Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Überblick
Zum 1.10.2014 war die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens um die Lieferung edler und unedler Metalle erweitert worden. Da es in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Regelung gibt und die Vorschrift durch das Zollkodex-Anpassungsgesetz noch verändert wird, hat die Finanzverwaltung die Übergangsregelung für alle Lieferungen bis zum 30.6.2015 verlängert.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Zum 1.10.2014 waren durch das sog. "Kroatiengesetz" die Vorschriften zur Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger ("Reverse-Charge-Verfahren") u. a. auch auf die Lieferung edler und unedler Metalle nach einer neuen Anlage 4 zum UStG erweitert worden. Die Finanzverwaltung hatte zu dieser Neuregelung im September 2014 ausführlich Stellung genommen und eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2014 aufgenommen, nach der es nicht beanstandet wurde, wenn Lieferer und Erwerber einvernehmlich noch von der Steuerschuld des leistenden Unternehmers ausgingen, wenn der Lieferer den Umsatz dann auch in zutreffender Höhe versteuerte.
Die Übertragung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger war ursprünglich im "Kroatiengesetz" ohne eine Summenbegrenzung aufgenommen worden, sodass auch Kleinlieferungen zur Steuerschuld des Leistungsempfängers geführt hätten. Da z. B. auch die Lieferung von Alufolie unter § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG i. V. m. Anlage 4 zum UStG zur Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens geführt hätte, ergaben sich kaum lösbare Probleme für den Einzelhandel.
Der Leistungsempfänger wird auch dann zum Steuerschuldner, wenn er Unternehmereigenschaft hat, die Leistung aber für nichtunternehmerische Zwecke bezieht.
Der Gesetzgeber hat aufgrund dieser Probleme die Forderungen der Praxis aufgenommen und die Vorschrift des § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG dahingehend geändert, dass der Leistungsempfänger nur dann zum Steuerschuldner wird, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5.000 EUR beträgt. Dabei bleiben nachträgliche Minderungen des Entgelts unberücksichtigt.
Die Regelung mit dem Mindestentgelt entspricht damit inhaltlich der schon für die Lieferung von Mobilfunkgeräten, integrierten Schaltkreisen, Tablet-Computern und Spielekonsolen geltenden Vorschrift.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Die bisher für die Lieferung der edlen und unedlen Metalle geltende Übergangsregelung wird bis zum 30.6.2015 verlängert. Bis dahin wird nicht beanstandet, dass beide Vertragspartner einvernehmlich davon ausgehen, dass der liefernde Unternehmer der Schuldner der Umsatzsteuer bleibt. Voraussetzung dafür ist aber, dass der leistende Unternehmer den Umsatz in zutreffender Höhe versteuert.
Die Regelung gilt entsprechend, wenn das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem 30.9.2014 und vor dem 1.7.2015 vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils davon ausgeführt wird.
Die Vertragsparteien können aber jederzeit bei der Lieferung der in der Anlage 4 zum UStG aufgeführten edlen und unedlen Metalle von der Übertragung der Steuerschuldnerschaft ausgehen, wenn der Leistungsempfänger Unternehmereigenschaft hat. Ab dem 1.1.2015 gilt dies aber nur noch, wenn das Gesamtentgelt mindestens 5.000 EUR beträgt.
Konsequenzen für die Praxis
Mit der Verlängerung der Übergangsregelung reagiert die Finanzverwaltung auf die Probleme der Praxis mit der durch das "Kroatiengesetz" geschaffenen Regelung. Eine rechtssichere Anwendung dieser Vorschrift wäre in der Praxis nicht möglich gewesen, da es sich um Wirtschaftsgüter handelt, die häufig auch für private Zwecke erworben werden. Da der Gesetzgeber durch das "Zollkodex-Anpassungsgesetz" einerseits eine Mindestumsatzgrenze zur Anwendung der Übertragung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger in diesen Fällen einführen und außerdem die Anlage 4 zum UStG erheblich verändern (verschlanken) wollte (und dies auch getan hat), war es notwendig, für die Umsetzung in der Praxis eine Verlängerung der Übergangsregelung zu schaffen.
Der Gesetzgeber hat auch die Anlage 4 zum UStG zum 1.1.2015 überarbeitet. Selen, Draht, Bänder, Folien, Bleche und andere flachgewalzte Erzeugnisse, Profile sowie Stangen (Stäbe) sind nicht mehr enthalten. Selen ist gestrichen worden, da es lediglich ein Halbmetall ist. Bei Draht, Bändern, Folien, Blechen und anderen flachgewalzten Erzeugnissen, Profilen sowie Stangen (Stäbe) ergaben sich zum einen Abgrenzungsschwierigkeiten in der Praxis, zum anderen sind sie neben dem gewerblichen Einsatz auch oftmals für den Endverbrauch geeignet. Nach dem Zolltarif ergibt sich hier aber keine Unterscheidung. Gold ist ebenfalls aus der Anlage 4 zum UStG gestrichen worden, da ein Konkurrenzverhältnis zu dem bereits unter das Reverse-Charge-Verfahren fallenden Gold mit einem Feingehalt von mindestens 325/1.000 nach § 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG besteht.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 5.12.2...