der Bundestagsdrucksache zum maßgeblichen Gesetzentwurf in keiner Weise auf einen maßgeblichen Einfluss abgestellt werde.
Der Beklagte erließ am 11.02.2013 den Einkommensteuerbescheid 2011 und lehnte die beantragte Besteuerung dieser Kapitalerträge nach § 32 d Abs. 2 Nr. 3b EStG unter Anwendung des tariflichen Einkommensteuersatzes der Klägerin ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 13.02.2013 Einspruch ein (Bl. 60ff. Einkommensteuerakte). Das Wahlrecht zum Ansatz der Kapitaleinkünfte aus der Beteiligung sei nicht anerkannt worden. Die Klägerin verwies auf das BMF-Schreiben vom 22.12.2009 sowie auf einschlägige Literaturstellen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 06.05.2013 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück (Bl. 8ff. d. A.). Inwieweit die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit als Sachbearbeiterin im kaufmännischen Bereich maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft nehmen kann, sei bislang weder vorgetragen noch aus der Aktenlage ersichtlich. Allein aus der Berufsbezeichnung „Sachbearbeiterin” könne jedenfalls keine ausreichende Einflussnahme auf die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft abgeleitet werden. Für die Anwendung des § 32 d Abs. 2 Nr. 3b EStG sei jedoch tatbestandliche Voraussetzung, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft nehmen kann. Diese Voraussetzung sei im Streitfall nicht erfüllt.
Hiergegen richtet sich die Klage. Nach Ansicht der Klägerin müsse der Beteiligte nach § 32 d Abs. 2 Nr. 3 b EStG lediglich beruflich für die GmbH tätig sein, ein Einfluss auf die Geschäftsführung werde aber nicht gefordert. Der ...